Newsarchiv

Newsarchiv

Evangelischer Kirchentag bewegt den Sport: „Weltsport braucht ein Weltethos“

Der 30. Deutsche Evangelische Kirchentag (DEKT) ist an seinen Gründungsort zurückgekehrt: Nach 1949, 1967 und 1983 war Hannover im Mai 2005 nun bereits zum vierten Male Gasteber … und wohl noch nie in der Geschichte des Kirchentages, der einst unter dem Leitgedanken „Kirche in Bewegung“ als christliche Laienbegegnung gegründet wurde, sorgte der Sport mit seinen zahlreichen Beiträgen für Bewegung im konkreten und im übertragenden Sinne des Wortes - allen voran der 77-jährige Schweizer Theologe und Präsident der Stiftung Weltethos, Prof. Dr. Dr. h. c. Hans Küng (Tübingen) mit seinem Vortrag „Weltsport und Weltethos“ und der darin enthaltenen Forderung nach einem Weltethos des Sports: „Der globale Sport braucht ein globales Ethos, der Weltsport braucht ein Weltethos“, so lautete sein Plädoyer, das er in vier allgemeinen ethischen Grundsätzen für den Sport schlüssig spezifizierte:

Hab Ehrfurcht vor dem Leben

Um das ständig wachsende Ausmaß an verbaler und körperlicher Gewalt und Aggression im Sport einzudämmen, müssen wir uns nur einen alten und den von allen Religionen vertretenen universalen Imperativ der Menschlichkeit in Erinnerung rufen: „Hab Ehrfurcht vor dem Leben!“ Hans Küng empfiehlt dem Sport daher, einen Beitrag zur Neu-Installierung einer Kultur der Gewaltlosigkeit und der Ehrfurcht vor dem Leben zu leisten. Um gegen Korruption und Täuschung vorzugehen, erwartet Küng, dass der Sport zweitens zu einer Kultur der Solidarität und gerechten Weltordnung beitragen soll. Konkret lautet die Anweisung dafür: „Handle gerecht und fair!“

„Rede und handle wahrhaftig"

Gegen Doping und das unfaire Verschaffen von Vorteilen - sei es durch Verweigerung von Chancengleichheit, durch Verletzen oder andere Formen der Unredlichkeit - könnte der Sport einen Beitrag leisten für eine Kultur der Wahrhaftigkeit mit einem Recht auf Wahrheit: Nicht (mehr) lügen und manipulieren, sondern positiv formuliert: „Rede und handle wahrhaftig!“ Ein vierter Grundsatz sollte eine Kultur der Gleichberechtigung und der Partnerschaft von Mann und Frau weiter etablieren helfen - auch im Sport: das andere Geschlecht nicht verachten, missbrauchen, erniedrigen oder entwürdigen, sondern jeden und jede gerade im sportlichen Leistungsvermögen ernst nehmen: „Achtet und liebet einander!“, lautet knapp und unmissverständlich die Forderung von Hans Küng, dem 1979 vom Papst die kirchliche Lehrbefugnis entzogen wurde. Diese (sport-) ethischen Werte und Normen wiederum basieren fundamental auf dem Prinzip der Humanität und der Regel der Gegenseitigkeit, dem sog. kategorischen Imperativ: „Was Du nicht willst, das man Dir tut, das tue auch nicht den andern“. Eine eindeutige Regel für jeden einzelnen, für jedes Team, für jeden Gegner, für Fans und Funktionäre, für alle Nationen und Völker der Welt ist das allemal. 

Wellnesstempel mit dem Philosophen Wilhelm Schmid

In einer weiteren viel besuchten Veranstaltung beim 30. DEKT, die vom Bielefelder Sportwissenschaftler Prof. Dr. Dietrich Kurz federführend vorbereitet und kenntnisreich moderiert wurde, verwandelte sich die Messehalle 8 kurzzeitig in einen „Wellnesstempel“. Hier referierte u. a. der Berliner Philosoph Prof. Dr. Wilhelm Schmid, Wiederbegründer und renommiertester Vertreter der „Philosophie der Lebenskunst“ in Deutschland, worin auch der Sport mit seinen asketischen Übungen einen hervorragenden Platz hat. Ein Ausgangspunkt der Lebenskunst ist die Sorge um seinen eigenen Körper. Sport ist dann nur in dem Masse zu betreiben, das vom Individuum als angemessen wahrgenommen wird: „Der erwünschten Weiterentwicklung eines humanen Sports könnte dies dienlich sein, und der Sport könnte letztlich zur Kunst, dem Leben Sinn zu geben, beitragen: das Leben so zu gestalten, dass es bejahenswert erscheint“. Wellness als „Kunstform“ von wellbeing und fitness schließt das allemal ein.         

Dr. Detlef Kuhlmann

 

Anzeige

Anzeige