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Warum Nils Schumann noch nicht in Bestform ist

Nicht überzeugen konnte Nils Schumann bei seinem Saisondebüt

über 800 m beim Leichtathletik-Meeting in Dortmund. Auf der Zielgeraden

ohne die bekannte Spurtkraft, wurde der Olympiasieger vom Belgier Joeri Jansen

abgefangen und verpasste in 1:46,41 Minuten auch die EM-Norm deutlich. Nach

Interviews war Nils Schumann (Creaton Großengottern) danach erst mal

nicht zu Mute. Lieber schrieb er abseits der Journalisten und Kamerateams

Autogramme. „Es ist alles im Soll. Das Problem ist“, erklärte

Schumann später auf dem Einlaufplatz, „dass die Saison dreieinhalb

Monate lang ist. Und man kann nicht dreieinhalb Monate in Topform sein.“

Zurzeit absolviert er harte Trainingseinheiten. „Deswegen fehlt mir die

Frische und die Lockerheit, ich fühle mich oft müde. Aber ich

vertraue auf meinen Trainer Dieter Hermann, der viel Erfahrung hat.“ Er

müsse jetzt durch diese harte Phase durchkommen, erklärte Schumann,

der zunächst über 400 m sowie mit zwei 1500-m-Rennen in die Saison

gestartet war. Auch da waren die Leistungen nicht überzeugend. Ein

weiteres 1500-m-Rennen folgt noch am Freitag in Kassel.

Beim Europacup Ende des Monats und den folgenden Deutschen Meisterschaften

will Schumann mit einer deutlichen Leistungsverbesserung aufwarten.

Außerdem startet er unter anderem auch beim Golden-League-Meeting in

Oslo. Auch sein Manager Jos Hermens sieht kein Problem für Schumann:

„Man muss in der Leichtathletik endlich weg von der Erwartungshaltung,

dass einer immer alles gewinnen muss. Jan Ullrich gewinnt auch nur zweimal im

Jahr und wird Sportler des Jahres. Ich sehe keine Probleme bei Nils und glaube,

dass er bei der EM um die Medaillen laufen wird.“

Besser machte es über 1500 m in Dortmund Franek Haschke, der als

zweiter hinter Shadrack Korir (Kenia/3:37,20) in 3:37,79 Minuten die EM-Norm

für die Nachwuchsjahrgänge unterbot. Aufgrund der Flaute im deutschen

Laufbereich hat der Läufer aus Pirna das EM-Ticket so gut wie in der

Tasche. Der Norm deutlich hinterher läuft dagegen noch Damian Kallabis

(Stuttgart). Der Europameister über 3000 m Hindernis von 1998 wurde in dem

Rennen, das Paul Koech (Kenia) in 8:22,42 Minuten gewann, Vierter in 8:28,60

Minuten.

Bei den Frauen standen in den Laufwettbewerben die 800 m und die 1500 m auf

dem Programm. Über die kürzere Strecke siegte Hallen-Weltrekordlerin

Jolanda Ceplak (Slowenien) in 1:58,64 Minuten vor Ivonne Teichmann (Magdeburg),

die mit 2:02,36 Minuten die Norm um gut zwei Sekunden verfehlte. Auch über

1500 m sieht es für die beste deutsche Läuferin nicht gut aus:

Kathleen Friedrich (Chemnitz) wurde Vierte in schwachen 4:12,49 Minuten, es

siegte Birhane Adere (Äthiopien/4:06,46).

Wegweisend sollte das gewesen sein, was der Deutsche Leichtathletik-Verband

(DLV) bei seinem Meeting in Dortmund, dem wichtigsten deutschen Sportfest vor

den Europameisterschaften in München Anfang August, veranstaltete. Die

verantwortlichen Funktionäre wollen mit der olympischen Kernsportart

„weg vom Meeting – hin zum Event“, um zu verhindern, so

DLV-Präsident Clemens Prokop gegenüber einer Agentur, „dass

sich die Leichtathletik zu einer Randsportart entwickelt“. Die Moderation

war ein Fortschritt, die eigens angefahrene Videowand hübsch anzuschauen

– aber wegweisend? Bei den großen Meetings ist derartiges seit

Jahren Standard.

Als neuen Event gab es einen Mittelstreckenlauf mit Sprintwertungen nach

jeder Runde. Das sah merkwürdig aus und nicht so, als ob es der deutschen

Leichtathletik tatsächlich helfen könnte. Es war nichts für die

Rubrik Event, eher war es ein Accident. Nein, neue Erkenntnisse, wie es mit der

deutschen Leichtathletik vorangehen kann, waren in Dortmund nicht zu sehen.

Viel eher wurde wieder offensichtlich, was die Sportart wirklich braucht:

Stars, echte Vorbilder. Nun war es Pech, dass einige wie beispielsweise Heike

Drechsler, Grit Breuer oder Lars Riedel verletzungsbedingt fehlten.

Immerhin, der Shooting-Star der deutschen Leichtathletik 2001, Ingo Schultz

(LGO Dortmund), scheint auf einem guten Weg zu sein. Souverän gewann der

Vize-Weltmeister von Edmonton die 400 m in 45,48 Sekunden und unterbot die

EM-Norm. „Ich bin überrascht, dass ich die Norm heute schon gelaufen

bin“, sagte Ingo Schultz, der in der vergangenen Woche noch so hart

trainiert hatte, dass er die Einheit am Donnerstag mit müden Beinen

abgebrochen hatte. Nach seinem Erfolg von Edmonton hatte Schultz eine lange

Pause gemacht und war auch in der Hallensaison kaum in Erscheinung getreten.

Erst vor wenigen Wochen lief er erstmals seit Edmonton ein 400-m-Einzelrennen.

„Es ist anstrengend, wieder unter 46 Sekunden zu laufen. Aber mit der nun

erreichten Norm kann ich mich beruhigt auf die EM vorbereiten“,

erzählte Ingo Schultz und fügte hinzu: „Ich weiß, dass

ich zu den Favoriten zähle, aber mit dieser Erwartungshaltung komme ich

klar.“

 

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