Newsarchiv

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Jubiläum beim Berliner Neujahrslauf – 35 Jahre - es begann im Friedrichshain

Heinz Florian Oertel war der bekannteste Sportreporter der DDR. Der jetzt 78-Jährige arbeitet Jahrzehnte für den Berliner Rundfunk und das DDR-Fernsehen. Heinz Florian Oertel berichtete von Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften.

Legendär ist ein Spruch seiner Übertragung des olympischen Marathonlaufes von 1980 in Moskau: „Männer, Väter – habt Mut: Nennt Euere neugeborenen Söhne  heute Waldemar".

Waldemar Cierpinski hatte 1980 zum zweiten Mal in Folge den Olympia-Marathon gewonnen und damit Sportgeschichte geschrieben. Oertel war berühmt und beliebt aufgrund seiner starken mitreißenden Rhetorik.

1972 im Friedrichshain

1972 war es Heinz Florian Oertel, der die Tradition des Berliner Neujahrslaufes begründete. Nach dem Beispiel des Silvesterlaufes von Sao Paulo wollte Oertel einen Lauf für die Bevölkerung, nicht für Spitzenläufer organisieren. „Es ging nicht um Plazierung und Zeiten, sondern um die  Freude am Laufen“ erklärte Oertel.  Der Lauf fand immer im Friedrichshain statt.

Am Tag nach der Wende

Am 10. November 1989 um 10.30 Uhr – einen Tag nach dem Fall der Mauer - erhielt Horst Milde einen Anruf aus London von Michael Coleman, Sportreporter der TIMES, der in jedem Jahr in Berlin vom BERLIN-MARATHON berichtete. „Du musst am 1. Januar 1990 einen Neujahrslauf vom Olympiastadion zum Alexanderplatz und zurück machen und der BERLIN-MARATHON muß durch das Brandenburger Tor gehen“ war seine Aufforderung an den Race Director des BERLIN-MARATHON.

Am 12. November 1989 fand der traditionelle Teufelsberg-Crosslauf statt, an dem schon gleich DDR-Läufer zum ersten Mal teilnehmen konnten. Am gleichen Tag versammelten sich in Mildes Wohnung die DDR-Läufer Roland Winkler, Dr. Detlef Dalk und  Gerd Engel  und verabredeten an ihre jeweiligen Bürgermeister Erhard Krack (Ost-Berlin) und Walter Momper (West-Berlin) zu schreiben und darauf hinzuweisen, daß am 1. Januar 1990 ein Neujahrslauf durch das Brandenburger Tor und am 30. September 1990 der 17. BERLIN-MARATHON durch beide Teile  der Stadt führen sollte. Die Schreiben waren schon am 14. November bei den Bürgermeistern auf den Schreibtischen.

Bücher könnte man füllen

Über die letzten fünf Wochen bis zum Neujahrslauf könnte man  Bücher schreiben, wie die Verhandlungen von Horst Milde mit den  Offizieren und Generälen der Grenztruppen verliefen, um durch das Brandenburger Tor laufen zu können. Zunächst gab es Anforderungen, daß jeder Läufer schriftlich gemeldet werden müsse, jeder Läufer bekomme einen Stempel der Grenztruppen u.s.w.  ...

Stefan Senkel war der Ansprechpartner für die Belange der Leichtatheltik im Ostteil Berlins. Stefan Senkel organisierte den Verlauf der Veranstaltung in Ost-Berlin.

Verkürzte Ausgabe für 25.000 Teilnehmer

Nicht Michael Colemans Vorschlag vom Olympiastadion zum Alexanderplatz zu laufen, sondern eine verkürzte Ausgabe des Neujahrslaufes von der Entlastungsstraße bis zum Roten Rathaus um den Fernsehturm und zurück wurde zum großen Ereignis.

25.000 Teilnehmer aus aller Welt wollten sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen an einem Lauf teilzunehmen, der niemals wiederkehrt.

Um 14.00 Uhr gaben Walter Momper und Erhard Krack  den Startschuss zu diesem denkwürdigen Lauf. Journalisten aus aller Welt berichteten live von diesem Ereignis.

Selbst der damalige IAAF-Präsident Primo Nebiolo war eigens aus Rom angereist, um nachher in einer Pressekonferenz im Haus der Kulturen der Welt sein Statement abzugeben.

Am Vormittag 1990 hatte der Neujahrslauf im Friedrichshain zusätzlich stattgefunden – der Neujahrslauf am Brandenburger Tor blieb ab 1991 aber dann bestehen, allerdings wurde die sensationelle Beteiligung von 1990 nie mehr erreicht.

Der Lauf im Friedrichshain wurde zu Gunsten des attraktiveren Laufes durch die Innenstadt dann eingestellt. Heinz Florian Oertel moderierte in der Vergangenheit, so es seine Gesundheit zuließ, beim Neujahrslauf am Brandenburger Tor.

Tradition

Es ist jetzt Tradition geworden, den Lauf um 12.00 Uhr am Neujahrmorgen am Pariser Platz zu starten und im gemächlichen Tempo gemeinsam die Straße unter den Linden zu nutzen, bis zur Spandauer Straße, hinter dem Berliner Dom und dem Lustgarten wieder auf die Straße Unter den Linden zum Brandenburger Tor gemeinsam zurückzulaufen.

Aus Freude

Für alle beteiligten Läufer und Läuferinnen ist es ein Bedürfnis sich gemeinsam gerade an diesem Tag und an dieser Stelle zu treffen und für ihren gemeinsamen Sport zu werben, aus Freude an der Sache, so wie es Heinz Florian Oertel schon 1972 bei der Premiere im Friedrichshain formulierte.

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