John Kagwe verpasste den Hattrick und ein anderer Kenianer war froh, nicht zum
dritten Mal in Folge Zweiter gewesen zu sein: Joseph Chebet (Kenia) gewann die
30. Auflage des New-York-Marathons, bei dem über 30.000 Teilnehmer an den
Start gingen, in 2:09:14 Stunden knapp vor dem Portugiesen Domingos Castro
(2:09:20). John Kagwe lief in dem Rennen, in dem sechs Athleten unter 2:10
Stunden blieben, auf Rang fünf (2:09:39). Bei dem spektakulärsten
Marathonrennen weltweit können auf Grund der anspruchsvollen, welligen
Strecke Weltspitzenzeiten nicht erwartet werden. Das wurde in New York einmal
mehr deutlich, doch dafür ist der Sieg für das Prestige wertvoller
als bei vielen anderen Rennen. Trotzdem gab es bei den Frauen eine erstklassige
Zeit. Adriana Fernandez sorgte in 2:25:05 Stunden für den ersten Sieg
einer mexikanischen Frau in New York. Zweite wurde die Kenianerin Catherine
Ndereba in 2:27:34. Bei ihrem zweiten Start in der US-Metropole nach 1990
belegte Katrin Dörre-Heinig zum zweiten Mal den dritten Rang. Zwar
verpasste die 38-Jährige in New York den 25. Sieg ihrer Karriere, doch mit
2:28:41 Stunden unterbot die für DHfK Leipzig startende Läuferin als
dritte Deutsche die Olympianorm. Rang drei in New York kann sich sehen lassen.
Während die Sieger jeweils 50.000 Dollar kassierten, erhielt Katrin
Dörre-Heinig für die Platzierung 12.500 Dollar.
Die Männer liefen, geführt von Tempomachern, von Beginn an ein
recht gleichmäßiges Tempo. Die ersten 5 km waren bei Temperaturen
von etwa 8 Grad Celsius und einem leichten Wind nach 15:16 Minuten absolviert,
der 10-km-Punkt wurde nach 30:26 erreicht. In der großen Gruppe liefen
noch bei Kilometer 20 (1:01:16 Stunden) über 20 Läufer, deren Tempo
bereits auf etwa 2:09 Stunden hinauslief. In dieser Phase des Rennens sorgte
dann zum ersten Mal einer der großen Favoriten für eine
Tempoverschärfung. John Kagwe, der in den USA bis zu 240 Kilometer pro
Woche trainiert hatte, übernahm zeitweilig die Spitze. "Ich laufe
mein Rennen. Wenn man anfängt über die Konkurrenten nachzudenken, hat
man schon verloren", hatte der zweimalige Sieger aus Kenia vor dem Lauf
erklärt. In dem hochklassigen Feld an der Spitze zählten neben Chebet
unter anderen Castro, der Berlin-Sieger von 1997, Elijah Lagat (Kenia), der
London-Sieger vom April, Abdelkader El Mouaziz (Marokko) oder auch der
spanische Weltmeister von 1995, Martin Fiz, zu den Konkurrenten des zweimaligen
Gewinners.
Langsam verkleinerte sich die Gruppe, weil Kagwe und auch Chebet das Tempo
erhöhten, als Manhattan erreicht wurde. Neun Läufer waren es noch an
der 20-Meilen-Marke (1:38:50), also bei gut 32 km. Darunter waren sieben
Kenianer und zwei Europäer - Castro sowie der später viertplatzierte
Italiener Giacomo Leone (2:09:36), der 1996 sensationell in New York
triumphiert hatte. Als es kurz danach in den Central Park ging, hatte sich die
Spitzengruppe weiter verkleinert. Und auf der in diesem Teil besonders welligen
Strecke fiel die Vorentscheidung: John Kagwe verlor den Kontakt zu den beiden
Führenden, Castro und Chebet. Der Rotterdam-Sieger von 1997 verlor dann
bei Kilometer 40 die entscheidenden Meter gegen den 29-jährigen Chebet,
der im April bereits den Boston-Marathon gewonnen hatte. Das Rennen blieb zwar
spannend, aber Castro konnte den Abstand nicht mehr verkürzen. Jospeh
Chebet, der zur Fila-Gruppe von Dr. Gabriele Rosa gehört und sich in Kenia
im Höhentraining auf das Rennen in New York vorbereitet hatte, ist erst
der dritte Läufer, der in einem Jahr die beiden US-Klassiker von Boston
und New York gewann. "In New York zu gewinnen, bedeutet unheimlich
viel", hatte vor dem Start kein geringerer gesagt als Cary Pinkowski, der
Renndirektor des Chicago-Marathons, bei dem zwei Wochen zuvor der Marokkaner
Khalid Khannouchi eine Weltbestzeit (2:05:42) aufgestellt hatte.
In der Breite der Spitze längst nicht so gut besetzt wie das Feld der
Männer war das der Frauen. Sicher war das ein Grund dafür, dass die
28-jährige Adriana Fernandez mit einem Vorsprung von knapp zweieinhalb
Minuten gewann, nachdem sie fast die gesamte zweite Hälfte des Rennens
alleine gelaufen war. Die Mexikanerin hatte sich in der Anfangsphase als
einzige Läuferin an die Fersen der italienischen Vorjahressiegerin Franca
Fiacconi geheftet. Das Duo vergrößerte den Vorsprung auf die
Verfolgergruppe zunehmend. Bei 10 km waren es rund 30 Sekunden, fünf
Kilometer später bereits 50. In der zweiten Gruppe liefen neben Katrin
Dörre-Heinig auch Anuta Catuna (Rumänien), die in New York 1996
gewonnen hatte, sowie Irina Timofejewa (Russland) und Alina Tecuta-Gherasim
(Rumänien). Noch etwas weiter zurück rannte die kenianische
Geheimfavoritin Catherina Ndereba, die in diesem Jahr 14 ihrer 19 Rennen
gewonnen hatte und in Boston bei ihrer Marathon-Premiere Platz sechs belegt
hatte (2:28:27). Die beiden Führenden hatten die Hälfte der Strecke
nach 1:13:03 zurückgelegt, die zweite Gruppe folgte 1:11 Minuten
später. Kurz darauf folgte der Einbruch von Franca Fiacconi, die im Sommer
auf Grund eines Armbruches ausgefallen war. Während Fernandez nach zweiten
Plätzen in New York 1998 (2:26:33) und London 1999 (2:24:06) ihrem ersten
großen Triumph entgegenlief, holte Ndereba kräftig auf, und Fiacconi
fiel noch auf Platz vier zurück (2:29:49). Etwa bei Kilometer 40
überholte Katrin Dörre-Heinig die Italienerin und sicherte sich damit
Platz drei.