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Die Läufe bei den Hallen-EM von Wien (2)

Es war nicht der Tag der großen Favoriten. Unmittelbar vor beginn der

Hallen-EM in Wien waren Österreichs Sportstar Steffi Graf und der

Schweizer Weltmeister Andre Bucher noch als Europas Sportler des Jahres

ausgezeichnet worden. Doch am Sonntag wurden beide zu den größten

Verlierern der Titelkämpfe. In einem mitreißenden 800-m-Rennen vor

einem tobenden österreichischen Publikum schien Steffi Graf schon auf dem

Weg zum Sieg. Doch auf den letzten Metern schob sich überraschend noch

Jolanda Ceplak an ihr vorbei. Die Slowenin, die noch im letzten Jahr bei den

Weltmeisterschaften in Edmonton im Halbfinale ausgeschieden war, siegte in der

Weltrekordzeit von 1:55,82 Minuten mit nur drei Hundertstelsekunden Vorsprung

vor Steffi Graf. Und schon bald darauf gab es den zweiten großen

Favoritensturz. Andre Bucher führte deutlich, als es in die letzte Runde

ging, doch am Ende blieb auch ihm nur Rang zwei. Obwohl er mit 1:44,93 Minuten

einen Schweizer Hallenrekord aufstellte. Überspurtet wurde Bucher vom

Polen Pawel Czapiewski, der in 1:44,78 gewann. Der Pole hatte bereits bei der

WM in Edmonton Bronze gewonnen.

Mit einer Überraschung endete das 1500-m-Finale der Frauen. Denn die

Russin Jekaterina Puzanowa hatte wohl kaum jemand auf der Rechnung.

Schließlich lag sie gerade einmal an elfter Stelle der europäischen

Bestenliste. Doch am Ende war sie in Wien die Nummer eins und gewann in

persönlicher Bestzeit von 4:06,30 Minuten. Verzichtet hatte die

vermeintliche Favoritin Carla Sacramento. Doch wer weiß, ob die

Portugiesin in dem langen Spurt gegen die Russin eine Chance gehabt hätte.

Puzanowas Landsfrau Olga Komjagina bestimmte lange Zeit die Pace in diesem

Finale. In 2:13,24 Minuten hatte sie die 800 m passiert, nach 1200 m und

3:20,31 führte sie immer noch. Und dann forcierte Komjagina das Tempo, so

dass das Feld auseinander riss. Nun schob sich Puzanowa, die gemeinsam mit der

dritten Russin Julia Kosenkowa hinter Komjagina gelaufen war, nach vorne und

zog einen langen Spurt an. Dabei konnte nur die Rumänin Elena Iagar

folgen, doch an der russischen Hallenmeisterin, die auch den nationalen

800-m-Titel gewonnen hatte, kam sie nicht mehr vorbei. 100 Meter vor dem Ziel

versuchte sie es, aber die erst 23-jährige Russin hielt erstaunlich stark

gegen. „Ich bin selbst von meinem Sieg überrascht. Ich wusste aber,

dass ich nur mit einem langen Spurt eine Chance haben würde. An Gold habe

ich aber erst auf den letzten 50 Metern gedacht“, sagte Jekaterina

Puzanowa, die auch in München eine Rolle spielen dürfte. Elana Iagar,

die 1999 in Sevilla schon einmal WM-Sechste über die 1500 m war, war

zufrieden mit ihrer Silbermedaille in 4:06,90. „Ich mag diese

Hallenrennen nicht sonderlich. Denn die engen Kurven liegen mir nicht“,

erklärte die Rumänin. Sie sei vor allen Dingen zufrieden, weil sie

dichter an die Goldmedaille herangekommen ist als vorher erwartet.

Dreimal hintereinander hatte sie bei den Hallen-Europameisterschaften

über 3000 m eine Bronzemedaille gewonnen. Nun stand sie zum ersten Mal

ganz oben auf dem Treppchen: Die Spanierin Marta Dominguez gewann die 3000 m in

Wien in 8:53,87 Minuten. Im Schlussspurt gewann sie dabei das iberische Duell

gegen die Portugiesin Carla Sacramento, die sich gegen einen Start über

1500 m entschieden hatte und sich stattdessen nur auf diesen einen Lauf

über 3000 m konzentrierte. Ihre Favoritenposition konnte Carla Sacramento,

die im vergangenen Jahr bei den Weltmeisterschaften in der Halle und in

Edmonton jeweils den vierten Rang belegt hatte, jedoch nicht in eine

Goldmedaille umwandeln. Neun Hundertstelsekunden hinter der Spanierin lief

Sacramento durch das Ziel.

Die Spanierin hat sich diesen Titel allerdings während des Rennens

redlich erarbeitet. Denn sie machte von Beginn an die Pace, auch wenn das Tempo

mit Zwischenzeiten von 3:09,48 Minuten (1000 m) und 6:05,56 (2000 m) lange Zeit

recht gemächlich war. Etwa nach der Hälfte des Rennens hatte

Dominguez, die in Edmonton über 5000 m Silber gewonnen hatte, etwas

beschleunigt. Und allmählich begann sich das Feld der 17 Läuferinnen

auseinander zu ziehen. Mitten drin lief Sabrina Mockenhaupt (LG Sieg), die nach

der Tempoverschärfung ein Stück zu weit zurückgefallen war.

Zwischenzeitlich an zehnter Stelle laufend, versuchte sie eine

größere Lücke zu schließen, was aber nicht mehr gelingen

konnte. Zwei Plätze machte sie noch gut, aber am Ende kam nur Rang acht in

9:03,82 Minuten heraus. An der Spitze machte Dominguez unverändert Druck,

so dass ihr nur noch Sacramento folgen konnte. Doch vorbei kam die Portugiesin

nicht mehr. „Dies ist ein wertvoller Sieg, denn ich habe gute Athletinnen

geschlagen“, sagte die Spanierin, während Sacramento meinte:

„Ich hätte nicht gedacht, dass Dominguez einen derart guten und

langen Sprint hat.“

 

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