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"Mit der WM 2005 den Nachwuchs begeistern"

David Hemery wurde im November 1998 zum ersten Präsidenten von UK

Athletics, dem britischen Leichtathletik-Verband, gewählt, nachdem der

vorige Verband in Konkurs gegangen war. Hemery gewann 1968 bei den Olympischen

Spielen in Mexiko die Goldmedaille über 400 m Hürden in der

Weltrekordzeit von 48,12 Sekunden. Der 55-Jährige arbeitet heute unter

anderem im Bereich Management-Consulting. Sein Sohn Adrian zählt zu

Großbritanniens Hoffnungen im Zehnkampf.

Wie wichtig war es für UK Athletics, die WM für London 2005 zu

bekommen?

Hemery: Das war ein wichtiges Ziel sowohl für UK Athletics als auch die

britische Regierung. Wir hatten keine Freiluftveranstaltung mit einer derart

weltweiten Bedeutung seit den Olympischen Spielen 1948. Und durch den Zuschlag

für die WM 2005 ist es uns möglich, ein reines Leichtathletikstadion

zu bauen. Außerdem haben unsere Athleten die Möglichkeit, vor

heimischer Kulisse anzutreten. Mit diesem Effekt hoffen wir, den Nachwuchs

für die Leichtathletik begeistern zu können.

Es gab Fragezeichen um das Stadion in London.

Hemery: Mit Hilfe der britischen Sportministerin Kate Hoey haben wir einen

Standort im Nordosten Londons, in Lee Valley, gefunden. Dort gibt es genug

Platz, eine Infrastruktur ist bereits vorhanden und wir bekommen dort

finanzielle Unterstützung durch die Region und die Regierung. Es ist das

Ziel, dass das Stadion im Jahr 2004 gebaut ist. Und die Regierung zieht in

Erwägung, sich mit diesem Stadion entweder für die Olympischen Spiele

2012 oder 2016 zu bewerben. Die Zuschauerkapazität soll deswegen variabel

sein. Das heißt, für eine WM könnte das Stadion 50.000

Plätze haben, für ein Grand-Prix-Meeting etwa 25.000 und für

Olympische Spiele bis zu 100.000.

London ist auch für die Golden League im Gespräch.

Hemery: Die Golden League prüft noch, ob London integriert werden

könnte. Aber es gibt Bedenken bezüglich der zunehmenden Anforderungen

an die Athleten und auch der zur Verfügung stehenden

TV-Übertragungszeiten. Wenn die besten Athleten jede Woche auf Rekordjagd

gehen, wie lange bleibt dann der Reiz erhalten? Unser Sport ist am

spannendsten, wenn die Besten gelegentlich aufeinandertreffen. Das Duell steht

dann im Vordergrund, nicht nur der Kampf gegen die Uhr.

Wie stark wird die britische Leichtathletik im Olympiajahr sein?

Hemery: Wie in jeder olympischen Saison gibt es einige Medaillenkandidaten.

Aber wie immer, werden auch einige verletzt sein, nicht ganz ihre Bestform

erreichen oder noch etwas zu jung sein.

Großbritannien hat eine große Tradition im Laufbereich. Doch

im letzten Jahrzehnt basierte der Erfolg hauptsächlich auf Sprintern. Wie

erklären Sie sich diese Veränderung?

Hemery: Es ist immer so, dass in einigen Jahren dieser und in anderen Jahren

jener Wettbewerb stärker besetzt ist. Was die Entwicklung des

Sprintbereichs in Großbritannien angeht, so war es zu meiner aktiven Zeit

so, dass sehr wenige Familien, die aus Commonwealth- oder karibischen

Ländern kamen, sich in der Leichtathletik engagierten. Doch viele Kinder

oder Enkel früherer Einwanderer haben jetzt die britische

Staatsangehörigkeit und treiben hier Sport. Wir haben Glück, dass

einige von ihnen in verschiedenen Sportarten sehr talentiert sind.

Wie oft sehen Sie sich den London-Marathon an?

Hemery: Ich fahre meist nach London, um mir das Rennen anzusehen. Falls es

mir nicht möglich ist, sehe ich mir die sehr gute Fernsehübertragung

an. Der London-Marathon ist eine großartige Veranstaltung mit exzellenter

Besetzung in der Spitze, einem großen Feld und einem wichtigen

karitativen Aspekt.

 

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