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Der schwere Lauf des Kenenisa Bekele - seine Welt veränderte sich

Vor einem Jahr brach Kenenisa Bekele in Birmingham den 5.000-m-Hallen-Weltrekord seines prominenten Landsmannes Haile Gebrselassie. Danach gewann er zweimal Gold bei den Cross-Weltmeisterschaften, stellte Weltrekorde auf über 5.000 sowie 10.000 m und wurde Olympiasieger. Jetzt kam Kenenisa Bekele wieder nach Birmingham. Doch der junge Äthiopier ist nur noch ein Schatten seiner selbst.

Noch vor 2 Monaten war alles ganz anders

Fast schwerfällig wirkt der 22-Jährige im Gegensatz zu früher, vom explosiven Antritt im Endspurt ist nicht mehr viel übrig geblieben. Über die Zwei-Meilen-Distanz läuft ihm sein Landsmann Markos Geneti am Ende weg und gewinnt mit 8:14,28 Minuten klar vor Bekele. Noch vor zwei Monaten war alles ganz anders. Da gewann Kenenisa Bekele in Spanien einen Crosslauf souverän. Es war das erste Rennen nach seinem olympischen 10.000-m-Triumph. Und er schien auf dem Weg zu sein zu einem neuen Weltrekordlauf in Birmingham sowie zur Titelverteidigung bei den Cross-Weltmeisterschaften.

Bekeles Welt veränderte sich

Doch am 4. Januar veränderte sich Kenenisa Bekeles Welt. An jenem Tag starb seine Verlobte Alem Techale. Im Mai wollten die beiden heiraten. Die 17-Jährige war eines der größten äthiopischen Leichtathletik-Talente. Bereits mit 15 Jahren wurde sie Jugend-Weltmeisterin über 1.500 m und hatte damals eine Bestzeit von 4:14,69 Minuten.

Ihr Tod hätte tragischer kaum sein können. Bei einem gemeinsamen Waldlauf in der Nähe von Addis Abeba brach die junge Läuferin zusammen. Kenenisa Bekele trug sie zum Auto, doch auf dem Weg ins Krankenhaus erlag sie wahrscheinlich einem Herzinfarkt. Eine Autopsie fand nicht statt, die Beerdigung war aus religiösen Gründen schon am Tag darauf.

Kenenisa Bekele brach in Tränen aus

Den geplanten Start bei einem Crossrennen in Edinburgh sagte Bekele ab, doch 25 Tage nach dem Tod seiner Verlobten lief er in Boston ein 3.000-m-Rennen. Dabei verzählte er sich auf der 200-m-Rundbahn und setzte den Endspurt eine Runde zu früh an. Als er dachte, das Rennen sei beendet, überholte ihn der Ire Alistair Cragg und gewann vor dem dann wieder loslaufenden Äthiopier. Während eines Interviews mit britischen Journalisten brach Kenenisa Bekele in Tränen aus.

Ist gezeichnet von der persönlichen Tragödie

In Birmingham war er nun wieder Zweiter, doch seine Gedanken sind sowieso woanders. „Während des Laufens denke ich immer an Alem“, sagt Kenenisa Bekele. „Im Vergleich zu Boston geht es ihm jetzt schon besser“, erklärt sein holländischer Manager Jos Hermens. Weinen braucht Bekele nicht, als er sich den Journalisten für ein sehr kurzes Interview zur Verfügung stellt.

Einmal, als ihn Jos Hermens anspricht, huscht sogar ein Lächeln über sein Gesicht. Doch Bekele ist gezeichnet von der persönlichen Tragödie. „Sein orthodoxer Glaube schreibt ihm eine 40-tägige Trauerzeit vor. Es ist schwierig für ihn, denn eigentlich dürfte er auch nicht laufen. Aber Bekele trauert während des Laufens“, erklärt Jos Hermens. Als Zeichen der Trauer hat er sich seit dem Todesfall nicht mehr rasiert.

Training für die Cross-WM, die in einem Monat stattfindet

„Nach allem was passiert ist, ist es gut für mich, wieder an den Start gegangen zu sein“, sagt Kenenisa Bekele. „Er wollte selber zu den beiden Meetings nach Boston und Birmingham kommen, ich habe ihn nicht dazu überredet“, fügt Jos Hermens hinzu. Die Hallensaison ist für Kenenisa Bekele nun beendet. In Äthiopien wird er das Training für die Cross-WM, die in einem Monat stattfindet, aufnehmen. „Wenn er seinen Titel bei der Cross-WM nicht verteidigen kann, wäre das keine Überraschung unter diesen Umständen.

Aber er hat großes Potenzial, deswegen ist es nicht unmöglich“, sagt Jos Hermens und kündigt optimistisch an: „Im Sommer wird er wieder der alte Kenenisa Bekele sein.“

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