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Abel Antón wird zum Volkshelden

Der Spiridon Louis Spaniens heißt Abel Antón. Der Grieche hatte

sich mit seinem Marathon-Sieg bei den ersten Olympischen Spielen von Athen 1896

ein Denkmal gesetzt, Abel Antón wurde bei seinem Triumph über die

klassischen 42,195 Kilometer wie ein Volksheld gefeiert. Bei den

Leichtahtletik-Weltmeisterschaften verteidigte der 36-jährige Spanier am

Samstagabend seinen Titel und gewann in 2:13:36 Stunden vor dem Italiener

Vincenzzo Modica (2:14:03) und dem Japaner Nobuyuki Sato (2:14:07).

Antón war genau 20 Sekunden langsamer als vor zwei Jahren in Athen.

Dafür allerdings herrschten in Sevilla noch etwas höhere Temperaturen

als 1997. Offiziell wurden beim Start im Stadion 29 Grad angegeben. Doch dabei

handelt es sich offenbar um Schattentemperaturen. Auf den Straßen

Sevillas dürfte es wie an den Tagen zuvor in der Sonne zeitweise über

40 Grad heiß gewesen sein. Der Asphalt war eine Kochplatte, das Rennen

wurde eine Hitzeschlacht. Trotzdem säumten rund 100.000 Zuschauer den

Rundkurs im Zentrum Sevillas.

"Es war eines der größten emotionalen Erlebnisse in meinem

Leben. Alle kamen hierher, um eine spanische Medaille zu bejubeln - ich konnte

ihnen diesen Traum erfüllen. Es war etwas ganz besonderes, als erster

Marathonläufer zum zweiten Mal Weltmeister zu werden - und das dann auch

noch in Sevilla", sagte Abel Antón, der sich später für

die Unterstützung durch die Zuschauermassen auf den Straßen

bedankte. Die Spanier schrien ihren Helden förmlich zum Sieg.

In dem angesichts der Hitze erwartungsgemäß lange Zeit langsamen

Rennen sorgte während der ersten Hälfte der marokkanische

Außenseiter El Mostafa Damaoui für Unterhaltung. Er löste sich

aus der großen Gruppe, erlief einen Vorsprung von rund einer Minute,

winkte den Zuschauern zu und klatschte sogar einige von ihnen beim Vorbeilaufen

ab. Der Marokkaner wußte noch nicht, was kommen mußte. Nach

Zwischenzeiten von 17:03 Minuten (5 km), 32:30 (10 km), 48:01 (15 km), 1:03:55

Stunden (20 km) und 1:07:24 (Hälfte) wurde er müde, während sich

in der Verfolgergruppe etwas tat. 27 Läufer hatten Kilometer 20 nach

1:04:55 Stunden erreicht, darunter alle sechs Spanier und die anderen

Favoriten. Danach wurde das Tempo dieser Gruppe schneller. Der

Südafrikaner Gert Thys, mit seiner Bestzeit von 2:06:33 Stunden der

schnellste Läufer im Feld, unternahm den ersten Vorstoß, doch Kenias

Simon Biwott schloß die Lücke wieder und führte die Gruppe

heran. Doch der Abstand zum führenden Marokkaner verringerte sich. Bei

Kilometer 25 führte Damaoui noch, kurz danach wurde er eingeholt. Einen

neuen Vorstoß startete dann bei Kilometer 26 der Japaner Nobuyuki

Sato.

Bei 30 km (1:35:30) hatte Sato, der 1998 Zweiter in Fukuoka in 2:08:48

gewesen war, 18 Sekunden Vorsprung auf seine Verfolger. Diese Gruppe bestand

aber nur noch aus neun Läufern. Nicht mehr dabei waren zum Beispiel die

beiden spanischen Mitfavoriten Martín Fiz und Fabian Roncero.

Während der Weltmeister von 1995, Fiz, etwas zurückgefallen lief und

schließlich in 2:16:17 Stunden noch Achter wurde, stieg der

Rotterdam-Marathon-Sieger von 1998 und spanische Rekordhalter (2:07:23 Stunden)

aus.

Nur noch fünf Läufer verfolgten Sato bei 35 km (1:51:10): Thys,

Biwott, Antón, Modica und der Portugiese Luis Novo. Kurz darauf legten

Modica und Antón zu und machten sich gemeinsam an die Verfolgung des

Japaners. Die Vorentscheidung erzielte der Spanier dann bei Kilometer 37.

"Als der Italiener etwas langsamer wurde, um nach Wasser zu greifen,

veränderte ich das Tempo. Das war der entscheidende Moment",

erklärte Abel Antón, der kurz darauf den Japaner erreichte und an

ihm vorbeizog.

Als die Zuschauer auf der Videotafel sahen, dass Abel Antón an einem

Verpflegungsstand beschleunigte, den später zweitplatzierten Italiener

Vincenzo Modica hinter sich ließ und den führenden Japaner Nobuyuki

Sato angriff, tobte das Stadion. "Als ich Antón sah, wußte

ich, dass er zu stark ist für mich", sagte Sato. Der Sieger war ein

taktisch glänzendes Rennen gelaufen. Während sich zunächst der

marokkanische Außenseiter El Mostafa Damaoui und dann auch die zum

Favoritenkreis zählenden Gert Thys (Südafrika), Simon Biwott (Kenia)

und der Vize-Europameister Danilo Goffi (Italiener) durch ihre Tempoarbeit

zermürbten, hielt sich Abel Antón lange Zeit zurück und sparte

Kraft.

Wie viele andere Weltklasse-Marathonläufer lebt Abel Antón in

einer leistungsfördernden Höhenlage in der spanischen Provinz Soria.

Früher ein exzellenter Bahn-Langstreckler, der 1994 über 10.000 m

Europameister war und über 5000 m Platz drei belegte, wechselte

Antón nach den Olympischen Spielen 1996 zum Marathon, weil er über

10.000 m angesichts der starken afrikanischen Konkurrenz wenig Perspektiven

sah. Auf Anhieb gewann er dann 1996 den Berlin-Marathon in 2:09:15 Stunden. Der

Spanier siegte auch bei seinen nächsten beiden Rennen in Gyongju (Japan)

und in Athen 1997. In der Weltklassezeit von 2:07:57 Stunden triumphierte er im

Jahr darauf in London.

"Wir sind die Weltmeister, und wir werden wieder Weltmeister, denn wir

haben das stärkste Team der Welt", hatte Martín Fiz

angekündigt, der sich allerdings am Ende mit Platz acht in 2:16:17 Stunden

zufrieden geben musste. In der Tat: die Spanier stellten nun während der

letzten sechs großen Meisterschaftsrennen vier Mal den Sieger, gewannen

insgesamt sieben Medaillen und hatten zusammen 13 Platzierungen unter den

ersten Sechs. Lediglich bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta und bei den

Europameisterschaften im vergangenen Jahr in Budapest waren sie leer

ausgegangen.

 

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