Newsarchiv

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Das Lauffest an der Aare

In Kooperation mit RUNNER’S WORLD erscheint hier jeden Monat ein Thema aus dem aktuellen Heft.


Wenn am 13. Mai am Berner Messegelände in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Wankdorfstadions (neu: Stade de Suisse) der Startschuss fällt, beginnt die 25. Auflage des größten Straßenlaufs der Schweiz. Schon Ende der siebziger Jahre gab es in Bern einen Stadtlauf, doch bei dem liefen nur Eliteläufer auf einer kleinen Runde in der Innenstadt der Schweizer Hauptstadt, nota bene im Rahmenprogramm eines Radrennens.


Mit zunehmender Laufbegeisterung sah sich ein Laufpionier wie Heinz Schild, ein ehemaliger Hindernisläufer mit internationalen Einsätzen, vor die Frage gestellt, wie man den Freizeitläufern einen attraktiven innerstädtischen Wettkampf anbieten könnte. Der in Grindelwald geborene Schild, der in den neunziger Jahren auch den Jungfrau-Marathon auf die Beine stellte, schuf die Grundlagen, auf denen 1982 der Grand Prix von Bern Premiere feierte. Den Namen des neuen Stadtlaufs holte man sich aus dem Automobilsport (siehe Interview mit Heinz Schild unten) und als Veranstaltungspräsident gewann Schild mit Adolf »Dölfi« Ogi einen Hochkaräter. Der damals 40-jährige Ogi war 1982 Chef von Intersport Schweiz, der größten Sporthandelsorganisation, zuvor war er dem Schweizerischen Skiverband vorgestanden. In den darauf folgenden 20 Jahren legte Ogi übrigens eine blitzsaubere Karriere hin: in den neunziger Jahren war er Bundesrat und in dieser Funktion  Verkehrsminister und später Verteidigungsminister. 1993 und 2000 war er Bundespräsident. Dies zeigt vor allem eines: Beim GP Bern waren vom Start weg Vollprofis am Werk, was man der Veranstaltung sofort ansah.


Ein klares Konzept

Die Gründer hatten nicht nur eine Ahnung, was Läufer bei einem großen Laufwettkampf brauchen, sondern packten die Sache von Beginn an auch auf der Vermarktungsseite richtig an. So gab es beim GP Bern unter der Regie von Markus Bill von Anfang an ein klar durchdachtes Eliteläufer-Konzept, von dem sich internationale (vor allem mancher deutsche) Straßenlaufveranstalter heute noch eine Scheibe abschneiden könnten. Anstatt blind ein Budget für Eliteläufer auszugeben, die man für die Veranstaltung nicht oder nur schlecht vermarkten konnte, setzte man in Bern von Anfang an auf wenige ausgewählte Klasseläufer und mischte dabei internationale Elite mit einheimischen Spitzenläufern. Dabei spielte natürlich auch Markus Ryffel eine entscheidende Rolle. Der Langstreckenläufer aus Uster, der für den Stadtturnverein Bern startete, war sozusagen der Fixstern, an dem der GP Bern wachsen konnte. Ryffel war zu Beginn der achtziger Jahre ein internationaler Topläufer. Bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau war er Fünfter über 5000 Meter gewesen, zwei Jahre später, als der GP Premiere feierte, stand er vor dem Zenit seiner Karriere, die er 1984 in Los Angeles mit der olympischen Silbermedaille über 5000 Meter krönte. Ryffel hatte fünfmal den Traditions-Straßenlauf Murten-Freiburg gewonnen, als er beim ersten GP Bern an der Startlinie stand. Eine Dreiviertelstunde später war er der erste Sieger des GP und drückte dem Lauf fortan seinen Stempel auf.  Die achtziger Jahre hindurch war Ryffel stets das Zugpferd des GP, und als er 1991 letztmals im Elitefeld startete, war der GP längst aus den Kinderschuhen gewachsen. Zwischen 1982 und 1989 gewann Ryffel insgesamt viermal.


Auf Anhieb der größte Straßenlauf der Schweiz

Auf Anhieb war der GP Bern der größte Straßenlauf der Schweiz (3139 Meldungen). Die »krumme« Distanz von 10 englischen Meilen (16, 09 km) entsprang den Gründern nicht etwa aus einer Bierlaune heraus. Eigentlich wollten die Verantwortlichen einen Halbmarathon veranstalten, doch dazu war das Berner »Gelände« zu schwierig, also legte man sich auf eine Distanz fest, die den Lauf aus dem Schema F herausragen ließ. Als gegen Ende der achtziger Jahre die Teilnehmerzahlen zurückgingen (1985 bereits verzeichnete man mit 9145 ein beachtliches Teilnehmer-Hoch), versuchte man sich in Zahlen-Kosmetik und bot mit dem Altstadt-GP und dem Bären-GP 1989 kürzere Strecken an, womit der Teilnehmerrückgang bei der Hauptdistanz aufgefangen wurde. Seit Mitte der neunziger Jahre verzeichnete die Veranstaltung in Bern allerdings wieder einen stetigen Anstieg, der 2005 in der Rekordzahl von 21715 angemeldeten Läufern gipfelte (19220 Finisher), womit der GP zum größten Straßenlauf der Schweiz avancierte. Diese Rekordmarke wird zum Jubiläums-GP in diesem Jahr mit Sicherheit überboten werden.

Thomas Steffens


 

Einige Fragen an den GP-Erfinder

Heinz Schild ist der Erfinder und langjährige Veranstaltungsleiter des GP Bern, auch als Sprecher im Start- und Zielbereich ist er Legende. Der ehemalige Hindernisläufer gibt nach dem Jubiläums-Grand-Prix den Staffelstab an seinen Sohn Michael. Wir stellten Heinz Schild einige Fragen.


Wie entstand die Idee zum GP bzw. wie bot sich die Schweizer Volkslauf- bzw. Stadtlaufszene Anfang der achtziger Jahre dar?

Schild: Der Grand Prix von Bern entstand aus einer Mischung zwischen spontaner Idee und Reißbrett. Den Anstoß hatte ein Läufer gegeben, der mehr Startgelegenheiten für die Breitensportler forderte. Und weil in Bern der Automobil-Grand-Prix auf der legendären Bremgarten-Rundstrecke – übrigens mit vielen prominenten Siegern: Fangio, Carrachiola, Rosemeyer, von Brauchitsch – nach einem schweren Unglück in Le Mans 1955 verboten wurde, wollten wir in Bern jenen Grand Prix wieder aufleben lassen, allerdings im Sinne einer Veranstaltung, bei der der menschliche Motor im Zentrum stand, das Herz-Kreislauf-System. Auf dem Reißbrett entstand der interessante Parcours, der von Beginn an das UNESCO-Weltkulturerbe Berner Altstadt mit einschloss.


Die besten Langstreckler der Schweiz waren damals in Berner Vereinen »zusammengefasst«. Wie  ist dies zu erklären bzw. was hat dazu geführt?

Das Umfeld stimmte. Spitzenläufer wie Markus Ryffel (5000 m 13.07,54/ RW), Bruno Lafranchi (Marathon 2:12.57), Peter Wirz (1500 m 3.35,83), Bernhard Vifian (1500 m 3:38,4) wichen sich nicht aus, bildeten trotz interner Konkurrenz eine verschworene Gemeinschaft und spornten sich mit ihren Leistungen gegenseitig an.


Seit wann ist Ihr Sohn Michael Schild in den GP involviert und welche Rolle spielt er jetzt bzw. in Zukunft?

Michael gehört fast zum Grand Prix wie die drei Bären im Signet. Bei der GP-Gründung war er gerade mal sechs Jahre alt und half effektiv Jahr für Jahr hinter den Kulissen mit. Seit 2004 ist er initiativer und kompetenter Rennleiter und gewillt, den Grand Prix von Bern zusammen mit den anderen Kolleginnen und Kollegen und mit zeitgemäßen Strukturen, beispielsweise einer ausgebauten Geschäftsstelle, weiter zu führen.


Welches waren die aufregendsten und schönsten Momente in den letzten 25 Jahren?

Aufregungen gab es etliche. Wie bei allen großen Events sind kleinere Fehler nicht zu vermeiden; zum Glück gab es aber nie Pannen. Als allerdings in den GP-Anfängen die Felder immer größer wurden und die acht bis zehn Zielkanäle die eintreffenden Läufer kaum mehr zu fassen vermochten, da schnellte der Puls beim drohenden Rückstau schon mal in »anaerobe Höhen«. Kein Ruhmesblatt war meine interne Streckenvermessung von 1984, als im parallelen zweiten Startfeld die Spitze der Elite-Frauen, beim Zusammenführen der beiden riesigen Felder (km 1,2), plötzlich 20 Sekunden vor der Männer-Elite auftauchte. Die schönsten Momente lassen sich in einem Satz zusammenfassen: »Du hast eine Idee, packst was an, und nun ist das Ganze – dank echtem Teamgeist – zum größten Breitensport-Anlass der Schweiz geworden.«

Das Interview wurde per E-Mail geführt. Die Fragen stellte Thomas Steffens.

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