Das gängige Argument „Schokolade ist ebenso schlecht für die Zähne wie für die Haut, und sie macht natürlich dick“ wird in letzter Zeit öfters revidiert. Inzwischen hört man auch manch gutes Wort insbesondere über dunkle Schokoladensorten – je höher der Kakaogehalt, desto besser, so eine landläufige Empfehlung –, weshalb es geboten scheint, den Wahrheitsgehalt diverser Behauptungen einmal genauer zu prüfen.
In der Tat hat sich der Ruf der Schokolade seit dem vergangenen Jahr, gestützt durch wissenschaftliche Studien, erheblich verbessert. Man kann sogar konstatieren, dass die Schokoladen-Befürworter aus dem Wettstreit mit ihren Widersachern eindeutig als Sieger hervorgegangen sind. In mehreren Studien, deren Ergebnisse in seriösen Schriftenreihen wie den Protokollen der US-amerikanischen Akademie der Wissenschaften (PNAS), den Internistischen Archiven und der Zeitschrift für Kardiovaskuläre Pharmakologie veröffentlicht wurden, wird auf einen Zusammenhang zwischen dem Flavonoide enthaltenden Kakao und einem gesunden Herz-Kreislauf-System hingewiesen. Im letztgenannten Magazin erschienen gleich 17 Artikel über den gesundheitlichen Nutzen der Schokolade, der von ihrer Blutdruck senkenden Wirkung bis zu einer besseren Durchblutung des Gehirns und gesünderer Haut reicht. Erst Ende vergangenen Jahres wurde eine neue Schokoladensorte unter dem Handelsnamen CocoaVia mit einem Artikel im Journal of the American Dietetic Association hoffähig gemacht. Wie die Zeitschrift berichtete, sei durch den Verzehr von zwei kleinen Riegeln CocoaVia der LDL-Cholesterinspiegel in einer Probandengruppe mit relativ hohen Cholesterinwerten um 6,7 Prozent gesunken. Zu erklären sei diese Wirkung von CocoaVia, so wird vermutet, durch die Zugabe pflanzlicher Sterine, wie sie auch in Margarine zu finden sind.
Guten Gewissens zum Süßwarenladen
Alle diese Erkenntnisse sind dazu angetan, dass man wieder mit gutem Gewissen einen Süßwarenladen ansteuern kann. Was die Zweifler auf den Plan ruft, ist allein die Tatsache, dass viele der genannten Studien mit Unterstützung oder gar unter der Federführung der Firma Mars durchgeführt wurden, deren Massenprodukte wie M&Ms und Snickers nicht gerade den besten Ruf als gesunde Nahrungsmittel genießen. Auf der anderen Seite ist der Konzern Mars bereits seit langen Jahren in der Kakaoforschung aktiv, hat Verfahren für die schonende Behandlung der Kakaobohne entwickelt und setzt sich für nachhaltigen Kakaoanbau ein.
Doch gibt es da auch Wissenschaftler, die völlig unabhängig von Mars forschen. Zu diesen gehört Mary Engler. Die Herzspezialistin von der Universität Kalifornien beschäftigt sich gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Marguerite seit nunmehr 15 Jahren mit Zusammenhängen zwischen der Ernährung und dem Zustand der Blutgefäße. In 2004 veröffentlichten beide im Journal of the American College of Nutrition die Ergebnisse einer unabhängigen Studie, die eine Arterien erweiternde Wirkung von dunkler Schokolade nachwies. Helle Schokolade, bei der die meisten der gesunden Kakao-Flavonoide fehlen, wirkt hingegen nicht in gleichem Maße gesundheitsfördernd. Flavonoide sind pflanzliche Mikronährstoffe, wie sie beispielsweise in grünem Tee oder dunklen Weintrauben vorkommen, und die eine positive Wirkung auf die Zellgesundheit haben können. Ein spezielles Kakao-Flavonoid ist das Epicatechin. Es regt die Abgabe von Stickstoffmonoxid in den Blutgefäßen an, was eine Relaxation (Erschlaffung) der glatten Gefäßmuskulatur und infolge eine Erweiterung der Blutgefäße und bessere Blutzirkulation bewirkt. „Die Beweise sind zwingend“, erklärt Dr. Engler, „und ich rechne damit, dass dieses Thema schon bald einen Forschungsboom erfahren wird, ähnlich wie es mit den Omega-3-Fettsäuren und ihrer positiven Wirkung für Herz und Kreislauf geschah.“
Dunkle Schokolade erweitert die Blutgefäße
Auch von Mars unterstützte Wissenschaftler kommen zu gleichlautenden Erkenntnissen. Dr. Carl Keen etwa, Professor für Ernährungswissenschaft und innere Medizin, formuliert: „Unsere Forschungen haben ergeben, dass die Kakao-Flavonoide in dunkler Schokolade die Blutgefäße erweitern und elastischer machen. Diese Wirkung ist grundsätzlich bedeutend und eröffnet spannende Möglichkeiten.“Viele der Studien Dr. Keens basieren auf dem von Mars entwickelten und patentierten Cocoapro-Verfahren, mit dem die Kakaobohnen so schonend verarbeitet werden, dass die wertvollen Flavonoide fast vollständig erhalten bleiben. Die Verarbeitung spielt nämlich eine ebenso wichtige Rolle wie die Höhe des Kakaoanteils. Deshalb wird für die CocoaVia-Erzeugnisse, die allesamt nach dem Cocoapro-Verfahren hergestellt werden, auch ein Gehalt von 100 Milligramm Kakao-Flavonoiden garantiert – und zwar unabhängig davon, ob es sich um helle oder dunkle Schokolade handelt.
Die Konkurrenz von Mars schläft natürlich nicht. Hershey’s, ein anderer großer amerikanischer Hersteller von Kakao- und Schokoladenerzeugnissen, ist zwar später auf den Zug mit der dunklen Schokolade aufgesprungen, verzeichnet jedoch ähnlich hohe Zuwachsraten beim Umsatz dunkler Sorten. Mittlerweile wurde auch hier ein Forschungszentrum für Gesundheit und Ernährung gegründet. Eine bei der Yale-Universität in Auftrag gegebenen Studie ergab, dass ein Kakao-Getränk von Hershey’s die Blutzirkulation verbessere. Im vergangenen Jahr brachte Hershey’s dann eine neue, besonders dunkle Premium-Schokolade auf den Markt.
Es scheint also ein Streit über die Frage zu entbrennen, wer die gesündeste Schokolade produziert, der ist aber offensichtlich nicht entschieden. In jedem Fall bedenken sollten wir beim Kauf von Schokoladenerzeugnissen, dass Schokolade ein pflanzliches Nahrungsmittel ist. Das bedeutet, Produkte zu wählen, die so weit wie möglich naturbelassen sind und die geringste Anzahl von Verarbeitungsstufen aufweisen. Anders gesagt, man meide Sorten, die Milchfeststoffe, Emulgatoren und größere Mengen Zuckerzusatz enthalten. Das gleiche gilt für Schokolade, auf deren Packung man etwas von „Alkalisierung“ liest. Dieses Verfahren beeinflusst Geschmack und Farbe positiv, reduziert jedoch die Nährstoffe.
Warnung: Aber Schokolade nicht überbewerten!
Zum Schluss sei jedoch gewarnt: Lassen Sie sich nicht dazu verleiten, Schokolade in irgendeiner Form überzubewerten. Generell ist Schokolade alles andere als ein gesundes Nahrungsmittel. Dafür enthält sie viel zu viel Fett. Auch wer ein Kaloriendefizit ausgleichen möchte, sollte dies keinesfalls mit Bergen von Schokolade tun. Genießen sie Schokolade in kleinen Portionen, und verzichten sie stattdessen auf andere Snacks, die womöglich noch nährstoffärmer sind.
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