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3. Berglauf-Europameisterschaften im polnischen Korbielow

Anna Pichrtova vor Andrea Mayr bei den Frauen Deutsche Teams jeweils

Elfte – Helmut Schiessl und Stefanie Buss beste Einzelstarter im

DLV-Team

Der weltbeste Bergläufer auf Bergauf-bergab-Strecken Marco de Gasperi

holte sich neun Monate nach dem Sieg beim Weltchampionat in Girdwood/ Alaska

auch den Europameistertitel im polnischen Korbielow nahe der slowakischen

Grenze. Mit dem Österreicher Florian Heinzle und dem Italiener Marco

Gaiardo gab es auf den weiteren Medaillenrängen die gleiche Platzierung

wie zuvor schon in Alaska.

Bei den Frauen setzte sich mit der in Athen im olympischen Marathon

startenden Anna Pichrtova die erklärte Favoritin durch, die mit über

eineinhalb Minuten Vorsprung vor der Wienerin Andrea Mayr und der Italienerin

Rosita Rota Gelpi eindrucksvoll ihren ersten Berglauftitel gewinnen

konnte.

Für die deutschen Läufer gab es auf dem schnellen

Bergauf-bergab-Parcours wenig zu holen, zumal das Laufen im

Bergauf-bergab-Gelände in Deutschland aus Verletzungsgründen nicht

forciert wird. Trotz geringer Praxis wussten sich Helmut Schiessl und Stefanie

Buss auf den Rängen elf bzw. vierzehn dennoch unter Europas Besten zu

behaupten.be<

„Berglaufen ist eine phantastische Facette der

Leichtathletik“, zeigte sich die EAA-Vizepräsidentin Erika Strasser

begeistert, „mit der Teilnahme von 24 Nationen können wir

hier einen wunderbaren Fortschritt erkennen. Jedoch brauchen wir für diese

Sportart Berge, und diese liegen zumeist nicht direkt

verkehrsgünstig!“

Und damit riss die Repräsentantin des Europäischen

Leichtathletik-Verbandes aber auch schon einen wunden Punkt an, denn das

kleine, überaus beschaulich wirkende Korbielow liegt 110 Kilometer von

Krakau entfernt, eine Distanz, die auf den schmalen polnischen

Landstraßen in gerade einmal zweieinhalb Stunden per Auto erreichbar ist.

Ein weiteres Manko ist zudem, dass Korbielow kaum Hotels mit ansprechendem

Standard verfügt, eine Infrastruktur nahezu komplett fehlt und auch in der

kleinen Ortschaft wohl eher aus Kostengründen nicht einmal zu einem

Minimal-Fahnenschmuck durchringen konnte. Der ortsansässige Organisator

Klub Sportowy Diament mit Andrzej Puchacz konnte sich bei seinen gewiss

umfangreichen Bemühungen nicht einmal auf den polnischen

Leichtathletik-Verband stützen, die den Berglauf komplett links liegen

lassen und sogar zum gleichen Zeitpunkt ihre nationalen Meisterschaften

durchführten.

„Wir müssen das Drumherum verbessern“,

kritisierte die EAA-Berglauf-Chefin Erika Strasser die überaus

beschauliche Atmosphäre, die manch anderer verschärft als

„Bergturnfest“ betitelte. „Wir müssen den Berglauf aus

dem äußerst familiären Charakter heraus bringen, andere

Sportarten machen uns vor, wie dieses auszusehen hat. Unsere Veranstalter sind

zu konservativ!“

Und die österreichische Spitzenfunktionärin denkt an die Einbindung

namhafter Skiorte wie Davos, St. Moritz, Chamonix oder gar auch Zakopane, sieht

angesichts der desolaten Präsentation sogar den Status

Europameisterschaften höchst gefährdet. Hinter vorgehaltener Hand

dürfte deshalb auf Heiligenblut am Großglockner eine überaus

schwere Hypothek lasten, denn nach den Titelkämpfen 2005 in Kärnten

wird der Europäische Leichtathletik-Verband über den Verbleib des

Wettbewerbes Berglauf im Meisterschaftskalender entscheiden.

„Wir werden eine Super Veranstaltung hinlegen“,

darin ist sich Erika Strasser mit den Großglockner-Organisatoren um Heidi

Pichler und Claudia Reibnegger sicher, denn mit rund 1000 Startern wird der

Großglockner-Berglauf bereits 2004 als eines der Topevents weltweit

gehandelt.

Doch zurück zum Championat 2004 in Korbielow. Die Wettkampfstrecke

wurde an den Pilsko-Hängen, des mit 1557 m dritthöchsten Berges des

Beskid Zywiecki-Gebirges, angelegt und fand nicht bei allen Athleten ungeteilte

Zustimmung. Für Marco de Gasperi war die Strecke „gefährlich

und nicht technisch anspruchsvoll“, wie er immer wieder befand. Der Drei-

bzw. Vier-Runden-Kurs hatte durch die selektiven Rampen und langen

Gefällstücken gewiss seine Schwierigkeiten. Und hier setzten sich mit

de Gasperi, Heinzle, Gaiardo, Pichrtova und Co. die namhaften

Leistungsträger eindrucksvoll in Szene, so dass Überraschungen

weitgehend ausblieben.

Die einzige vielleicht, dass sich die Österreicher inzwischen sogar mit

dem früher ungeliebten Bergauf-bergablaufen anzufreunden wussten, denn nur

so sind die drei Silbermedaillen für die rot-weiss-rote Alpenrepublik zu

erklären. Als Junior Spitze, als Senior ebenso. So präsentiert sich

der 22jährige Florian Heinzle aus Dornbirn. In kämpferischer Manier

konnte er sogar Europameister Marco Gaiardo niederringen. „Ich musste

uphill kämpfen, um nicht den Kontakt zu verlieren. Bergab habe ich es dann

gerichtet“ freute sich der Dornbirner über Silber. Zuvor hatte

bereits Andrea Mayr hinter der überragenden Tschechin Anna Pichrtova

Silber gewonnen. „Das war einfach super!“ gestand die

24jährige Ärztin. „Es ist einfach irrsinnig gelaufen. Aber

gegen Anna hatte ich bergab null Chancen!“ Für die Wienerin mit dem

Berufswunsch, nach dem Hochleistungssport in der Nuklearmedizin Fuß zu

fassen, ist die Vizeeuropameisterschaft ein weiterer Meilenstein einer

wundervollen Karriere, denn bereits vor wenigen Wochen landete sie auf Rang

vier der Duathlon-WM in Belgien. „Das habe ich Christiane Soeder zu

verdanken“, klärte die hochgewachsene Wienerin auf, „denn sie

wohnt mit Bernhard Richter, einem früheren Top-Mittelstreckler nur rund

einen Kilometer von mir entfernt und hat mir die Trainingspläne

geschrieben“. Und mit Blick in die nahe Zukunft: „Eigentlich

müsste ich jetzt aufhören, wenn ich im Beruf Fuß fassen

möchte. Aber Heiligenblut ist schon eine Herausforderung – da muss

ich einfach dabei sein!“

Im bestbesetzten Männerfeld hatte der Deutsche Meister Helmut

Schiessl letztlich keine Chance. Nicht zuletzt, weil der Buchenberger

eher ein Kletterer ist und auf den langen Bergaufstücken zuhause ist. Und

diese waren in Korbielow eher Mangelware, weil es immer wieder die Skipiste in

gleicher Länge hinunter ging. Als Elfter verpasste er die angestrebte

„top ten“-Platzierung nur um einen Rang und unterstrich damit

dennoch eindrucksvoll seine Zugehörigkeit zur Berglaufelite. Mit Markus

Jenne und dem „auf Schnupperkurs“ befindlichen früheren

Hindernisläufer Andre Green als Flachländler landete das DLV-Team

ebenso auf Rang elf wie zuvor schon die Frauen. Hier hatte sich Stefanie Buss

als Vierzehnte ebenso ordentlich platziert wie Kerstin Harbich als 24. Mit Lisa

Reisinger (52.) und Markus Enders (46.) hatten die DLV-Verantwortlichen

Wolfgang Münzel und Franz Geigl übrigens den eingeschlagenen Weg,

junge Läufer im Nationalteam zu etablieren, konsequent fortgesetzt. Mit

Timo Zeiler fehlte übrigens ein weiterer Hoffnungsträger wegen

Verletzung, der bereits in Alaska zu überzeugen wusste.

3. Berglauf-Europameisterschaften Korbielow/ Polen

(4.7.):

Männer (10,3 km/ HD 840 m):

1. Marco de Gasperi (Ita) 44:06, 2. Florian Heinzle (Aut) 45:05, 3. Marco

Gaiardo (Ita) 45:10, 4. Robert Krupicka (Cze) 45:17, 5. Selehattin Selcuk (Tur)

45:56, 6. Alessio Rinaldi (Ita) 46:01, 7. Raymond Fontaine (Fra) 46:07, 8.

Alexis Gex-Fabri (Sui) 46:10 …. 11. Helmut Schiessl (Ger/ TSV

Buchenberg) 46:35, 25. Markus Jenne (Ger/ USC Freiburg) 48:13, 42. Andre Green

(Ger/ LG Wedel-Pinneberg) 49:52, 46. Markus Enders (Ger/ SV Frankenheim) 50:04

– Mannschaften: 1. Italien (de Gasperi, Gaiardo, Rinaldi) 10, 2.

Groß-Britannien (Brown, Jones, Davies) 49, 3. Schweiz (Gex-Fabry, Ancay,

Epiney) 51, 4. Tschechische Republik 51, 5. Slowenien 53, 6. Frankreich 63, 7.

Spanien 64, 8. Österreich 64, 9. Türkei 66, 10. Portugal 68, 11.

Deutschland (Schiessl, Jenne, Green) 78, 12. Polen 105.

Frauen (7,2 km/ HD 600 m): 1. Anna Pichrtova (Cze) 34:50,

2. Andrea Mayr (Aut) 36:27, 3. Rosita Rota Gelpi (Ita) 36:43, 4. Isabelle

Guillot (Fra) 36:56, 5. Izabela Zatorska (Pol) 37:06, 6. Tracey Brindley (Gbr)

37:37, 7. Antonella Confortola (Ita) 37:44, 8. Flavia Gaviglio (Ita) 38:18

… 14. Stefanie Buss (Ger/ ASC Rosellen Neuss) 38:57, 24. Kerstin Harbich

(Ger/ TSV Oberstaufen) 40:23, 52. Lisa Reisinger (Ger/ SSC Hanau-Rodenbach)

46:01, 61. Tanja Schmidt (Ger/ LC Saucony Saar) 50:05 – Mannschaften: 1.

Italien (Rota Gelpi, Confortola, Gaviglio) 18, 2. Österreich (Mayr,

Rausch, Baumann) 31, 3. Groß-Britannien (Brindley, Wilson, Hargreaves)

37, 4. Frankreich 45, 5. Schweiz 51, 6. Tschechische Republik 59, 7. Slowenien

60, 8. Türkei 80, 9. Portugal 84, 10. Polen 88, 11. Deutschland (Buss,

Harbich, Reisinger) 90.

Wilfried Raatz

 

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