Newsarchiv

Newsarchiv

Wenn David Bedford zum Shopping den Alberto BERLIN-MARATHON besucht

LONDON. Die Ausgangslage am Anfang war ungefähr gleich: die

Londoner tranken ihr Pint of Bitter Bier, die Berliner einen französischen

Rotwein. Nach dem Motto, mit etwas Alkohol läuft manches besser. Die

Läufer vom SC Charlottenburg beschlossen dabei vor 35 Jahren, den

Crosslauf ins Leben zu rufen. Aus dieser ersten Laufbewegung entwickelte sich

später auch der BERLIN-MARATHON. Die Athleten der Ranelagh Harriers

erklärten vor 20 Jahren in einem Pub im Londoner Stadtteil Richmond, einen

London-Marathon organisieren zu wollen, obwohl ihr Klub damals noch nicht

einmal weibliche Mitglieder zuließ. Inzwischen sind die beiden Rennen

längst die größten ihrer Art in Europa. Während in der

Metropole an der Themse über 30.000 Starter rennen, rechnen die Berliner

Organisatoren am 26. September mit rund 20.000.

Bier und Wein - das war der erste Unterschied zwischen dem London- und dem

BERLIN-MARATHON. Heute trennen die beiden Veranstaltungen unter anderem auch

fast vier Millionen Mark. Einen Rekordetat von rund 1,5 Millionen Pfund, also

fast 4,5 Millionen DM, soll der ehemalige Weltklasseläufer David Bedford

als Verantwortlicher für den Athletenbereich zur Verfügung gehabt

haben, um beim mit Sponsoren bestens bestückten London-Marathon ein

Elitefeld zusammenzustellen. In Berlin betrug dieser Etat im vergangenen Jahr

etwa 750.000 DM. Das Geld, das Bedford für die Topathleten ausgibt,

würde bei Cheforganisator Horst Milde problemlos für die gesamte

Veranstaltung reichen.

Kein Wunder, daß in London ein großes Potential von

Weltklasseläufern an den Start geht. Jon Brown, der britische

Hoffnungsträger, steht mit seiner Meinung nicht alleine da, wenn er sagt:

"Das Feld in Sydney im nächsten Jahr wird in der Spitze nicht besser

besetzt sein." Und António Pinto, der Portugiese, der sowohl in

London als auch in Berlin schon gewonnen hat, meint: "Es ist wie eine Art

Mini-Olympia. Wenn man hier gewinnt, ist man die Nummer eins der Welt." In

der Tat hat es David Bedford geschafft, die Besetzung von Jahr zu Jahr noch

spektakulärer zu gestalten.

Nur eines haben die Londoner seit 1985 nicht mehr gesehen: Eine echte

Weltbestzeit auf ihrer Strecke. Da halfen bislang selbst die größten

finanziellen Anstrengungen und die Verpflichtung der prominentesten Namen des

Marathonlaufes nichts. Verkehrte Welt möchte man meinen, denn: In Berlin

lief der Sieger in den letzten fünf Jahren immer schneller als in London.

Und als Krönung stellte der Brasilianer Ronaldo da Costa im vergangenen

Jahr mit 2:06:05 Stunden sogar eine Weltbestzeit auf. Während die

Engländer die Stars einkaufen, laufen Newcomer, aber auch Athleten, die

ihre persönliche Bestzeit und damit auch ihren Marktwert steigern wollen,

am liebsten in Berlin. Denn die Strecke ist extrem flach und daher sehr

schnell, das Wetter meistens gut. Zwei Punkte, die für Berlin sprechen -

und die sich herumgesprochen haben. Da verzichtet der eine oder andere, wenn er

nicht gerade Olympiasieger oder Weltrekordler ist, auch einmal auf einige

zehntausend Dollar Startgeld.

Die Londoner Organisatoren um Bedford und Race-Director Alan Storey kommen

übrigens gerne nach Berlin. Und sie kaufen hier gut ein. Sieger Ronaldo da

Costa und der zweitplazierte Josephat Kiprono (Kenia) schafften im vergangenen

September den Durchbruch und verdienen nun in London ein mehrfaches. Catherina

McKiernan (Irland) gewann 1997 den BERLIN-MARATHON und im nächsten

Frühjahr in London. Es gibt noch weitere Beispiele. Der größte

deutsche Marathon ist ein gutes Sprungbrett für die Athleten.

Doch nicht nur in punkto Klasse, auch bei der Masse sind die Engländer

um Längen voraus. Der London-Marathon könnte mindestens doppelt so

groß sein - derart riesig ist das Interesse in Großbritannien, bei

diesem Ereignis dabei zu sein. Rund 90.000 Läufer meldeten sich an. Knapp

die Hälfte von ihnen wurde nach einer Lotterie mit einer Startnummer

bedient, der Rest geht leer aus. Die Polizei limitiert die Starterzahl, weil

ansonsten ein noch größeres Verkehrschaos befürchtet wird. Die

hohen Zahlen erklären sich mit einem größeren Interesse der

Briten am Laufsport, aber auch mit einer größeren Tradition. Der

London-Marathon wird zudem im ganzen Land akzeptiert als das Laufsportereignis

schlechthin. Die Berliner haben dagegen als größter und

bedeutendster deutscher Marathonlauf auch mit Neid und Mißgunst zu

kämpfen.

Um möglicherweise sinkende Starterzahlen brauchen sich die Londoner

nicht kümmern. Jedes Jahr lassen sie die Zahlen leicht steigen, so

daß es am Ende als schönen Nebeneffekt meist einen neuen Rekord von

Läufern im Ziel zu vermelden gibt. Ganz anders sieht das in Berlin aus.

Daß beim 25. Alberto BERLIN-MARATHON im vergangenen Jahr inklusive

Inline-Skater über 27.000 Starter gezählt wurden, hängt auch

damit zusammen, daß über ein Jahr hinweg mit unglaublichem

personellen Aufwand für das Jubiläum geworben wurde.

Bei Rennen in aller Welt verteilen die ehrenamtlich tätigen Berliner

Informationsmaterial und den Meldezettel für ihren Marathon, der in den

verschiedensten Sprachen zu haben ist, sogar auf Japanisch. Eine Veranstaltung

wie der London- oder der New-York-Marathon hat auch für Horst Milde und

Co. erstaunliche Dimensionen. In die britische Metropole reisten sie zu viert

mit rund 200 Kilogramm Informationsmaterial im Gepäck. Auf einem eigens

gemieteten Stand im Rahmen der Startnummernausgabe wurden etliche tausend

Blätter dann an vier Tagen verteilt. Und Horst Milde, selbst in London vor

Ort, stellt fest: "Das Interesse am Alberto BERLIN-MARATHON ist

groß. Durch den Weltrekord ist unser Lauf noch mehr zu einem Begriff

geworden." In einem anderen Punkt haben die Berliner, deren

Organisationsstruktur aus finanziellen Gründen noch auf viel mehr

ehrenamtliche Tätigkeit angewiesen ist als die in London, nach Jahren mit

den Briten gleichgezogen: Auch Cheforganisator Horst Milde hat seit kurzem ein

Handy.

 

Anzeige

Anzeige