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Der Kuß der Zwiebelfrau

Was macht man an einem Wochenende im goldenen Herbst als Berliner Läufer?

Richtig: man läuft. Und wo? Grunewald, Tiergarten, Schlachten- oder

Tegeler See oder darfs auch mal was anderes - sprich woanders sein?

Befreundete Läufer hatten mich eine Woche zuvor eingeladen: zum

Weimarer Stadtlauf. Freitags Anreise, Samstags laufen, Sonntags nachmittags

zurück. Paßt doch prima. Auch das Streckenangebot: Halbmarathon oder

10 km, im Hinblick auf meine verschleppte Frühjahrsmüdigkeit ( kennen

Sie das auch: einfach während einer Saison nicht in Tritt kommen?), also -

ich beliess es bei 10 km. Zwei Laufkameraden, davon ein Frischling mit Nahziel

Frankfurt-Marathon planten den letzten ernsten Check vorm Angriff auf ihre

persönlichen Bestzeiten.

Entsprechend unterschiedlich fiel das gemeinsame Abendessen aus. Hier die

Pastafraktion mit bangen Vermutungen, ob die Sauce nicht doch zu ölig sei

und ich genoß mein Zabaione. Zur Mittagszeit sollten die

Startschüsse fallen, die Halbmarathonläufer eine viertel Stunde vor

den Zehnern. Für mich ungewohnt: Die meisten starteten über die

10km-Distanz, scheint außerhalb Berlin wohl eher üblich zu sein.

Zweite Überraschung - und die weitaus größere - das

allgemeine Ausmaß dieses Laufs und die ungeheuren Zuschauerzahlen. Der

Lauf fiel nämlich zusammen mit dem 350. Zwiebelfest der Stadt Weimar und

entsprechend dicht gedrängt standen die Zuschauer Spalier. Da auf einer 5

km-Runde gelaufen wurde, teils durch einen Park, aber eben auch immer durch die

Stadt kam tolle Stimmung auf.

Im Zielbereich dann die nächste Überraschung. Ein Läufer aus

Berlin, den ich vom Sehen her kenne, steht plötzlich neben mir und hier -

in der Ferne - grüssen wir uns natürlich und stellen fest,daß

wir beide Exil-Westfalen sind.

Dann das gespannte Warten auf unsere beiden Eliteläufer, die in

Frankfurt die 3 Stunden-Marke brechen wollen. Bei 1:22:43 und 1:22:45 kommen

sie geschafft, ob der doch leicht profilierten Strecke, aber mehr als

glücklich über die gelungene Generalprobe ins Ziel. Frankfurt kann

kommen. Fürs Startgeld von 10 Euro wurde eine Menge geboten: ein toller

Lauf durch kuschelige Gässchen in Weimar, T-shirt, Gutschein für

Getränk und echte Thüringer Bratwurst und 1 x Ausschwimmen im

Weimarer Stadtbad, tolle Zuschauerkulisse, ein Moderator, der für jeden

ein Sprüchlein übrig hatte und eine Siegerehrung bis in die M 80 auf

einer Showbühne. Dazu das 350.Zwiebelfest der Goethestadt (und Schiller

und Nietzsche und Cranach und und und)

Nun noch kurz zum Titel dieses Berichts. unser Frischling überlegte, ob

er mit seiner Zeit wohl irgendwann mal aufs Treppchen käme und da er in

der Männerhauptklasse startet zügelte ich ihn. Außerdem reizte

ihn besonders der obligate Kuss der Zwiebelkönigin. Und siehe da: Platz

zwei, rauf aufs Treppchen, Küsschen und Zwiebelstrauss und alle waren

happy.

Ralf Heilig

Wer nächstes Jahr an diesem hervorragend organisierten Lauf teilnehmen

möchte: www.weimarer-stadtlauf.de

 

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