Wieder verzeichnete der Alberto BERLIN-MARATHON ein großes Feld der
Rennrollstuhlfahrer mit einem Starteranteil von über 70% aus dem Ausland.
Bei guten Bedingungen kamen 119 Fahrer ins Ziel. Der Schweizer Heinz Frei hat
dabei das Dutzend vol gemacht. Zum zwölften Mal siegte er in Berlin, seit
1991 ununterbrochen. Eine neue Weltbestzeit war es nicht, aber 1:23:55 Stunden
bedeuten die drittbeste je in Berlin gefahrene Zeit und bestätigen seine
souveräne Stellung innerhalb der Rennstuhlfahrer.
Wieder war es ein Start-Ziel-Rennen, bei dem er stets führend das Tempo
bestimmte. Seine Konkurrenz muss versuchen im Windschatten mitzuhalten und
Tempohärte zu beweisen. Wenn man das als Taktik bezeichnen will, so ist es
seine. Vor allem die spurtstarken Fahrer muss Heinz Frei zermürben, um
wegen seiner körperlichen Nachteile beim Zielsprint nicht zu unterliegen.
Die Rechnung ist wieder aufgegangen, trotzdem der Franzose Joel Jeannot und der
Russe Wladimir Kiseljew ihm bis ins Ziel gefolgt waren. Das ist neu für
ihn in Berlin, denn meist kam er weit vor seinen Verfolgern allein an, etwa
zehn Minuten dahinter das große Feld, das im Spurt die Plätze
ausmachte. Der Zweite des Vorjahres, Thomas Gerlach (Dänemark), musste
sich mit dem vierten Platz mit 1:32:37 Stunden begnügen, zeitgleich mit
Sergej Schilow (Russland). Die große Überraschung beim 26. Alberto
BERLIN-MARATHON waren die aus dem östlichen Europa angereisten Fahrer, die
sich zwar mit guten Zeiten empfohlen hatten, deren Leistungsvermögen aber
erst im Rennverlauf und in der Platzierung deutlich wurde: Vier russische und
ein polnischer Athlet waren unter den ersten Neun. Erst auf Platz 20 kam mit
Friedhelm Müller (TV Jahn Siegen) der erste Fahrer aus Deutschland ins
Ziel, allerdings fehlte die Nationalmannschaft wegen einer Vorbereitung auf
Wettkämpfe in Neuseeland. Schade, denn nach dem Rennverlauf wäre
für einige eine Zeit unter 1:30 Stunden gut möglich gewesen.
Nur neun Frauen waren in einer zahlenmäßig kleinen Konkurrenz
angetreten. Die Vorjahressiegerin, Edith Hunkeler (Schweiz), hatte wegen einer
Handgelenksverletzung kurzfristig absagen müssen. So war Lily Anggreny (TV
Wattenscheid) die große Favoritin. Unmittelbar vor Nachmeldeschluß
ließ sich dann jedoch die Schwedin Monica Wetterstrom registrieren,
Vorjahreszweite in Berlin. Sie hatte in diesem Jahr in Heidelberg und Rotterdam
bereits gewonnen. Der Rennverlauf war ein völlig anderer als bei den
Männern. Unterwegs wurde durch Windschattenfahren Kraft gespart, um dann
im Spurt die Konkurrentinnen zu besiegen. Aus einer siebenköpfigen Gruppe
hatte Monica Wetterström die schnelleren Arme und siegte in 1:48:08
Stunden vor Lily Anggreny (5 Sekunden zurück) sowie der Schweizerin Sandra
Graf, die ein beeindruckendes Comeback zeigte.
Die Männer der T2- und T1-Funktionsklasse waren mit je 12 Startern gut
besetzt. Auch hier gab es Siege der Favoriten durch Christoph Etzlstorfer
(Österreich) in der T2 mit 1:56:49. Er blieb ein weiteres Mal deutlich
unter zwei Stunden. Bereits bei 15 km hatte er sich von seinen Verfolgern
abgesetzt. Nur in einer Spurtentscheidung konnte Reiner Pilz (SCC Berlin) in
2:00:16 Franz Weber (Schweiz) auf den dritten Platz verweisen und so die
Einlaufreihenfolge des Vorjahres wiederholen. Auch Giuseppe Forni (SUI)
wiederholte seinen Vorjahressieg in 2:28:02 vor dem stark verbesserten
Norwegern Sven Jan Lövas. Die Plätze vier und fünf gingen an
Thorsten Oppold und Heini Köberle (beide Schlierbach).
Aber nicht nur die sportlichen Highlights bestimmen den Alberto
BERLIN-MARATHON. Es sind die Routiniers, die sich hier in Berlin immer wieder
einfinden, trotzdem sie aus dem Leistungsbereich längst ausgeschieden
sind. Stellvertretend für viele betrifft das Jan-Owe Mattsson
(T2/Schweden), der bereits 1986 dabei war und seinen Freund und Konkurrenten
Peter Carruthers (Großbritannien), die gemeinsam das Rennen in
beachtlichen 2:16:18 beendeten. Andererseits sind es die zahlreichen
Anfänger, die dieses Ereignis für einen Einstieg in diese Distanz
nutzen. 16 Neulinge, darunter der erst 13-jährige Alhassane Baldé
vom Team Sopur. In einer 9-köpfigen Gruppe fährt er als Zweiter mit
1:51:28 ins Ziel und zeigt auf den letzten Metern dabei noch erstaunliche
Frische. In der gleichen Staffel natürlich sein Betreuer Errol Marklein,
der vor allem zu Beginn des Rennens alle Mühe hatte, seinen
Schützling zurückzuhalten. Nun hat Alhassane Baldé für
seine nächsten Aufgaben eine erste Bestzeit gesetzt - und die kann sich
sehen lassen.
Dr. Reiner Pilz