Die Frauen haben bei der 103. Auflage des Boston-Marathons zum wiederholten
Male für die höherklassigen Ergebnisse gesorgt. Dabei trat die
Olympiasiegerin Fatuma Roba (Äthiopien) in die Fußstapfen von Uta
Pippig, der aufgrund der andauernden Suspendierung durch den Deutschen
Leichtathletik-Verband nur die Rolle der Co-Kommentatorin bei einem
US-Fernsehsender blieb. Die Berlinerin hatte zwischen 1994 und '96 das
prestigeträchtigte Rennen dreimal in Folge gewonnen, Roba schaffte dies
nun ebenfalls. Die Äthiopierin siegte bei warmen Temperaturen zwischen 15
und 18 Grad sowie einem leichten Rückenwind in erstklassigen 2:23:25
Stunden. Damit war sie nur vier Sekunden langsamer als ein Jahr zuvor. Deutlich
langsamer waren dagegen die Spitzenzeiten der Männer. Dabei feierte der
Vorjahreszweite Joseph Chebet (Kenia) in 2:09:52 Stunden seinen ersten
großen Marathonsieg. Der 28jährige war der einzige, der unter 2:10
Stunden blieb, während im vergangenen Jahr noch jeweils drei Läufer
unter 2:08 und drei unter 2:09 gelaufen waren. Die beiden Sieger kassierten mit
jeweils 80.000 Dollar die höchste Siegprämie bei einem Marathonlauf.
Zeitprämien gibt es in Boston nicht - lediglich Rekordgelder, die aber
nicht anfielen. Insgesamt starteten rund 12.600 Läufer in Hopkinton, von
wo der leicht abfallende, aber aufgrund diverser Hügel schwer zu laufende
Kurs nach Boston führt. 11.293 Athleten wurden im Ziel registriert.
Bei den Männern war schon zu einem frühen Zeitpunkt des Rennens
klar, daß Weltspitzenzeiten dieses Mal kaum möglich sein
würden. Trotz der anfangs leicht abfallenden Strecke waren die 5- und
10-km-Zwischenzeiten mit 15:45 beziehungsweise 31:27 Minuten regelrecht
langsam. Die nächsten 10 km wurden etwas schneller absolviert, die
Hälfte war nach 65:29 Minuten erreicht, doch erst nach der 25-km-Marke
wurde es interessant. Der 30jährige Silvio Guerra (Equador) übernahm
die Fürhung und löste sich von der Spitzengruppe, in der neben dem
späteren Sieger Chebet auch der New-York-Marathon-Sieger John Kagwe
(Kenia) lief. "Die erste Hälfte des Rennens war nicht so schnell.
Deswegen fühlte ich mich gut und steigerte das Tempo", erzählte
Silvio Guerra später. Fast zehn Kilometer führte Guerra, der erst
seinen vierten Marathon lief und in Boulder trainierte. Doch dann kam Chebet
wieder heran und ging vorbei. "Ich war ein bißchen beunruhigt
aufgrund der Führung von Guerra", erzählte Chebet. "Mein
Tempo war etwas langsamer als letztes Jahr. Aber es ging mir einfach nur darum,
die anderen zu überholen und zu gewinnen", sagte Chebet, der auf den
letzten Kilometern noch fast eine halbe Minute Vorsprung herauslief. Nach
zweiten Plätzen in Boston und New York 1998 glaubt Chebet, daß er
mit diesem Triumph seinen Stellenwert in Kenia verbessert hat. Guerra blieben
für Rang zwei in 2:10:19 noch 40.000 Dollar Prämie. "Bei 20
Meilen bekam ich Blasen, deswegen verlangsamte ich mein Tempo etwas",
sagte Guerra. Die Ränge drei und vier gingen an die beiden
Südafrikaner Frank Pooe (2:11:37) und Abner Chipu (2:12:46), die ein
gleichmäßiges Tempo liefen. Vorjahressieger Moses Tanui (Kenia) gab
nach Kilometer 30 auf.
Bei den Frauen sorgte während der ersten Hälfte des Rennens eine
Chinesin für Aufmerksamkeit: Mit einer Bestzeit von 2:25:45 Stunden war
Sun Yingjie zu ihrem ersten ausländischen Start gereist. Mit einer
5-km-Durchgangszeit von 15:59 Minuten lag sie dabei nur 13 Sekunden hinter der
Männer-Spitze. Und ihr Vorsprung vor Fatuma Roba betrug zeitweise sogar
über eine Minute. Nach 32:31 war sie 10 km gelaufen, doch bald wurden die
Abstände kleiner. "Ich hatte keine Angst vor der Chinesin, entschied
mich aber, das Tempo zu steigern", sagte Roba, neben der bis fast
Kilometer 30 noch die Kenianerin Catherine Ndereba lief. Beim Halbmarathon
führte Sun Yingjie noch mit sechs Sekunden (1:10:21 Stunden), doch dann
brach sie bald ein und wurde letztlich nur noch Elfte (2:37:11), einen Platz
vor Marathon-Neuling Lynn Jennings (USA/2:38:37). "Ich war sehr müde,
aber die Fahnen haben mir Auftrieb gegeben", kommentierte Roba die
Unterstützung fahnenschwenkender Landsleute. Eine starke Leistung zeigte
die zweitplazierte New-York-Marathon-Siegerin von 1997, Franziska Rochat-Moser
(Schweiz), die sich auf 2:25:51 Stunden verbesserte. Sie lief zeitweise
zusammen mit der drittplazierten Yuko Arimori (Japan/2:26:39).
Ergebnisse, Männer: 1. Joseph Chebet (Ken) 2:09:52, 2. Silvio Guerra
(Ecu) 2:10:19, 3. Frank Pooe (RSA) 2:11:37, 4. Abner Chipu (RSA) 2:12:46, 5.
John Kagwe (Ken) 2:13:58, 6. Peter Githuka (Ken) 2:14:04, 7. Andrej Kuznetsow
(Rus) 2:14:20, 8. Jose Luis Molina (USA) 2:14:27, 9. Ruben Maza (Ven) 2:14:41,
10. Julius Ondieki (Ken) 2:15:28, 11. Masaki Oya (Jpn) 2:15:45, 12. Joshua
Kipkemboi (Ken) 2:15:56, 13. Joseph LeMay (USA) 2:16:11, 14. Franklin Tenorio
(Ecu) 2:16:32, 15. Luka Kibet (Ken) 2:17:50, 16. Isaac Garcia (Mex) 2:18:14,
17. Andres Espinosa (Mex) 2:18:47, 18. Rod DeHaven (USA) 2:19:23, 19. Joseph
McVeigh (USA) 2:20:21, 20. Tesfaye Bekele (Eth) 2:21:20, ... 25. Heiko
Schinkitz (Chemnitz) 2:24:22. Frauen: 1. Fatuma Roba (Eth) 2:23:25, 2.
Franziska Rochat-Moser (Sui) 2:25:51, 3. Yuko Arimori (Jpn) 2:26:39, 4. Collen
de Reuck (RSA) 2:27:54, 5. Martha Tenorio (Ecu) 2:27:58, 6. Catherine Ndereba
(Ken) 2:28:27, 7. Ludmila Petrowa (Rus) 2:29:13, 8. Mitsuko Sugihara (Jpn)
2:30:34, 9. Renata Paradowska (Pol) 2:31:41, 10. Anuta Catuna (Rom) 2:33:49,
11. Sun Yingjie (Chn) 2:37:11, 12. Lynn Jennings (USA) 2:38:37, 13. Julia
Kirtland (USA) 2:39:45, 14. Josette Colomb-Janin (Fra) 2:40:36, 15. Danuta
Bartoszek (Can) 2:43:18, 16. Maki Nakagawa (Jpn) 2:43:28.