Elf Bergläufe hat der weltbeste Bergläufer Jonathan Wyatt in diesem
Sommer in Folge, darunter auch die inoffizielle Weltmeisterschaft in Innsbruck
sowie die Berglauf-Grand Prix-Finalläufe am Hochfelln in Bergen und in
Ljubljana vor wenigen Tagen erst gewinnen können - das zwölfte Rennen
auf seiner dreimonatigen Europatour auf dem flachen Stadtkurs in München
ging ebenfalls an den 30jährigen Neuseeländer.
Allerdings betrug die Distanz olympische 42,195 km und verrät letztlich
den absoluten Könner der Materie. Allerdings wurde es dem
Berglaufkönig und Marathon-Sechsten der Commonwealth-Games beim dritten
"medien.marathon.münchen" auch leicht gemacht. Denn
Münchens Marathon-Chef Gernot Weigl setzt nach dem finanziellen 100 000
Euro-Defizit der Premierenveranstaltung ausschließlich auf "local
heroes".
Dieses neue Konzept wäre fast einhundertprozentig aufgegangen,
wäre nicht in letzter Minute noch das "Schnäppchen" Wyatt
unter den insgesamt 8 876 Meldungen (7 400 letztlich am Start) gelungen, der
das Feld in der weiss-blauen Landeshauptstadt letztlich fleißig
aufgemischt hatte. Mit 2:23:19 Minuten sorgte dann auch der Neuseeländer
für den aus der Berglaufszene gewohnten Vorsprung vor Anton Gröschl
aus Rosenheim, der als 43jähriger mit neuem Hausrekord von 2:26:54
plötzlich im ungewohnten Rampenlicht stand. Mitfavorit Dirk Schinkoreit
kam trotz einer schmerzhaften Hüftprellung, die er sich bereits nach
zwölf Kilometer auf der Leopoldstraße nach einer klassischen
(unbeabsichtigten) Fußangel von Jonathan Wyatt eingefangen hatte, auf
Rang drei ins Ziel.
"Ich hätte etwas verpasst, wenn ich nach diesem Sturz vorzeitig
ausgestiegen wäre", bekannte der Cottbuser, der bedingt durch
Diplomprüfungen im Wirtschaftsinformatik-Studium gewiss mit Defiziten ins
Rennen gegangen war. "Der beste Weg, einen Marathonlauf zu beenden"
lobte auch Jonathan Wyatt den beeindruckenden Einlauf ins Olympiastadion.
Sprecher Peter Maisenbacher und Bayern3-Moderator Matthias Mattuschek heitzten
nämlich mit aktuellen Tophits und Disco-Nebel die vielen Zuschauer im
weiten Rund mächtig an, sodass das Ziel im Olympiastadion für alle
Finisher zum absoluten Höhepunkt wurde. Tränen in den Augen hatte
dabei auch die Amberger Triathletin Silke Fersch, die trotz Ironman-Erfahrungen
von dieser stimmungsvollen Kulisse regelrecht überwältigt wirkte, als
sie mit 2:46:18 die Frauenwertung gewinnen konnte.
Natürlich lassen sich die statistischen Eckdaten keineswegs vergleichen
mit den anderer deutscher Stadtmarathonläufe. Vielleicht ist auch
München ein besonderes "Pflaster", das den
Fun-und-Spaß-Faktor favorisiert. Allerdings dürfte aber auch nach
den Erfolgen der Leichtathletik-Europameisterschaften eines klar sein, ein
derartig begeisterungsfähiges Publikum braucht einen Klassemarathon, denn
sonst könnte der Schwung rasch wieder verebben. Ali Schneider, der
Begründer des einstigen München-Marathons freute sich ehrlichen
Herzens mit Gernot Weigl über die neue Rekordbeteiligung und den
Aufschwung in München. "Wir waren mit dem Marathon ganz schön im
Keller", gestand der heutige Marathon-Reiseveranstalter. Mit Weigl kehrt
München nun zumindest wieder in die Marathon-Bundesliga-Spitzengruppe dank
weiter steigender Teilnehmerzahlen zurück. "Der kleine Bonus der EM
hat sich ausgezahlt" ist sich Marathon-Chef Weigl über die neue
Rekordbeteiligung sicher. "Unser neues Konzept mit den local heroes und
dem Ziel im Olympiastadion ist aufgegangen, auch wenn ich anfangs dafür
heftig kritisiert wurde!" Auch wenn die Begeisterung auf der Strecke nach
wie vor sehr zurückhaltend war, in München ist man gewiss auf einem
guten Wege. Auch mit der Einbindung früherer Asse wie Günter Zahn,
der vor dreißig Jahren die olympische Flamme entzündete und nach
Jahren der Marathonabstinenz und ohne spezielles Lauftraining mit 3:02 finishte
oder Udo Reeh, der eine erstaunliche 2:38er Endzeit zu Stande brachte. Oder
aber auch mit dem "Medien-Award", der am Vorabend des Marathonlaufes
im Alten Rathaus am Marienplatz an Gustav Schröder überreicht wurde,
der als "Mann mit der Baskenmütze" als Fotograf und Journalist
seit über vierzig Jahren mit viel Engagement für die Leichtathletik
wirkt.
Wilfried Raatz
3. medien.marathon.münchen: Ergebnisse:
Männer: 1. Wyatt (NZL) 2:23:19, 2. Gröschl (Post-SV Rosenheim)
2:26:54, 3. Schinkoreit (USV Cottbus) 2:27:25, 4. Knoll (SC Delphin Ingolstadt)
2:27:31, 5. Schießl (TSV Buchenberg) 2:28:46, 6. Jocher (ITA) 2:28:59, 7.
Landenberger (SC Delphin Ingolstadt) 2:30:21, 8. Ladiges (DEN/ LG HNF Hamburg)
2:30.34, 9. Basso (ITA) 2:33:30, 10. Grädler (TSV Rosenheim) 2:33:41, 11.
Forster (MRRC München) 2:33:58, 12. Sonneck (LG Kreis Dachau) 2:36:%&
13. Kunath (T-Mobile-Team) 2:37:31, 14. Winkler (ITA) 2:37:39, 15. Schirmer
(ART Düsseldorf) 2:37:44, 16. Reeh (SC Gröbenzell) 2:38:04 (1. M 45)
... Baumann (RCG Weißenburg) 2:48:53 (1. M 55).
Frauen: 1. Fersch (CIS Amberg) 2:46:18, 2. Matheis (TSG Eisenberg) 2:50:31,
3. Koch (LG Rupertiwinkel) 2:56:57, 4. Weber (TSV Mindelheim) 2:57:47 (1. W
40), 5. Wischnath (AST Süßen) 2:58:20, 6. Heinzel (SG Waldetzenberg)
3:02:45, 7. OLeary (IRL/ FC Perlach) 3:03:57, 8. Firsching (München)
3:06:06, 9. Hartig (SC Bad Homburg) 3:06:23, 10. Schmidt (TSV Enzweihingen)
3:06:21.