Edwin Moses ist einer der größten Leichtathleten aller Zeiten. Der
US-Amerikaner wurde jeweils zweimal Olympiasieger (1976 und ’84) sowie
Weltmeister (1983 und ’87) über 400 m Hürden. Der inzwischen
45-Jährige, der früher mit einer Berlinerin verheiratet war,
teilweise in den 80er Jahren auch in West-Berlin lebte und beim ISTAF im
Olympiastadion Stammgast und Publikumsliebling war, hält heute noch die
längste Siegserie eines Sprinters beziehungsweise Läufers. Zwischen
1977, als er beim ISTAF gegen Harald Schmid verlor, und 1987, als er in Madrid
Danny Harris unterlag, gewann Moses alle seine 122 Rennen. Insgesamt siegte er
zwischen 1975 und ’88 in 178 seiner 187 Läufen. Edwin Moses ist
heute Vorsitzender jenes Gremiums ehemaliger Stars, das jährlich den
„Laureus World Sport Award“ vergibt. In dieser Funktion war Edwin
Moses jetzt für einige Tage in Berlin.
Was machen Ihre Verbindungen nach Berlin?
Edwin Moses: Letzten Sommer war ich ein paar Tage hier, aber davor lange
Zeit nicht. Ich arbeite heute als Geschäftsmann und bin hauptsächlich
in meiner Heimat in Kalifornien und in Atlanta. In den 80er Jahren habe ich
viel Zeit in Berlin verbracht. Aber inzwischen hat sich die Stadt
natürlich enorm verändert. Ich nehme an, dass die Familie meiner
früheren Frau noch hier wohnt.
Wie sehen Sie ihre Karriere im Nachhinein?
Edwin Moses: Es gab natürlich auch bei mir viele Veränderungen,
und ich habe nicht mehr viel mit dem Sport zu tun. Mein Leben war ohnehin nie
ausschließlich auf den Sport fokussiert. Wenn ich mir heute meine
Leistungen von damals ansehe, dann ist das für mich selbst schwer zu
glauben, was ich damals gelaufen bin. Mich verbindet mit den anderen
Mitgliedern des „Laureus World Sport Award“-Gremiums, dass unsere
Sportkarrieren sehr glücklich verlaufen sind. Deswegen engagiere ich mich
auch für diese Sache, um auf diesem Wege dem Sport etwas zurück zu
geben.
Es geht dabei nicht nur im die Wahl von Weltsportlern.
Edwin Moses: Nein, es geht uns auch darum, einen positiven Einfluss auf den
Sport weltweit zu haben. Der „Laureus World Sport Award” ist in der
finanziellen Lage, Sportprojekte für Kinder und Jugendliche
unterstützen zu können. In Berlin unterstützen wir zum Beispiel
das Projekt „kick“, in Virginia gibt es ein Basketball-Projekt.
Hier wurde statistisch nachgewiesen, dass jedes Jahr 50 Menschenleben gerettet
werden, weil wir Jugendliche davon abhalten können, kriminell zu werden.
In Arabien versuchen wir, Kinder aus unterschiedlichen Glaubensrichtungen, die
auch unterschiedliche Sportarten haben, zusammen zu bringen. Und im April werde
ich für ein Projekt nach Kenia reisen.
Sie gehörten früher auch zur Athletenkommission des IOC und
waren Mitglied der Anti-Doping-Kommission des NOK der USA – warum sind
Sie hier nicht mehr engagiert?
Edwin Moses: Seit 1996 bin ich nicht mehr in der IOC-Kommission. Das
Prozedere hatte sich geändert, ich wurde nicht gewählt. In der
Anti-Doping-Kommission haben wir sehr gut gearbeitet und Projekte entwickelt.
Doch 1994 habe ich diesen Posten niedergelegt, weil ich mein Leben beruflich
weiterentwickeln wollte. Es war auch schwierig, weil alle von mir immer nur
etwas über das Dopingproblem wissen wollten. Das aber passte nicht mehr zu
meinen beruflichen Kunden, die dies gar nicht interessiert.
Sie haben aber noch einen anderen Posten im NOK der USA.
Edwin Moses: Ja, ich bin Mitglied der Olympic Foundation. Wir suchen
Finanzierungsmöglichkeiten für den Sport und verteilen die
Gelder.
Denken Sie manchmal auch an Doping, wenn Sie aus der Vorschlagsliste
für den „Laureus World Sport Award” Athleten
auswählen?
Edwin Moses: Nein. Ich finde es sehr unfair, einfach nur so zu spekulieren.
Wenn man Fakten hat, ist das etwas anderes. Aber gute Leistungen von vornherein
anzuzweifeln, das ist nicht in Ordnung.