Artikel des Running News Network - runnn.com
Die Meinung war einhellig in Läuferkreisen: Besser hätte eine deutsche Straßenlaufmeisterschaft kaum platziert werden können. „Eine Steilvorlage für alle künftigen Meisterschaften“, nannte der Badische Leichtathletik-Präsident Franz-Josef Eckstein die überaus gelungene Einbindung der 10 km-Titelkämpfe in Mannheim in das kulinarisch-musikalisches Arkadenfest direkt auf Mannheims Schokoladenseite, dem „Wasserturm“, einer stattlichen Jugendstilanlage inmitten einer herrlichen Grünanlage mit Wasserfontänen und Wasserkaskaden. Auch wenn Baden-Württembergs Landesvater Guenther H. Oettinger wegen der Amtseinführung des früheren Sport- und Kulturdezernenten Dr. Peter Kurz ins Oberbürgermeisteramt im nur einen Steinwurf entfernten Congresszentrum Rosengarten weilte, die Straßen rund um den Friedrichsplatz und die Prachtallee Augustaanlage gehörten den besten deutschen Straßenläufern, oder anders herum gesagt, denjenigen, die sich um die Titel eines 10 km-Meisters bewarben. Und es waren viele, mehr als doppelt so viele als es im Vorjahr in Regensburg waren. 775 Meldungen aus 230 Vereinen standen in den Meldelisten, bewarben sich um die insgesamt 31 Titel der Aktiven, Junioren und Senioren. Und es sollte der Tag der Wattenscheider werden, denn drei von vier der wichtigsten Goldmedaillen gingen an die Blau-Weißen aus dem Bochumer Stadtteil. Allen voran Alexander Lubina und Irina Mikitenko, komplettiert durch das Frauenteam des TVW, für das nach langer Verletzungspause Birte Bultmann und die 1500 m-Spezialistin Kerstin Werner punkteten.
Angetan waren alle von dem 2,5 km-Rundkurs, der augenscheinlich schnell und attraktiv zugleich war. „Für diese Präsentation kann man Mannheim nur beglückwünschen“, lobte dann auch Carsten Eich den veranstaltenden Verein „Mannheim läuft“, der zugleich auch den MLP Marathon in der Quadratestadt in der Metropolregion Rhein-Neckar durchführt. Auch wenn Spitzenleistungen letztlich in Mannheim rar waren, es sollte vielmehr für einige unter ihnen um die Generalprobe für eines der zahlreichen Marathonangebote im Herbst werden. Allen voran natürlich die beiden 10 km-Meister Irina Mikitenko und Alexander Lubina. Während Lubina nach dem missratenen Debüt bei den Titelkämpfen im Rahmen des Gutenberg-Marathons wieder neue Hoffnungen schöpft, weiß Irina Mikitenko noch nicht, was sie in zwei Wochen auf den Straßen Berlins erwartet. Doch sie gibt sich zuversichtlich. Schließlich weiß sie, dass die Trainingsresultate in der hessischen Heimat Hassenroth oder im Höhentrainingslager in St. Moritz das eine, das Rennen durch die Bundeshauptstadt das andere sind. „Die 10 km habe ich genossen, ich hoffe, dass es in Berlin auch so sein wird!“ Die Wattenscheiderin wollte dabei nicht so schnell laufen, als sie es letztlich mit 32:34 Minuten tat. „Die Zuschauer haben mich so angespornt, dass ich doch noch einmal zugelegt habe. Ich kann mit einem guten Gefühl in Berlin starten!“
Susanne Hahn jedenfalls weiß, wie sich ein Marathon anfühlt. Vor allem, wenn es sich dabei um einen unter wenig leistungsansprechenden Bedingungen wie in Osaka handelt und dieser gerade einmal zwei Wochen zurück liegt. „Mir fehlte natürlich noch die Spritzigkeit, auch wenn ich in Osaka am Ende mehr gejoggt bin“. Die Saarbrückerin war allerdings nicht unzufrieden mit ihrem Auftritt, schließlich war sie es, die mit einer starken zweiten Hälfte die lange Zeit klar auf dem zweiten Rang laufenden Simret Restle noch etwas in Bedrängnis bringen konnte.
„Es hat wirklich Spaß gemacht“, gestand Alexander Lubina. Klar, wenn man am Ende der lachende Dritte in einem Führungstrio ist. Denn der Wattenscheider sicherte sich dank eines engagierten letzten Kilometer den Titel vor dem somit entthronten Carsten Eich, der gerne zum Abschluss seiner langen und unbestritten erfolgreichen Karriere doch noch einen Titel eingefahren hätte. „Ich habe einen Moment nicht aufgepasst“, so der „Vorruheständler“, wie er sich selbst bezeichnete, über die entscheidende Attacke seines um neun Jahre jüngeren Konkurrenten. Für Alexander Lubina soll es in Berlin allerdings schon in Richtung 2:15 gehen. Eine Hintertür mit einem Zurück auf die Bahn lässt der deutsche Crossmeister von 2004 allerdings noch offen, schließlich sei Marathonlaufen schon eine ordentliche „Quälerei“.
Dass auch 10 km eine harte Angelegenheit sein können, das musste Embaye Hedrit erfahren, der wie auch beim Halbmarathon auf dem Bronzeplatz einkam. „Ich verstehe das nicht. Ich wollte eigentlich gewinnen, und dann heute so ein schlechtes Rennen!“ Auf Rang vier taucht mit Falk Cierpinski der Sohn des zweifachen Olympiasiegers Waldemar Cierpinski vor Carlo Schuff und einem sich überschwänglich freuenden Florian Neuschwander auf. Bei den startfleißigen Mastersläufern gefiel vor allem Eduard Scherer als Tagesbester sowie (hinter Irina Mikitenko als W 35-Erste) die W 45-Siegerin Katharina Kaufmann.
Wilfried Raatz