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BM 02: Weßel und Beckmann Deutsche Meister

Die deutschen Meister 2002 heißen Kathrin Weßel und Martin

Beckmann. Angesichts der Weltklassefelder mit einem überzeugenden Erfolg

der Olympiasiegerin Naoko Takahashi vor der mexikanischen New York-Siegerin

Adriana Fernandez oder des dramatischen Sprintfinales an der Männerspitze

mit dem Überraschungscoup von Raymond Kipkoech vor dem Vizeweltmeister

Simon Biwott sind die Leistungen der Deutschen eher eine Randnotiz wert.

Kathrin Weßel war angesichts der vor Wochenfrist auftretenden

Ischiasbeschwerden froh, überhaupt als deutsche Meisterin in 2:36:36

Stunden ins Ziel zu kommen. Martin Beckmann hingegen darf durchaus als ein

kleiner Hoffnungsschimmer am stark bewölkten deutschen Marathonhimmel

bezeichnet werden, schließlich ist der 25jährige in seinem zweiten

Marathonversuch noch längst kein gestandener Marathonmann, der nach den

schwachen Auftritten von Carsten Eich und Jirka Arndt die Gunst der Stunde zum

persönlichen Triumpf zu nutzen wußte.

Das fünfte Rennen von Carsten Eich auf Berliner Boden endete im

Scherbenhaufen. Die Hoffnungen des Fürthers im Dress der LG Braunschweig,

auf der schnellen Berliner Strecke zurück zur erweiterten Marathonspitze

zurück zu kehren, platzten schon nach 25 Kilometern. Alle Bemühungen,

das Comeback im Verbund mit seinem österreichischen Trainingspartner

Michael Buchleitner zu starten, waren vergebens. Schon zur Streckenhälfte

war das Duo mit 1:06:45 schon deutlich von einer Marschtabelle in Richtung 2:12

abgerückt. Und die nationale Konkurrenz mit Jirka Arndt, Martin Beckmann

und Uli Steidl saß im Nacken. Im Frühjahr setzte er sich zwar als

Sieger des Leipzig-Marathon an die nationale Spitze, sah sich allerdings nach

einer Achillessehnenoperation noch längst nicht wieder in der Lage, auf

internationalem Parkett bei den Europameisterschaften in München zu

starten. Als Reaktion feuerte ihn der DLV aus seiner Kaderförderung

– schon alleine deshalb wäre er gerne in Berlin als Deutscher

Meister wieder gekehrt.

Einer der Gewinner des Tages ist deshalb zweifellos Martin Beckmann, der

nach überstandenem Pfeifferschem Drüsenfieber nun als

Marathonchampion gefeiert werden kann. „Endlich habe ich mein Seuchenjahr

abschütteln können!“ freute sich der 25jährige von der LG

Leinfelden-Echterdingen. Er hätte gerne auf der anerkannt schnellen

Strecke eine 2:15er Endzeit hinlegen wollen, doch so weit ist der Student

für Energie- und Recycling-Technik noch nicht. „Dass ich diese

verpasst habe, ist bei dem Titelgewinn doch eher nebensächlich!“

Dabei erlebte Beckmann auch ein Wellental der Gefühle, schließlich

fühlte er sich auf lange Zeit auf Blickkontakt zum favorisierten Eich

etwas „mulmig“, hatte zudem mit Jirka Arndt und Uli Steidl zwei

hartnäckige Begleiter zur Seite, die keine taktischen Spielchen

zuließen.

Das Männer-Dilemma auf den Punkt gebracht zeigt ein Blick in die

Rangfolge im Ziel, denn mit Beckmann, den Medaillengewinnern Uli Steidl und

Steffen Benecke sowie Maximilan Bahn gab es gerade vier Deutsche unter 2:20.

Bei den Frauen offenbare eine zwischenzeitlich zum Interview abstoppende Sonja

Oberem bei ihrem Trainingslauf in 2:40:44 (was bei einer DM-Wertung Rang drei

bedeutet hätte) die Schwäche der deutschen zweiten Reihe. Hier hat

scheinbar nur die Siegerin recht, auch wenn sich die Berlinerin das Rennen auf

heimischem Terrain anders vorgestellt hatte. „Da ich das angeschlagene

Tempo nicht halten konnte, war es für mich vor allem wichtig, das Rennen

als deutsche Meisterin zu beenden!“

Als DLV-Präsident Clemens Prokop als Last-Minute-Flieger nach seiner

Landung im Flughafen Tegel Berliner Boden betrat, waren die deutschen

Marathonhoffnungen auf ein Minimum reduziert. Eich bereits ausgestiegen, der

hoffnungsvoll gestartete 5000 m-Olympiaachte Jirka Arndt längst von einer

annehmbaren Zeit entfernt, Kathrin Weßel auf dem Weg zu einer

international unbedeutenden Endzeit. Angesichts dieses Dilemmas ist die

besondere Fürsorge des Deutschen Leichtathletik-Verbandes unbedingt

zwingend erforderlich. Und wohl auch eine lenkende Hand des

DLV-Präsidenten. Marathon ist ein medienträchtiges Spektakel, zudem

ein boomendes Geschäft, was auf Berlins Straßen mit total 45 000

Marathonläufern ohne Wenn und Aber festzustellen war. Doch dieses

führt derzeit am Leichtathletik-Fachverband vorbei. Und das sollte zu

denken geben....

Wilfried Raatz

 

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