Wer konnte es den Akteuren verdenken? Die unerwartete Hitzewelle ließ
im einstigen Leichtathletik-Mekka Oberwerth in Koblenz allenfalls
Badefreuden aufkommen, keineswegs aber engagierte, von der ersten Runde
an ambitionierte Titeljäger auf der Jagd nach guten Endzeiten und
Qualifikationsresultaten für die internationalen Saisonhöhepunkte.
Unter derartigen Voraussetzungen sind die Leistungen von Sabrina
Mockenhaupt und Jan Fitschen bzw. der hartnäckig um Anschluss bemühten
späteren Juniorenmeister Eva-Maria Stöwer und André Pollmächer
allenfalls für die Rubrik „Meistertafel“ von Interesse, die vielmals
zitierte Chance auf gute Endzeiten müssen die Akteure jedenfalls nun
bei einer späteren Gelegenheit suchen. „Die Gelegenheiten dazu sind
allerdings sehr spärlich gesät“, kommentierte
Langstrecken-Bundestrainer Detlef Uhlemann die Hoffnung auf eine
„zweite Chance“.
Bei den Rahmenbedingungen der Meisterschaftsrennen auf Oberwerth hatte
sich Uhlemann im Verbund mit Cheftrainer Jürgen Mallow vergeblich um
eine Verlegung des an sich großzügig gestalteten Zeitplanes bemüht.
„Wir sind an den Einwänden der örtlichen Wettkampfleitung gescheitert.
Das darf und kann künftig nicht mehr sein! Der Leistungssport muss hier
mehr Einfluss erhalten“ mussten letztlich die im Laufbereich
verantwortlichen Leistungssport-Experten resignierend erkennen.
In einem Punkt konnten sich Mallow und Uhlemann erfolgreich
durchsetzen, der 5000 m-Wettbewerb der Mädchen wurde ans Ende der
Veranstaltung gesetzt – und leider nahezu unter Ausschluss der
Öffentlichkeit durchgeführt.
„DM im Paarlaufen“
Mockenhaupt und Stöwer, Fitschen und Pollmächer hießen letztlich die
spannenden Duelle in der Endphase der beiden auf 25 Runden angesetzten
Bummelrennen, so dass Detlef Uhlemann lachend von einer „DM im
Paarlaufen“ sprechen konnte. Allerdings sorgte sich Sabrina Mockenhaupt
eher fürsorglich um die 20jährige Eva-Maria Stöwer, nahm die couragiert
mitlaufende Hochsauerländerin schon frühzeitig in den Schlepp an der
Spitze der auseinander gerissenen Spitzengruppe, versorgte sie mit dem
kühlenden Schwämmen und hatte am Ende noch genügend Power, um mit einer
famosen 66er Schlussrunde noch eine Galavorstellung für die Zuschauer
abzuliefern. „Das Rennen war im Prinzip einfach für mich“ gestand
„Mocki“ vor laufenden TV-Kameras, „obwohl man die Hitze nicht
unterschätzen sollte. Und zur Renngestaltung: „Aber bevor ich alleine
an der Spitze herumtingele, da helfe ich lieber einer jungen Läuferin
wie Eva-Maria, die einfach ein Klasse Rennen gelaufen ist!“ Und diese
gab, zwar völlig ausgelaugt, die Glückwünsche postwendend zurück: „Das
war toll von Sabrina, wie sie mir geholfen hatte. Ich hätte zwar gerne
die eine oder andere Runde mehr geführt, aber es ging einfach nicht!“
Mocki’s Shoppingtour in Berlin mit fast tragischem Ende
Sabrina Mockenhaupt war angesichts einer leichten Rippenprellung, die
sie sich nach ihrem Sieg beim 22. AVON-Frauenlauf in Berlin bei einem
Einkaufsbummel zugezogen hatte, als eine Autofahrerin die unaufmerksam
eine Straße überquerende „Mocki“ auf die Motorhaube genommen hatte,
keineswegs unzufrieden mit der geringen Gegenwehr der Konkurrenz. „Wenn
ich überlege, dass meine Unaufmerksamkeit in Berlin fast das
Karriereende hätte bedeuten können, dann bin ich einfach nur froh
darüber, dass ich heute praktisch keine Konkurrenz hatte.
Das war in Borna noch anders, denn dort galt Irina Mikitenko als klare
Favoritin und ich die Herausforderin“. Inzwischen hat sie
gelernt, mit der Favoritenrolle als „everybody’s darling“
geschickt und sympathisch umzugehen.
Junior André Pollmächer fordert Jan Fitschen zur Höchstleistung heraus
„Zäh“, kommentierte Jan Fitschen den Rennverlauf der Männer,
schließlich war eine sechs- teilweise auch achtköpfige Spitze deutlich
über einer 30-Minuten-Endzeit unterwegs. „Ich hätte es gerne etwas
schneller gehabt, aber alleine kann ich es auch nicht. Zumal es eher
ein Test auf eine Überdistanz hatte sein sollen“. Nach fast
zweijähriger Abstinenz ist der Wattenscheider nun wieder ordentlich
zurück, bestens gerüstet zum DM-Heimspiel. „Da möchte ich ganz oben
stehen!“
Fitschens Taktieren wurde zum Ärgernis für Junior André Pollmächer, der
sich bereits bei der European Challenge in Barakaldo die Teilnahme bei
der U 23-EM in Erfurt sichern konnte. „Ich wurde immer wieder von den
fast zehn Jahre älteren Konkurrenten zum Tempomachen aufgefordert! Das
kann doch auch nicht sein!“ Als es letztlich zum finalen Show-down kam,
gelang Jan Fitschen erst dank drei 60-Sekunden-Runden der Sprung auf
das Meistertreppchen.
Beleg für die Kampfstärke und das Selbstvertrauen, das der Chemnitzer
im Oberwerth-Stadion offenbarte. Gegen diese Tempohärte musste
Vorjahresmeister Oliver Dietz ebenso kapitulieren wie Embaye Hedrit,
der wie im Vorjahr nur Vierter wurde.
Staffeltitel an die Erfurter Mittelstreckler
Die beiden Staffelentscheidungen des Abends gingen an den LC
ThüringenGas Erfurt und das Trainergespann Dieter Herrmann und Dieter
Fromm. Während Kathrin Trauth in Abwesenheit der Watterscheider Staffel
(mit Monika Gratzki und Janina Goldfuß) schon frühzeitig das Rennen
entscheiden konnte, musste Stephan Eberhardt nach seinem glänzenden
Auftritt am Vortag in Dessau bis auf die Ziellinie um den Titel bangen.
Die Dortmunder mit Steffen Co als Schlussläufer erwiesen sich als die
erwartet schweren Gegner. Mit sechs Hundertstel Vorsprung fiel die
Entscheidung ähnlich knapp aus wie im Vorjahr, als die Erfurter um die
Winzigkeit von einem Hundertstel gegen Pirna unterlagen. Großer Jubel
im Team der Gerolsteiner LGV, die mit Schlussläufer Marc Kowalinski
sogar bis wenige Meter noch nach den Gold greifen durften, dann aber
noch auf Rang drei abgedrängt wurden. „Das ist doch für unseren kleinen
Verein ein super Erfolg“, freute sich ohne Wenn und Aber der
GLV-Schlussläufer im Ziel.
Wilfried Raatz
Deutsche Meisterschaften 10 000 m/ 5000 m und Staffeln -
Koblenz/ Stadion Oberwerth (28. Mai 2005)
Ergebnisse:
Männer/ Junioren: 10 000 m:1. Jan Fitschen (TV Wattenscheid) 29.55,44,
2. André Pollmächer (LAC Erdgas Chemnitz) 29:59,52 (1. Jun), 3. Oliver
Dietz (LG Braunschweig) 30:08,77, 4. Embaye Hedrit (LG Braunschweig)
30:12,58, 5. Stefan Koch (TV Wattenscheid) 30:13,27 (2. Jun), 6.
Sebastian Hallmann (LAV ASICS Tübingen) 30.18,66, 7. Carsten Wenzek
(SSC Hanau/Rodenbach) 30:52,01, 8. Dennis Pyka (LG Domspitzmilch
Regensburg) 31:02,86, 9. Tom Scharff (Schweriner SC) 31:08,10 (3. Jun),
10. Oliver Uhlig (SC DHfK Leipzig) 31:14,32.
3 x 1000 m:1. LC ThürngenGas Erfurt (Moormann, Freimann, Eberhardt)
7:17,92, 2. LG Olympia Dortmund (Chayriguet, Varnhagen, Co) 7:17,98, 3.
Gerolsteiner LGV (Pfeil, Schuff, Kowalinski) 7:18,71, 4. LC ASICS
Rehlingen 7:19,96, 5. LAC Berlin 7:20,33, 6. LG Braunschweig 7:22,93,
7. LAV ASICS Tübingen 7:23,00, 8. TSG Heilbronn 7:24,03.
Frauen/ Juniorinnen: 10 000 m:1. Sabrina Mockenhaupt (LG Sieg)
34:36,43, 2. Eva-Maria Stöwer (LAC Veltins Hochsauerland) 35:02,95 (1.
Jun), 3. Michaela Schedler (Post-Sport Telekom Trier) 35:10,05, 4.
Andrea Stengel (LG Domspitzmilch Regensburg) 36:32,46, 5. Simret Restle
(TuS Eintracht Wiesbaden) 36:36,80 (2. Jun), 6. Veronika Ulrich (LG
Neu-Isenburg-Heusenstamm) 36:56,42, 7. Fakja Hofmann (LG Domspitzmilch
Regensburg) 37:22,50, 8. Christine Schleifer (LV Biet) 37:26,24 (3.
Jun).
3 x 800 m:1. LC ThüringenGas Erfurt (Klose, Trauth, Hartmann) 6:27,65,
2. TSV Bayer Leverkusen (Janssen, Bühler, de Haan) 6:32,35, 3. LAC
Quelle Fürth/ München/ Würzburg (Hiller, Schnurrenberger, Becker)
6:35,37, 4. USC Mainz 6:39,31, 5. LT DSHS Köln 6:45,51, 6. LG
Domspitzmilch Regensburg 6:45,96, 7. TSG Bergedorf 6:46,50, 8. LG
Nordheide 6:49,46.
Weibliche Jugend: 5000 m:1. Susi Lutz (LG Domspitzmilch Regesnburg)
17:17,06, 2. Daniela Oemus (LC Dübener Heide) 17:30,06, 3. Rhea Richter
(LG MTV/ Gut-Heil Itzehoe) 17:31,21, 4. Jana Bürgelt (Dresdner SC)
17:43,28, 5. Lara Belke (LAC Veltins Hochsauerland) 17:53,08, 6.Anna
Chase (TSV Bayer Leverkusen) 18:01,54, 7. Maria Müller (Schweriner SC)
18:09,15, 8. Annika Reinartz (LAZ Puma Troisdorf/ Siegburg) 18:16,80.
wira