Am zweiten Tag der Deutschen Hallenmeisterschaften der Leichtathleten in
Dortmund standen die Mittelstrecken auf dem Programm. Dabei verteidigte
über 800 Meter René Herms seinen Titel. Herms übernahm
frühzeitig die Initiative, gefolgt von Nico Motchebon, der sich
überraschend stark präsentierte. Am Ende aber konnte der deutsche
800-m-Hallenrekordler Motchebon Herms nicht gefährden. Der für die LG
Asics Pirna startende Herms lief 1:47,84 Minuten, Motchebon, der für LAZ
Salamander Kornwestheim läuft, benötigte 1:48,54.
“Die Meisterschaft habe ich aus dem vollen Training heraus bestritten.
Durch meine Zeit bei der Bundeswehr fehlen mir zurzeit die Grundlagen. Deswegen
bin ich froh, dass die Hallensaison für mich jetzt vorbei ist. Denn sehr
viel mehr Rennen auf diesem Niveau hätte ich nicht mehr bestreiten
können“, erklärte René Herms. Pech hatte Nico Motchebon
im Vorfeld der Titelkämpfe. “Ich war sehr gut in Form, dann habe ich
mir leider einen Muskelfaserriss zugezogen“, erklärte der
frühere Hallen-WM-Dritte über 800 m und Olympiavierte von 1996.
Angesichts des Handicaps schlug sich Nico Motchebon achtbar.
Monika Gradzki zeigte über 800 m der Frauen ihre Ambitionen. Alleine
allerdings konnte sie im Finale von Dortmund nicht zur Norm für die
Hallen-Weltmeisterschaften von Budapest laufen. 2:02,00 Minuten waren gefragt,
die Saisonbestleistung der Mittelstreckenläuferin des TV Wattenscheid war
nur eine Hundertstelsekunde langsamer als dieser Richtwert. Beim Europacup in
Leipzig war sie damit auf Platz fünf gerannt. Jetzt gewann sie zum ersten
Mal einen Titel bei den Deutschen Meisterschaften. In Dortmund reichten
dafür 2:05,51 Minuten.
Die ersten Zwischenzeiten dieses 800-m-Finales liefen in Richtung Norm.
Etwas Unterstützung schien Monika Gradzki zunächst von ihrer
Vereinskameradin Janina Goldfuß zu bekommen, die später das Rennen
vorzeitig aufgab. Doch schon an der 200-m-Marke lag die Favoritin in
Führung. Mit 29,19 Sekunden hatte sie eine flotte erste Runde hingelegt.
Bei der Hälfte der Distanz lag sie knapp außerhalb des
Norm-Fahrplans mit 1:01,31 Minuten. Doch es war absehbar, dass es mit der
Richtzeit in diesem Rennen nichts werden kann. Schließlich hob sich
Monika Gradzki offensichtlich auch noch etwas Kraft auf, um am Ende nicht
überspurtet zu werden. 600 Meter passierte sie dann nach 1:34,73 Minuten.
Und im Schlussspurt war sie auf den letzten 200 Metern souverän gegen
Simone Beutelspacher (VfL Sindelfingen), die in 2:06,39 Minuten Zweite wurde.
“Die Zeit war sehr bescheiden. Ich hätte selbst angreifen
müssen, aber zurzeit fehlt mir ein bisschen die Schnelligkeit. Es ging
eigentlich nur um den Titel“, erklärte Simone Beutelspacher
später. Katrin Judith Trauth (SC Magdeburg) lief auf Rang drei in 2:07,74
Minuten.
“Das ist mein erster Titel, der fühlt sich gut an. Ich war zum
ersten Mal auf einer Ehrenrunde, das ist toll“, schilderte die Siegerin
später ihre Eindrücke. “Ich hoffe, ich kann diesen Erfolg
wiederholen.“ Vielleicht kann Monika Gradzki im Sommer tatsächlich
die deutsche 800-m-Szene beleben und zumindest die Lücke zwischen Claudia
Gesell und dem Rest des Feldes weiter verkleinern.
Da die IAAF-Norm für die Hallen-WM in Budapest mit 2:04,00 Minuten
Spielraum lässt, war damit zu rechnen, dass Monika Gradzki für die
Telkämpfe nominiert wird. “Ich hoffe natürlich auf einen Start
bei der Hallen-WM. Rüdiger Nickel hat mir gesagt, ich müsse aber noch
ein bisschen zittern“, sagte die Wattenscheiderin.
Der neue Deutsche Hallen-Meister über 1500 m heißt Franek
Haschke. Der Läufer der LG Asics Pirna, im Vorjahr noch geschlagen von
Wolfram Müller, war im Spurt nicht zu schlagen und gewann in 3:50,02
Minuten. Der Anfang des Rennens war allerdings weniger souverän. Fast
wäre Franek Haschke gestürzt. “Aber ich habe mich davon nicht
verrückt machen lassen, weil ich wusste, dass ich stark bin“,
erklärte er später und fügte hinzu: “Ich war mir sicher,
dass die anderen auf den letzten 200 Metern keine Chance haben
würden.“ Entsprechend war der Rennverlauf. Franek Haschke wartete
ab. Die Führungsarbeit leistete fast durchweg Said Lakhal (VfL
Sindelfingen), der am Ende auf Rang drei lief in 3:50,72 Minuten. In
verhaltenem Tempo waren die 400 m nach 1:02,04 und die 800 m nach 2:05,64
Minuten gelaufen. Doch erst in der Schlussrunde kam dann der Angriff von Franek
Haschke.
In provozierender Manier zog Franek Haschke 100 Meter vor Schluss an Said
Lakhal vorbei und überzog dabei für manchen Geschmack die Grenzen der
Fairness. Am Ende hätte es ihn fast noch selbst erwischt. Denn bei dem
insgesamt langsamen Rennen kam Christian Knoblich (LAC Quelle Fürth) noch
stark von hinten auf. Er schob sich auf der Zielgeraden fast noch an Haschke
vorbei und wurde mit nur sechs Hundertstelsekunden Rückstand Zweiter.
Die Hallen-WM-Norm war kein Thema für Franek Haschke, dessen
Saisonbestzeit von 3:45,77 Minuten deutlich über der Norm (3:40 Minuten)
lag. “Mit dem Thema Olympische Spiele beschäftige ich mich erst mal
noch nicht – jetzt kommt erst einmal Urlaub und dann beginnt das Training
für Athen.“
Bei den Frauen sicherte sich Kathleen Friedrich souverän den Titel in
4:18,00 Minuten. Nicht gefordert von der Konkurrenz war es ein 1500-m-Finale
auf sehr schwachem Niveau. Rang zwei ging an Juliane Becker (LAC Quelle
Fürth/4:20,14), Dritte wurde Antje Möldner (SC Potsdam/4:20,43).