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Die Frauen holen auf

Der Laufsport boomt in Deutschland, doch eine Sparte dieser

Massenveranstaltungen hat noch Nachholbedarf: Frauen sind bei den großen

Läufen in einer deutlichen Minderheit. Während es in den USA

inzwischen einen Marathon gegeben haben soll, bei dem mehr Frauen als

Männer am Start standen, betrog die Frauenquote im Feld des real,-

BERLIN-MARATHON im vergangenen Jahr rund 18 Prozent – und das ist

für deutsche Verhältnisse schon viel. Reine Frauenläufe gibt es

nur wenige in Deutschland, und nur einer ist wirklich groß: Am Sonnabend

wird der AVON RUNNING Berliner Frauenlauf zum 20. Mal gestartet und zum ersten

Mal werden über 10.000 Frauen und Mädchen erwartet.

Es hat allerdings lange gedauert, bis es so weit kam – die Entwicklung

war eine mühsame. Mit 645 Läuferinnen wurde 1984 der erste Berliner

Frauenlauf gestartet. Doch viele Jahre stagnierte das Rennen mit

Teilnehmerzahlen von unter 1500. 1995 versuchte man in Berlin etwas Neues,

strich das sportliche Rennen über 10 km und setzte ausschließlich

auf einen 5-km-Lauf ohne Wettkampfcharakter. Das Experiment, kopiert vom

größten Frauenlauf der Welt in Oslo, wo jährlich über

40.000 Läuferinnen am Start sind, scheiterte. Schon ein Jahr später

war der 10-km-Lauf in Berlin wieder im Programm, die Läuferinnen kamen

zurück. Doch erst bei der 14. Auflage 1997 wurde erstmals die Zahl von

2000 Frauen und Mädchen erreicht. Weitere zwei Jahre später gab es

einen echten Aufwärtstrend, als sich die Teilnehmerzahl mit 4362 fast

verdoppelt hatte. Seitdem läuft es, und im vergangenen Jahr rannten 9426

Läuferinnen durch den Berliner Tiergarten. Inzwischen wurden die Parkwege

zu eng, so dass die Strecke verändert werden musste.

“Als wir 1984 den Frauenlauf initiierten, bekamen wir böse Briefe

von Männern, die uns fragten, wie wir dazu kämen, einen Lauf nur

für Frauen zu veranstalten“, erzählt Organisationschef Horst

Milde vom SCC und erklärt: “Aber die Entwicklung zeigt, dass sich

unser Engagement gelohnt hat. Immer mehr Frauen erkennen, dass man durch das

Laufen ein anderes, besseres Lebensgefühl bekommt.“ In

Zusammenarbeit mit Sponsoren haben die Berliner Veranstalter jahrelang viel

Werbung für den Frauenlauf betrieben. “Dieser Lauf hat eine

phänomenale Entwicklung gemacht und ist zugleich eine Motivation. Ich

kenne Frauen, die eigentlich nie bei einem Wettkampf starten – aber beim

Frauenlauf in Berlin sind sie dabei“, erzählt die Deutsche

Marathon-Meisterin Kathrin Weßel. Die Berlinerin, die am Sonnabend zu den

Favoritinnen über 10 km gehört, ist nicht die einzige

Spitzenläuferin, die die Veranstaltung unterstützt.

Die frühere Siegerin des New-York-Marathons, Kathrine Switzer, reiste

in den vergangenen Jahren mehrmals nach Berlin, um beim Frauenlauf zu starten.

Es ist 26 Jahre her, als Kathrine Switzer ein Stück

Leichtathletik-Geschichte schrieb. Sie startete damals beim Boston-Marathon,

obwohl die Teilnahme für Frauen strikt verboten war. Die Amerikanerin

hatte auf ihrem Meldezettel einfach statt des Vornamens nur ihr Initial

eingetragen und auf diese Weise eine Startnummer erhalten. Als sie einer der

Organisatoren mitten im Rennen entdeckte, stürmte er auf sie los, um sie

am Laufen zu hindern. Doch Jock Semple hatte nicht mit dem kräftigen

Begleiter der K. Switzer gerechnet, der ihn prompt in den Straßengraben

beförderte. Fotos dieser Szene gingen nicht nur in die Geschichte des

Boston-Marathons ein. Kathrine Switzer lief bis ins Ziel und wurde damit

berühmt. "Ich denke heute noch oft an diese Szene zurück, denn

sie hat mein Leben verändert." Kathrine Switzer wurde zu einer

Symbolfigur des Laufsports. Ihr Start in Boston war einer der entscheidenden

Schritte in der Entwicklung des Frauen-Langstreckenlaufes. Sie selbst

organisierte später Frauenrennen und machte sich auch dafür stark,

dass der Frauen-Marathon 1984 erstmals zur olympischen Disziplin wurden.

Kathrine Switzer war auch lange Jahre Repräsentantin von AVON, der

großen amerikanischen Kosmetikfirma, die zunächst USA-weit, dann

auch weltweit, Frauenlaufserien initiierte. Sie traf 1983 Horst Milde beim New

York Marathon und beide verabredeten – zusammen mit AVON – am 31.

Mai 1984 den ersten reinen Frauenlauf in Deutschland zu organisieren. Start und

Ziel waren am “Kleinen Stern“ - zwischen Siegessäule und

Entlastungsstraße – auf der Straße des 17.Juni. Charlotte

Teske, Deutschlands führende Langstrecklerin, siegte damals vor Christa

Vahlensieck und Birgit Lennartz.

Vorher war die 1500-m-Strecke die längste olympische Distanz für

Frauen. Und erst 1968 war der 800-m-Lauf für Frauen olympisch geworden.

Die Läufe galten als zu anstrengend für Frauen. Beim AVON RUNNING

Berliner Frauenlauf werden die kleinen Mädchen am Sonnabend 800 Meter

durch den Tiergarten rennen.

 

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