Newsarchiv

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Mit zwölf Jahren schon Teilnehmer des BERLIN-MARATHON

SCC-RUNNING beginnt mit diesem Bericht aus der "Geschichtskiste"

die Entwicklung seiner erfolgreichen Läufe aus den letzten Jahrzehnten zu

beleuchten. Wer sind die Menschen/Läufer/innen die mitgemacht haben, die

gewonnen - oder verloren - haben. Wie sind sie dazu gekommen, sind sie noch

heute dabei. Mit einem ganz aktuellen Beispiel beginnen wir die Serie:

Beim "Kultlauf 1998" beim 25-jährigen Jubiläum, dem Lauf

"Noch eine Woche bis zum BERLIN-MARATHON", mit dem Traditionsstart in

der Waldschulallee 80, brachte ein Teilnehmer dem Veranstalter bei der Feier im

Zielbereich vier Bilder zum "Angucken".

Auf dem Bildern war ein Junge mit einer großen Startnummer zu

erkennen, der durch das Ziel (am 100 m Start) des Mommsenstadions lief.

"Das bin ich vor 20 Jahren beim BERLIN-MARATHON" sagte Ralf Milke -

und gab die Bilder unvorsichtigerweise aus der Hand.

Beim 25. Team-Marathon am 18. Januar 2003 gab es ein Wiedersehen mit Ralf

Milke - und eine leichte Erinnerung durch ihn an die vier weggegebenen Bilder!

Aus dem kleinen Jungen war inzwischen ein erfolgreicher Läufer geworden.

Am Start des Team-Marathon stand ein Trio mit der Startnummer 1.

Mit der Startnummer 1 lief das Team vom Post SV mit Ralf Milke !, Dietmar

Klocke und Günter Rennung, sie waren die Sieger des Jahres 2002 (2:29:23).

In diesem Jahr wurden sie Zweite in 3:03:42.

Das Startbild zeigt genau, wie bestellt, in der Mitte Ralf Milke mit der

Nummer 1, rechts neben ihm Herbert Steffny, links von ihm Dietmar Klocke.

Am 3. September 1978, beim 5. BERLIN-MARATHON, lief ein Junge mit etwas

über 12 Jahren mit - die Regeln ließen das damals noch in

Ausnahmefällen zu. Heute nicht mehr.

Meistens sind Kinder, die zu früh an langen Läufen teilnehmen -

und manchmal auch nicht ganz freiwillig - ausgebrannt und sind später

nicht mehr zum Laufen zu begeistern. Ganz anders bei Ralf Milke. Hier ist sein

eigener Bericht, wie er zum Laufen kam und dabei geblieben ist - im Grunde eine

Erfolgsstory für das Laufen und ein schöner Rückblick auf die

Geschichte des BERLIN-MARATHON:

"Ich bin Läufer seit 1977. Mein Vater hatte Mitte der 70er Jahre

seinen ersten Marathon gelaufen. Ich war im Fußballverein und bin nur

gelegentlich mal im Wald gelaufen. Im Sommer 1977 waren wir in den Ferien im

Schwarzwald, als in der Nähe ein 10 km-Lauf nur für Schüler und

Jugendliche stattfand. Durch diesen Zufall bin ich das erste mal so weit

gelaufen. Von da an ging ich regelmäßig sonntagmorgens mit dem an

unserem Ort neugegründeten Lauftreff auf eine 10er-Runde. Damit fiel ich

ziemlich auf, denn ich war noch keine 12 Jahre alt und war das einzige Kind,

das sich sowas zutraute. Ich bin dann ungefähr 3 x die Woche gelaufen.

Purer Dauerlauf im Wald. Etwa 6 bis 14 km. Einen Plan gab es nicht. Im

Frühjahr 78 ging ich mit zu ein paar Volksläufen in der Umgebung

meines südhessischen Heimatortes und lief, was eben angeboten wurde. So

kam ich zu meinem ersten Halbmarathon und zwischen meinem Vater und mir

entstand allmählich die Idee, daß ich auch einen Marathon laufen

könnte.

Ich wurde nie dazu überredet. Ich habe schon damals das ruhige Laufen

durch den Wald geliebt. Der Marathon als ehrgeiziges Ziel ergab sich von ganz

allein. Faszinierend für mich, ist zu sehen, mit wie wenig Training ich

mich in diesem Alter sprunghaft verbessern konnte. Um 100 km Dauerlauf im

Monat. Daneben die vielen Stunden auf dem Bolzplatz. Die Wahl fiel

schließlich auf Berlin. Mein Vater ist in Charlottenburg geboren und wir

hatten Verwandte in der Stadt, bei denen wir übernachten konnten. 8 Wochen

vorm Marathon begann mein spezielles Training. Im Schnitt 75 km/Woche (ich

hatte von meinem Vater abgeschaut, daß er seine Laufkilometer notierte

und hatte daraufhin meiner Mutter einen Taschenkalender abgeluchst, in den ich

meine Kilometer notierte - diesem Schachzug verdanke ich inzwischen 25 Jahre

komplette Aufzeichnungen). Der Marathon fand am letzten Sonntag der

Sommerferien statt, ich hatte unheimlich viel Zeit.

Der 3. September 1978 war ein kühler, trüber Tag; ideales

Marathonwetter. Mein Vater wußte, daß ich ihn unterwegs nicht

brauchte. Ich lief ganz naiv nach Gefühl. Ein paar Bilder von der Strecke

sind mir im Gedächtnis geblieben. Auf dem Rückweg der zweiten Runde

hatte ich eine Gruppe mit einer Läuferin eingeholt und war froh, die

letzten Kilometer nicht allein laufen zu müssen. Dann kam ein

Verpflegungsstand, dem Erinnerungsbild nach müßte es am

Hüttenweg gewesen sein, und plötzlich war ich wieder allein und die

Gruppe hinter mir. Überholt wurde ich von keinem mehr. Auf der Bahn im

Mommsenstadion fühlte ich mich zu einem Endspurt verpflichtet. So richtig

explosiv war der vielleicht nicht mehr. Aber er kam von Herzen.

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Ich beendete den Lauf nach 3:41:47, viel schneller als ich je erhofft hatte.

Ich war immer noch 12. Und wog 36 kg. Da ich ja schon ein wenig ins Detail

gegangen bin, will ich auch noch mal daran erinnern, daß ich ja für

diesen Lauf keine Urkunde bekam, weil ich - aus Gründen, die ich nicht zu

verantworten habe - noch keine 18 Jahre alt war. War mir übrigens ziemlich

egal. Wahrscheinlich hat es mich nur angespornt, meinen eigenen Weg zu gehen

und nicht auf die Anerkennung von außen zu warten. Obwohl ich diese

bekam. Der Lauftreff lancierte einen Artikel in der Lokalzeitung. Der

Marathonlauf ihres Torwarts war am folgenden Sonnabend das Thema der

Jugendfußball-Zaungäste. Ich wurde zum Lauftreffleiter ehrenhalber

ernannt.

In den folgenden Jahren startete ich auf allen Distanzen von 1000 m

aufwärts, dabei auch 1-2 Marathons im Jahr. Mein sechster Marathon in 2:51

als 16-jähriger (1982) war vielleicht mein allerbester. Später

entwickelte ich ein Faible fürs Bahnlaufen und konzentrierte mich eine

Zeit lang auf die Strecken von 800 bis 5000 m. Mein Talent war freilich

mäßig. Ich erreichte 2:04 über 800 m, 4:16 über 1500 m und

16:21 über 5000 m.

Läufer bin ich seither immer geblieben, auch wenn es Phasen mit

geringer Laufaktivität gab. Ich habe das Glück gehabt, sehr früh

den Sport zu finden, der meinen Nerv trifft. Er hat mich auf jeder Station

meines Lebens begleitet. Am Montag nach meiner Marathon-Initiation reisten wir

heim, am Dienstag war mein erster Tag auf dem Gymnasium. In der Oberstufe habe

ich für mich den Mittagspausen-Lauf erfunden, weil der besser war als

Abhängen und Karten spielen. Als Student in Tübingen wurde mir

gemeinsam mit einem Lauf- und Studien-Kamerad das Benutzungsrecht für eine

Dusche im Keller des Mineralogischen Instituts eingeräumt. An diesem

Institut habe ich später als Geowissenschaftler promoviert. Auch meine

Frau ist Läuferin. Die Trauzeugen waren unsere Trainingspartner. Wir haben

den Tag mit einem gemeinsamen Lauf durch den Schönbuch bei Tübingen

gefeiert. Die Familienfeier haben wir nachgeholt.

Zur Zeit arbeite und forsche ich als Geowissenschaftler an der TU Berlin und

am GeoForschungsZentrum Potsdam. Unser Umzug nach Berlin 1998 war offenbar

leistungsfördernd. Ich schloß mich dem Post SV Berlin an und leite

inzwischen das gemeinsame Training. Das Zwischenresultat sind 33:55 auf 10 km

(2002), 1:15:30 im Halbmarathon (1999) und 2:39:22 im Marathon (2002).

Interessant ist der Vergleich meiner Bestleistungen über die Jahre, wenn

man sie mal in Relation zu den Weltrekorden betrachtet. Auf allen Distanzen von

800 m bis Marathon habe ich stets das gleiche Niveau erreicht. Ein

Marathonsammler bin ich nicht, aber knapp 30 sind es mit der Zeit

geworden."

Den 5. BERLIN-MARATHON 1978 gewann übrigens Michael Spöttel (LG

Verden) in 2:20:02, bei den Frauen siegte Ursula Blaschke (SCC) in 2:57:09. 256

Teilnehmer aus 5 Nationen waren am Start, 197 Läufer/innen im Ziel. Start

und Ziel befanden sich im Mommsenstadion in der Waldschulallee, die Laufstrecke

war ein 2-Rundenkurs entlang der AVUS (Kronprinzessinnenweg) im Grunewald bis

zur Wende - Ecke Havelchaussee und zurück zur Kiesgrube

(Teufelsseechaussee).

PS: Die 4 Bilder bekommt Ralf Milke jetzt endgültig zurück -

und auch eine Erinnerungs-Urkunde an 1978.

[Horst Milde]

 

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