Uta Pippig ist seit Ostersonntag wieder startberechtigt. Das vom
Rechtsausschuss des Deutschen Leichtathletik-Verbandes gegen sie gesprochene
Dopingurteil, ficht die 34-jährige Berliner Langstreckenläuferin
dennoch vor dem Schiedsgericht des Deutschen Sport-Bundes (DSB) an. Die
dreifache Siegerin des Boston- und des BERLIN-MARATHON lebt den Großteil
des Jahres in Boulder (Colorado) und hat sich entschieden, künftig
für die USA zu starten. An ihren privaten und sportlichen Verbindungen
nach Berlin wird sie trotzdem nichts verändern.
Haben Sie am Ostersonntag Eier gesucht oder ein Rennen für den ersten
Start?
Uta Pippig: Ostern ist für das Eiersuchen da. Dieses Mal können
mir die Hasen ruhig weglaufen.
Wie ist das Gefühl, wieder laufen zu dürfen?
Uta Pippig: Na cool, wie sonst.
Das klingt ja sehr locker. Ihr letztes Rennen war schließlich im
Sommer 1998.
Uta Pippig: Ja, aber ich war nie richtig weg von meinem Sport, sondern bin
die ganze Zeit weiter gelaufen. Denn für mich bedeutet Laufen auch ein
Stück Identität, und zudem ist es ein guter Stressabbau. Es ist
schön, sich fit zu fühlen und sich ständig in der Natur bewegen
zu können. An diesen Dingen wird sich für mich nie etwas ändern.
Ich freue mich jetzt natürlich, wieder bei den anderen Läufern zu
sein und bin sehr motiviert.
Wann werden Sie die ersten Rennen laufen, wie weit geht die Planung?
Uta Pippig: Am nächsten Sonntag (30. April) starte ich beim
James-Joyce-Ramble. Das ist ein 10-km-Straßenlauf in Dedham in der
Nähe von Boston. Allerdings ist das nur ein sogenannter Fun-Run, kein
Eliterennen. In den nächsten Wochen geht es für mich zunächst
darum, mich im Training weiter zu stabilisieren. Wenn ich in dieser Zeit
irgendwo starte, sind das nur Testläufe. Im Sommer möchte ich dann
bei größeren Straßenrennen meine Form testen. Und wenn dann
alles klappt und ich gesund bleibe, könnte ich mir vorstellen, im Herbst
einen Marathon zu laufen.
Sie waren sehr populär - gibt es eine gewisse Unsicherheit vor den
ersten Starts dahingehend, wie Konkurrenten oder Zuschauer reagieren
werden?
Uta Pippig: Natürlich habe ich darüber kurz nachgedacht, aber hier
in den USA gibt es ausschließlich positive Reaktionen. Als ich vor kurzem
als Co-Kommentatorin beim Boston-Marathon war, kamen viele Deutsche auf mich zu
und haben mir viel Glück gewünscht. Sie waren sehr positiv gestimmt
und haben sich gefreut, mich zu sehen. Und der Organisator des Rennens von
Dedham hat jetzt ein Problem. Er hat mit meinem Start Publicity gemacht, und
jetzt rennen die Läufer ihm die Bude ein, weil sie alle mitrennen
möchten.
Können Sie sich vorstellen, in Deutschland, speziell in Berlin, wieder
zu laufen?
Uta Pippig: Sicherlich kann ich mir das vorstellen, aber ich kann jetzt noch
nicht sagen, wann. Die Rennen in Berlin haben mir immer Spaß gemacht,
weil die Atmosphäre super ist.
Ihre Sperre läuft aus, Ihr Verfahren läuft weiter. Kämpfen
Sie in Zukunft stärker gegen die Konkurrenz oder um Ihre
Rehabilitierung?
Uta Pippig: Mir liegt natürlich daran, zu zeigen, dass bei meinem
Dopingfall Fehler aufgetreten sind, die aufgeklärt werden müssen. Ich
kämpfe auch deshalb weiter, um anderen zu zeigen, was in diesem
Doping-Kontrollsystem passieren kann, wenn trotz dieser Fehler Entscheidungen
getroffen werden. Ich möchte dazu beitragen, dass einige Dinge in diesem
System in Zukunft korrekter behandelt werden. Natürlich konzentriere ich
mich zurzeit auf den Sport, obwohl jeden Tag ein paar Minuten bleiben, in denen
ich mir Gedanken über den Fortlauf des Verfahrens mache.
Mancher wird diese Situation schwer verstehen. Die Sperre ist abgelaufen,
Sie kämpfen weiter. Wie ist der Stand des Verfahrens?
Uta Pippig: Ich hoffe, dass im Sommer eine Entscheidung in zweiter Instanz
fallen wird, also vor dem Schiedsgericht des Deutschen Sport-Bundes. Es ist mir
wichtig, die Fehler aufzuzeigen, denn das kann auch anderen Athleten
passieren.
Die Fortsetzung des juristischen Weges bedeutet ja auch einen erheblichen
finanziellen Kraftakt. Sie werden lange Zeit keine Einnahmen gehabt haben, gibt
es Aussichten auf neue Sponsoren?
Uta Pippig: Natürlich ist das ein finanzieller Kraftakt. Das Verfahren
hat mich bisher eine sechsstellige Summe gekostet. Und ich hatte natürlich
für einige Jahre so gut wie keine Einnahmen, so dass die Situation
schwierig ist. Wie es mit neuen Sponsoren aussieht, steht noch in den
Sternen.
Wann werden Sie wieder mal in Berlin sein?
Uta Pippig: Ich habe mir fest vorgenommen, im Sommer in Berlin zu sein, um
meine Familie und Freunde zu besuchen - und, um meine Trainingsstrecken im
Grunewald wieder laufen zu können.