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Goldene Band der Sportpresse

Jochen Sprentzel leitet seit 1979 die Sportredaktion des RBB (früher SFB).

Außerdem ist er seit 1970 als ARD-Reporter, Redakteur und Kommentator regelmäßig bei deutschen Meisterschaften, Europa- und Weltmeisterschaften sowie bei den Olympischen Spielen (München, Montreal, Sydney, Athen) vor Ort. In Athen wurde zum 14. Mal von der ARD bei Olympischen Spielen eingesetzt. Seine Spezialität sind die Ruder-Übertragungen.

Manfred von Richthofen, der Präsident des Deutschen Sportbundes (DSB), nahm die Ehrung von Katrin Rutschow-Stomporowski mit dem Goldenen Band vor.

Meine Damen und Herren,

mit Katrin Rutschow-Stomporowski wollen wir heute eine Frau ehren, die aus meiner Sicht außerhalb ihrer Sportart viel zu wenig Anerkennung findet.

Weder in ganz Deutschland noch in Berlin war sie bei der Wahl zur Sportlerin des Jahres auf dem Treppchen. Obwohl Katrin aktuelle Olympiasiegerin von Athen ist und in mehr als 10 Jahren Leistungssport auf eine Bilderbuchkarriere zurückblicken kann.

Insgesamt 2x Olympiasiegerin und 3x Weltmeisterin, nur 1x ohne Medaille. Besser geht es kaum.

Bild:

Kathrin Rutschow-Stomporowski und Jochen Sprentzel

camera 4

Aber erstens ist sie so erfolgreich im Rudern, einer so genannten Randsportart und zweitens ist sie weder der Typ dafür noch interessiert daran, im Mittelpunkt von Klatsch- und Tratschgeschichten der bunten Blätter zu stehen.

Alles erreicht

Sie ist einfach eine großartige Sportlerin, die in ihrer Sportart, die zu den härtesten überhaupt gehört, alles erreicht hat. Aber nur, weil sie für ihren Sport bereit war, sich Jahr für Jahr, im Sommer und vor allem im Winter zu quälen, wenn es sehr ungemütlich ist auf den Seen, wenn aber die Grundlagen einer erfolgreichen Saison erarbeitet werden müssen.

Viele Entbehrungen mussten in Kauf genommen werden. Zu verdienen gibt es in diesem Sport praktisch nichts. Sporthilfe und Sponsorengelder reichen bestenfalls aus, um es sich leisten zu können, jahrelang berufliche Ziele zurückzustellen.

Rudern seit 1988

Katrin begann 1988 mit dem Rudern auf DDR typische Weise, indem nämlich eine Sichtungsdelegation an ihre Schule in Malchow bei Waren an der Müritz kam und sie fragte, ob sie Interesse daran hätte, den Rudersport zu erlernen.

Das hat Katrin gemacht und ruck zuck kam sie auf eine Kinder- und Jugendsportschule nach Berlin Köpenick, übrigens wohlgemerkt im September 1989, also ganz kurz vor der Wende und wurde Mitglied beim SC Dynamo Berlin. Sie ist also sozusagen eines der letzten großen Rudertalente, das die DDR, einst der stärkste Ruderverband der Welt, entdeckt hat.

Sport-Gymnasium

Und Katrin bliebt Gott sei Dank auch nach der Wende leistungssportorientiert, auch deshalb, weil sie auf der einstigen KJS, der heutigen Flatow-Oberschule, bleiben konnte und sie sich auf diesem Sport-Gymnasium mit Wassersport-Schwerpunkten zu der Persönlichkeit entwickeln konnte, die wir heute an ihr bewundern.

2x Junioren-Weltmeisterin

Während der Abiturvorbereitungen wurde Katrin 2x Junioren-Weltmeisterin. Dann schaffte sie etwas, das im Rudersport ganz selten ist, nämlich auf Anhieb den Sprung in die Frauen Spitzenklasse.

Und so wurde sie bereits mit 19 Jahren erstmals Weltmeisterin im Doppelvierer, zwei Jahre später in dieser Bootsklasse Olympiasiegerin mit einer Crew, die wohl der beste deutsche Vierer aller Zeiten war. Damals schon Kopf des Teams in Atlanta 1996 war Katrin Boron, die ja inzwischen in Athen ihre 4. Goldmedaille gewonnen hat.

Feuerrote Haare

Katrin Rutschow war das Küken im Boot, aber auf jeden Fall die Auffälligste. Denn vielleicht erinnern Sie sich: Sie hatte feuerrote Haare und war deshalb nicht zu übersehen, auch nicht für die Fotographen aus aller Welt. Nach Atlanta suchte Katrin neue Herausforderungen und fand sie im Einer, neben dem Achter die spektakulärste Bootsklasse der Ruderer.

Ihr Ziel war es, noch einmal ganz auf sich allein gestellt, nach 2000 mörderischen Metern die Beste zu sein, noch einmal Olympiasiegerin. In Sydney ließ sie bereits mit einer Bronzemedaille aufhorchen, wurde 1 Jahr später auf Einer Weltmeisterin. Bald begann fast generalstabsmäßig geplant das Unternehmen Athen 2004. Noch einmal stellte die hochbegabte Modedesignerin berufliche Ambitionen zurück, um sich den Traum vom Einer Gold zu verwirklichen.

Ruderweltmeister im Schlabberlook

Zwei Personen waren dabei ihre größten Stützen. Ihr Mann, Bernhard Stomporowski, einst selbst Ruderweltmeister im Leichtgewicht, ein herrlicher Typ: Einerseits das enfant terrible des Deutschen Ruderverbandes.

Stets im Schlabberlook mit ständig wechselnder Haarfarbe oder gar keinen Haaren. Selten mit zwei gleichen Socken. Oberflächlich betrachtet in seiner Sturm- und Glanzzeit ein Punkertyp, in Wirklichkeit aber ein hochsensibler künstlerisch begabter Mann, der großartig zu Katrin passt, weil auch Bernhard über einen starken Willen und größten Ehrgeiz verfügt, der ihn Leistungsgrenzen testen lässt.

Erfolgreichste Trainerin der Welt

Die zweite Bezugsperson für Katrin ist Jutta Lau, die erfolgreichste Trainerin der Welt. Sowohl in Sydney als auch in Athen sorgte sie ganz allein mit ihrem Frauen-Skullbereich für die beiden Goldmedaillen des Deutschen Ruderverbandes. Vor 2 Jahren nahm sie Katrin unter ihre Fittiche und es begann eine Zusammenarbeit, die zwar am Ende unglaublich fruchtbar war, aber auch, wie Jutta Lau sagt, wahnsinnig anstrengend.

Dann aber richtig, mit Haut und Haaren ...

Katrin hat nämlich die für Trainer nicht gerade bequeme Eigenschaft, alles, aber auch alles zu hinterfragen und erst wenn wirklich alles ausdiskutiert ist und Katrin zu 100% von der Maßnahme überzeugt ist, legt sie los. Dann aber richtig, mit Haut und Haaren, mit Leib und Seele. Dann ist ihr keine Schinderei zu hart. Akribisch arbeiteten die beiden an 1000 Kleinigkeiten, an der Kraft, der Ausdauer, der Technik und der Psyche.

Vom Sieg überzeugt sein

Die ist im Einer besonders wichtig. Man muss vom Sieg überzeugt sein, sonst hat man allein keine Chance. Und Katrin fuhr in Athen das Rennen ihres Lebens. Nach verhaltenem Start distanzierte, ja deklassierte sie den Rest des Feldes in einer Art und Weise, wie man das im Frauen Einer noch nie erlebt hat.

Es wurde eine einzigartige Triumphfahrt.

Lohn jahrelanger Qual.

8 Jahre nach der ersten Goldmedaille im Doppelvierer noch einmal Gold im Einer, der Königsklasse der Frauen.

Grund genug für uns, Katrin Rutschow-Stomporowski haute mit dem Goldenen Band der Sportpresse auszuzeichnen.

Herzlichen Glückwunsch!

Das „Goldene Band der Sportpresse“ der Sportjournalisten Berlin-Brandenburg hat eine lange Tradition. Das Goldene Band wird seit 1927 vergeben und ist die traditionsreichste deutsche Sportlerauszeichnung.

Auch die Leichtathletik wurde immer mit seinen Heroen und erfolgreichen Athleten und Athletinnen von der Sportpresse entsprechend positiv gewürdigt.

Im folgenden wird die Ehrung ab der ersten Verleihung (nur Leichtathletik) wiedergegeben:

1927: Dr. Otto Peltzer (1500 m Läufer) u.a. lief Otto Peltzer am 11.09.1926 auf dem Sportplatz an der Avus beim Sportfest des SCC neuen Weltrekord mit 3:51:0 vor Wide (SWE) und Nurmi (FIN).

1955: Heinz Fütterer (Sprinter)

1957: Manfred Germar (Sprinter)

1959: Martin Lauer (110 m Hürden)

1960: Armin Hary (Sprinter)

1964: Willi Holdorf (Zehnkampf)

1966: Werner von Moltke (Zehnkampf)

1967: Liesel Westermann (Diskus)

1968: Ingrid Becker (Mehrkampf)

1970: Heide Rosendahl (Weitsprung, Mehrkampf)

1972: Hildegard Falck (800 m)

1977: Annegret Richter (Sprinterin)

1981: Ralf Reichenbach (Kugelstoßen)

1983: Harald Schmid (400 m Hürden)

1991: Marianne Buggenhagen (Kugel, Diskus, Speer)

1991: Horst Milde (BERLIN-MARATHON)

1998: Lars Riedel (Diskus)

1999: Heike Drechsler (Weitsprung)

1999: Hartwig Gauder (Gehen)

2002: Sabine Braun (Mehrkampf)

Weitere Informationen zur Verleihung des Goldenen Bandes:

Das Goldene Band der Berliner Sportpresse

Sabine Braun, Claudia Pechstein und Joachim Franke

www.real-berlin-marathon.com/news/show/001177

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