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Tergat und Gebrselassie: Die Rivalen vor einem neuen Zweikampf in London

Artikel des Running News Network - runnn.com

Haile Gebrselassie und Paul Tergat – das ist eine fast einmalige Rivalität in der Leichtathletik und zugleich eine große Freundschaft, die über den Sport hinausgeht und Grenzen überschreitet. Der Äthiopier Gebrselassie und der Kenianer Tergat, zwei der größten Langstreckenläufer aller Zeiten, werden beide am Sonntag beim
Flora London-Marathon antreten. Beide wollen das hochkarätigste Marathonrennen des Jahres zum ersten Mal in ihrer Karriere gewinnen. Seit Mitte der 90er Jahren haben sich die zwei mitreißende Duelle geliefert. Unvergessen ist vor allen der mitreißende Zweikampf um die 10.000-m-Goldmedaille bei den Olympischen Spielen von Sydney 2000, als Haile Gebrselassie am Ende in einer Zentimeter-Entscheidung buchstäblich die Nase vorne hatte.

Gebrselassie, der zweifache 10.000-m-Olympiasieger und vierfache Weltmeister über diese Strecke, und Tergat, der fünffache Cross-Weltmeister und Marathon-Weltrekordler, trafen erstmals bei den Cross-Weltmeisterschaften im März 1993 aufeinander. Am Sonntag kommt es zum ersten Mal seit dem London-Marathon 2003 zum Duell zwischen Tergat und Gebrselassie. Damals triumphierte ein anderer, der ebenfalls am Sonntag im Rennen sein wird: Khalid Khannouchi, heute Amerikaner, damals noch Marokkaner, lief Weltrekord mit 2:05:38 Stunden. Paul Tergat wurde Zweiter, Haile Gebrselassie Dritter. Es war ein seltenes Ergebnis für den Kenianer gegen den Äthiopier: In 25 Duellen siegte Paul Tergat bisher erst dreimal.

„Ich glaube, unsere Rivalität ist gut für den Sport gewesen“, sagt der 37-jährige Paul Tergat. „Diese Rivalität hat sich bei den großen Meisterschaften entwickelt, wenn man für sein Land startet und die Fahne trägt. Wir waren beide zur gleichen Zeit da, Haile und ich. Aber heute ist unser Verhältnis eigentlich so, als ob wir keine Rivalen wären.“ Bei der gemeinsamen Pressekonferenz in London stimmt Haile Gebrselassie dieser Aussage zu: „Heute versuchen wir uns gegenseitig zu helfen, denn es gibt andere, die versuchen uns alte Männer zu schlagen“, sagt der 34-jährige Äthiopier mit einem Blick auf die Startliste. „Aber die jungen Athleten motivieren mich auch dazu, weiter hart zu arbeiten.“

„Paul ist ein Freund, und wenn wir uns sehen, ist es toll. Sport ist eine Sache, die wir beide verstehen. Sport bedeutet, seine Fähigkeiten und Leistungen zu zeigen. Aber abseits des Sports, warum kämpfen? Wir brauchen das nicht.“

Die Freundschaft zwischen diesen beiden großen ostafrikanischen Läufern ist authentisch. Aber, was auch immer sie sagen, sobald die Laufschuhe angezogen werden, herrscht eine angespannte Rivalität. Tergat stellte den noch heute gültigen Weltrekord von 2:04:55 Stunden 2003 in Berlin auf, und es ist kein Geheimnis, dass Gebrselassie ihm diesen gerne abjagen möchte.

Er kam im September nahe heran, als er den Berlin-Marathon in der Jahresweltbestleistung von 2:05:56 Stunden gewann. Trotz seiner zwei Olympiasiege und vier Weltmeistertitel, gibt Gebrselassie zu, dass er weiterhin inspiriert ist durch die Rivalität.

„Ich schaue Paul an und sage, ich möchte den Weltrekord attackieren. Aber dann weiß ich auch, dass er im nächsten Jahr zurück sein würde und versuchen würde, ihn wieder zurückzuholen“, sagt er. „Durch die Stärke von Paul und der anderen Kenianern war ich fähig, so viele Rekorde auf der Bahn zu brechen. Ohne ihn hätte ich das nicht schaffen können. Es ist großartig, und das ist es, was einen hungrig macht. Wenn ich Paul sehe, weiß ich, dass ich noch drei Jahre vor mir habe. Ich sehe wie stark er ist und weiß, dass ich eine Chance habe in der Zukunft.“

Die äthiopische Dominanz bei den direkten Duellen ist sicherlich kein Spiegelbild, wenn man die oft hauchdünnen Entscheidungen kennt, die sie auf der Bahn voneinander trennten. Gebrselassie verwies Tergat nicht weniger als zehnmal auf den zweiten Platz.

Das letzte Mal, als die beiden aufeinander getroffen sind, gab es einen spektakulären Showdown beim London-Marathon 2002: Tergat besiegte Gebrselassie in einem Sprint, doch beide wurden vom Weltrekord brechenden Khalid Khannouchi bezwungen. „Ich bin 2:05 Stunden gelaufen und konnte trotzdem nicht gewinnen,“ sagt Tergat. Diese Erfahrung und Tergats Last-Minute-Rückzug vom London-Marathon im letzten Jahr aufgrund einer Wadenverletzung, haben dem Kenianer noch zusätzliche Motivation gegeben, das Rennen in diesem Jahr zu gewinnen.

„Ich möchte dieses Mal unbedingt gewinnen“, sagt er. „Ich bin schon sehr aufgeregt, ich bin gesund und in guter Form. Dieses Rennen zu gewinnen, ist einer der größten Träume, die ein Top-Athlet haben kann. Aber in einem Marathon kann alles passieren, schau Haile im letzten Jahr an.“

Wenn Tergats Enttäuschung vom letzten Jahr einen Extra-Antrieb für ihn bedeutet, kann das auch für Gebrselassie gelten. Schließlich litt er im letzten Jahr unter dem kalten und nassen Wetter und musste die Führenden auf den letzten Kilometern ziehen lassen. Schließlich kam er als Neunter ins Ziel.

„Letztes Jahr war fürchterlich“, sagt Gebrselassie. „Ich bin mir sicher, dass es dieses Mal gut wird. Im Gegensatz zu den letzten Jahren habe ich aufgehört 10 km und den Halbmarathon zu laufen. Ich konzentriere mich jetzt ganz auf den Marathon.“

„Ich habe hier im letzten Jahr gesessen und erzählt, ich sei in guter Form – meine Vorbereitung war wirklich perfekt. Aber man muss beim Marathon den richtigen Tag erwischen. Sonntag könnte mein Tag sein, aber es könnte auch Pauls Tag sein.“

Es könnte aber natürlich auch, wenn man sich die Startliste mit dem London-Sieger Felix Limo, dem Weltmeister Jaouad Gharib und dem Olympiasieger Stefano Baldini anschaut, der Tag eines ganz anderen werden.

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