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Grigory Murzin und Monica Casiraghi gewinnen die “Königstour“ in Davos

Das Siegerinterview im Sportzentrum in Davos mit Grigory Murzin musste

ausfallen, weil für den russischen Champion kein Dolmetscher parat stand.

Die Antwort nach dem besten Ultraläufer in der Landschaft Davos hatte der

Streckenrekordler auf der 78,5 km langen Distanz zwischen Filisur, Bergün,

der Keschhütte und dem Scalettapass dafür um so eindrücklicher

gegeben.

Gegen die läuferische Klasse des 33jährigen Streckenbesten, der im

Mai gerade erst Europameister über 100 km geworden war, ist derzeit kein

Kraut gewachsen, auch wenn er wegen einer Zehenverletzung vor allem bergab

seine liebe Mühe hatte. Mit 5:54:43 Stunden lag die Konkurrenz, diesmal

angeführt von den beiden deutschen Läufern Michael Sommer aus

Oberstenfeld und Thomas Miksch aus Kempten, dennoch mindestens fünf

Minuten zurück. Der als Mitfavorit gehandelte K42-Sieger des Vorjahres,

der marokkanische Wüstenläufer Mohamad Ahansal, enttäuschte als

Fünfter mit einem Rückstand von fünfzehn Minuten, allerdings

musste er nach einem Fehler des Streckeneinweisers in Bergün einen kleinen

Vorsprung gegenüber Murzin einbüßen und hatte von diesem

Zeitpunkt an merkliche Probleme, die sich beim harten Aufstieg auf die 2632 m

hohe Keschhütte in einen rasch anwachsenden Rückstand

offenbarten.

Das Duell “Wüstenläufer gegen Pfarrherr und

Doktor“ fand nicht statt!

Auch wenn die zehnfache Swiss Alpine Marathon-Siegerin Birgit Lennartz aus

Verletzungsgründen für Erfolge beim Hochgebirgsspektakel derzeit

nicht mehr sorgen kann, sind die deutschen Starter unter der Rekordkulisse von

4 646 Teilnehmern stets gut für Podiumsplätze. Auf der

“Königstour“ über 78,5 km und einer Höhendifferenz

von 2 300 m duellierten sich hinter dem zum dritten Male nach 2000 und 2002 in

5:54:43 Stunden siegenden Russen zwei Deutsche: Michael Sommer lief in seinem

zwölften Start in Davos zu seiner besten Platzierung und bezwang den

zuletzt hierzulande als Rennsteigsieger gefeierten Vorjahreszweiten Thomas

Miksch. Die beiden Deutschen, anerkannte 100 km-Spezialisten mit

internationaler Erfahrung, hatten sich in der Vorwoche sogar gemeinsam in St.

Moritz mit täglichem 40 km-Laufprogramm auf diese Herausforderung in der

Landschaft Davos eingestellt. “Das hat uns beiden geholfen“,

ordnete Michael Sommer das Unternehmen ein. “Ich hatte von Anfang an

Probleme mit der Flüssigkeitsaufnahme“, gestand dagegen Thomas

Miksch, der als Oberarzt im Kemptener Krankenhaus fürwahr keine

“ruhige Kugel“ schiebt, sondern mit Nacht- und Schichtdienst weder

einen geregelten Tagesablauf geschweige denn einen stetigen Trainingsalltag

kennt. “Beim Aufstieg zur Keschhütte hatte ich einfach diesmal keine

Power. Über den Panoramatrail und dann bergab nach Dürrboden habe ich

scheinbar aber Flügel bekommen, so dass ich bis auf 100 Meter an Michael

Sommer heranlaufen konnte!“

Eine Schweizer Zeitung hatte das Duell hinter dem russischen Laufprofi

Murzin mit den eher als Amateure geltenden Konkurrenten um die

Stockerl-Plätze als Duell “Wüstenläufer gegen Pfarrherr

und Doktor“ betitelt, doch die Rechnung hatten die Zeitungsleute ohne den

Forstmann aus der Albregion gemacht, der schlichtweg über sich

hinausgewachsen war. Sommer scheint mit 39 Jahren vor seiner bislang besten

Saison zu stehen, schließlich wurde er im April bereits EM-Neunter

über 100 km in persönlicher Bestzeit von 6:53:00 Stunden. Der heuer

so richtig in die Schlagzeilen geratene Pfarrer Markus Kellenberger hingegen

musste den großen Anstrengungen der vergangenen sechs Wochen kräftig

Tribut zollen, denn nach dem LGT-Marathon in Liechtenstein und dem

Graubünden-Marathon von Chur aufs Rothorn war beim Unternehmen Swiss

Alpine Marathon der Akku doch leer geworden. Dennoch möchte der in Vaduz

diensttuende Kirchenmann (mit Genehmigung seines Erzbischofs Wolfgang Haas) im

kommenden Jahr ein besonderes Ziel neben seinem Dienst ansteuern: Bei der

“Olympiade der Kleinstaaten“ möchte er den

finanzkräftigen Zwergstaat über die Marathonstrecke vertreten, der

Weg über das nominierende NOK ist schon bereitet, ein Problem könnte

dabei lediglich die Norm sein. “Eine 2:30 sollte zu schaffen

sein!“

Monica ist die Überraschung bei den Frauen – aber

eigentlich doch keine!

Bei den Frauen war die Italienerin Monica Casiraghi die überragende

Läuferin im Feld, die noch in der Pressekonferenz tags zuvor bei den

Prognosen der Veranstalter (fast) keine Rolle gespielt hatte. Die

Vizeeuropameisterin über 100 km ist jedoch als Tempobolzerin bekannt, die

schon in Moskau mit einem Starttempo von unter drei Stunden für die

Marathondistanz die Konkurrenz außer der russischen Siegerin Tatjana

Zhyrkjova aus den Schuhen gelaufen war. Die zweitplatzierte Jasmin Nunige,

übrigens aus Davos und vor ihrem Rücktritt 1997 eine feste

Größe im Schweizer Skilanglauf-Nationalteam, bekannte im Ziel

freimütig: “Die Italienerin habe ich nie gesehen, nicht einmal am

Start!“ Monica Casiraghi drückte entsprechend auch derart auf das

Tempo, dass sie bereits nach zehn Männern ins Ziel (!) einlaufen konnte.

Als man ihr bei der Pressekonferenz die geringe Differenz auf den Lennartzschen

Streckenrekord vorrechnete, da gab es für sie nur eine Antwort:

“Dann komme ich nächstes Jahr wieder und greife diesen Rekord

an!“ So einfach scheint dies zu sein, wenn man Casiraghi heißt. Als

Vorbereitung auf das Abenteuer in Davos (“Ich habe mir übrigens die

Strecke schwieriger vorgestellt!“) gewann sie “nebenbei“ noch

den traditionsreichen 100er von Florenz. Auf Rang drei überraschte die

30jährige Julia Alter aus Viernheim, die die mitfavorisierten 100

km-Spezialistinnen Magali Maggolini und Elke Hiebl, die Vorjahreszweite aus

Bodenmais im Bayerischen Wald, klar auf Distanz halten konnte. “Das

Ergebnis überrascht mich, zumal ich angesichts der vielen gleichzeitig

gestarteten Wettbewerbe total den Überblick verloren hatte.....“. Am

Landschaftslauf hat sie längst Gefallen gefunden, denn nach dem

LGT-Marathon und Davos steht der Jungfrau-Marathon längst in der

Jahresplanung verzeichnet.

K 30-Sieg gibt Hoffnung für Anja Carlsohn aus

Berlin

Für einen deutschen Sieg sorgte im Einsteigerrennen über 30 km (K

30) die Berlinerin Anja Carlsohn, die damit ihren Vorjahreserfolg wiederholte.

“Das ist eine gute Basis für meinen Start beim real,-

BERLIN-MARATHON“, freute sich Anja über ihre starke Leistung im

Ziel, nachdem sie im Frühjahr bei den deutschen Marathonmeisterschaften in

Duisburg nur aus “Trainingsgründen“ gelaufen war. Papa

Carlsohn wollte ihr als Trainer da keineswegs wiedersprechen.

Andrang ungebremst

Auch bei der 18. Auflage ist der Andrang in Davos ungebremst. Trotz der

zunehmenden Konkurrenz allerorten, schließlich ist unter anderem auch mit

dem Graubünden-Marathon in unmittelbarer Nachbarschaft ein weiterer

Landschaftslauf hinzugekommen. Nach dem Rekord im Vorjahr mit 4070 Anmeldungen

legte man im Höhenzentrum Davos noch einmal fünfzehn Prozent dazu, so

dass die neue Rekordmarke nun bei 4 646 steht. Schließlich weiß

SAD-Chef Andrea Tuffli immer neue Wettbewerbe zu erfinden. Wie vor wenigen

Jahren den Team-Wettbewerb (mit Mountainbike und einem anspruchsvollen

Skating-Abschnitt auf der Asphaltstraße von Alvaneu Bad über Filisur

hinauf nach Bergün), der sich auf 180 Teams (sprich knapp 900 Teilnehmer)

gemausert hat. Und heuer mit dem C 42, einem “Einsteiger“-Marathon

mit einem in der Tendenz abfallenden Streckenprofil von Davos über Filisur

nach Bergün. Besonders für Tuffli, der übrigens für den K

42 selbst die Laufschuhe schnürte, um seine “Organisation auf Herz

und Nieren zu überprüfen“, wie er sich scherzhaft im Vorfeld

äußerte. Nacharbeiten werden die Organisatoren trotz aller

Anerkennung der logistischen Meisterleistungen dennoch: Das

“Nervenzentrum“ Bergün mit seinen engen Straßen und der

Vielzahl der Wettbewerbe ist etwas überfordert, weil neben dem

durchlaufenden K78 und dem Team-Wettbewerb der neue C 42 endet, zugleich aber

auch der attraktive K 42 startet. Hier ist eine klare (am besten farbliche)

Beschilderung vonnöten, die die Streckeneinweiser etwas entlasten kann.

Einmal mehr Glück hatten die Tüchtigen in der Landschaft Davos mit

dem Wetter, zumeist strahlendblauer Himmel ist eigentlich die “halbe

Miete“ in der hochsensiblen Gebirgswelt. Und Garantie für ein

Wiedersehen im Jahr 2004, wo ein Andrea Tuffli bereits von einer neuen

Rekordteilnehmerzahl um fünftausend Laufbegeisterten träumen

kann.....

Davos/ Sui (26.7.): Swiss Alpine Marathon:

Ergebnisse: K 78 (78,5 km/ HD +- 2320 m): Männer: 1. Murzin (Rus)

5:54:43, 2. Sommer (Ger/ Oberstenfeld) 5:59:08, 3. Miksch (Ger/ Kempten)

6:00:48, 4. Jaquerod (Sui) 6:01:17, 5. M. Ahansal (Mar) 6:10:41, 6. Schenk

6:18:33, 7. Knechtle (beide Sui) 6:29:26, 8. Sartori (Ita) 6:30:25, 9. Keller

6:33:57, 10. Babel (beide Sui) 6:42:42 ... 19. Gunzelmann (Ger/ Nürnberg)

6:57:16, 20. Schweitzer (Ger/ Michelstadt) 6:59:33, 22. Maith (Ger/ Idstein)

7:03:19 - Frauen: 1. Casiraghi (Ita) 6:47:55, 2. Nunige (Sui) 6:54:00, 3. Alter

(Ger/ Viernheim) 7:03:29, 4. Maggolini (Ita) 7:16:16, 5. Hiebl (Ger/ Bodenmais)

7:21:33, 6. Keller (Sui) 7:29:14.

K 42 (Bergün-Davos, 42,2 km/ HD +1890/-1710 m): Männer: 1. Disassa

(Eth) 3:10:05, 2. Horisberger (Sui) 3:25:51, 3. Stampanoni (Ita) 3:27:37

– Frauen: 1. Worku (Eth) 3:36:36, 2. Reiber (Sui) 3:38:43, 3. Abosa (Eth)

3:57:07.

C 42 (Davos-Bergün, 42,2 km/ HD +830 m/-990 m): Männer: 1.

Christen 2:38:46, 2. Gschwend 2:53:11, 3. Seynaeve (Bel) 3:06:35... 9.

Utermöhle (Ger/ Uslar) 3:24:28... 11. Philipp (Ger/ Hasel) 3:25:33 –

Frauen: 1. Lareida 3:21:56, 2. Zuber 3:36:01, 3. Heeb (alle Sui) 3:38:11.

K 30 (Davos-Filisur, 30,8 km/ HD +390 m/-920 m): Männer: 1.

Gächter 1:55:14, 2. Piccirillo 1:56:44, 3. Walser (alle Sui) 1:57:24, 4.

Ouahioune (Ger/ Marburg) 1:58:02 – Frauen: 1. Carlsohn (Ger/ LG Nike

Berlin) 2:02:43, 2. Bösch 2:14:00, 3. Widmer (beide Sui) 2:18:00.

Wilfried Raatz

 

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