Mit einem japanischen Triumph endete in Sydney bei den Olympischen Spielen der
Marathonlauf der Frauen. Die 28-jährige Asien-Rekordhalterin Naoko
Takahashi gewann die ersehnte Goldmedaille für die Marathonnation und
rannte auf einem sehr schwer zu laufenden, hügeligen Kurs eine Glanzzeit
von 2:23:14 Stunden. Damit wurde Naoko Takahashi zur ersten japanischen Frau,
die eine Marathon-Goldmedaille bei Olympia gewann, und zudem stellte sie einen
neuen olympischen Rekord auf.
Platz zwei belegte bei warmen Temperaturen die erfahrene Rumänin Lidia
Simon in 2:23:22, Dritte wurde mit einer persönlichen Bestzeit Joyce
Chepchumba. Die kenianische Trainingspartnerin von Tegla Loroupe lief 2:24:45
Stunden und sorgte mit ihrer Bronzemedaille für eine Art Trost für
die Kenianer. Denn die Weltrekordlerin Tegla Loroupe, die 1999 in Berlin
2:20:43 Stunden gelaufen war und danach auch noch die Marathonrennen von Rom
und London gewonnen hatte, erlebte eine Enttäuschung. Sie wurde nur 13. in
2:29:45. Nach der 10-km-Marke hatte Tegla Loroupe, die gesundheitliche Probleme
hatte und sich vor dem Start nicht wohl fühlte, den Anschluss an die
Spitze verloren hatte. Auch die Olympiasiegerin von 1996, Fatuma Roba
(Äthiopien), spielte nie eine Rolle und wurde Neunte.
Als einzige Deutsche war Sonja Oberem (Bayer Leverkusen) in Sydney am Start.
Doch die WM-Sechste kam weit abgeschlagen als 24. in 2:33:44 Stunden ins Ziel.
Auf den ersten Kilometern hatte sie sich noch am Ende einer größeren
Spitzengruppe gehalten, doch dann verlor die frühere Triathletin den
Anschluss. Sie hatte auf ein mäßigeres Tempo gehofft. Zudem
laborierte Sonja Oberem an einem Kniesehnenproblem. Noch größeres
Pech hatte allerdings Claudia Dreher. Die Läuferin von Bayer Leverkusen
konnte auf Grund eines Infektes nicht an den Start gehen.
Trotz der Wärme und der schwierigen Strecke begann die
BERLIN-MARATHON-Siegerin von 1998, Merlene Renders (Belgien), das Rennen mit
einem selbstmörderischen Tempo. Nach 16:46 Minuten - einer
Geschwindigkeit, die fast Weltrekordtempo bedeutet - hatte sie mit fast 15
Sekunden Vorsprung den 5-km-Punkt erreicht. Eine große Verfolgergruppe
wurde von den drei Japanerinnen angeführt: Neben Takahashi also noch Ari
Ichihashi und Eri Yamaguchi. Zwischen Kilometer 10 und 15 veränderte sich
die Situation. Japans Trio ging an die Spitze, Renders fiel zurück, und
auch Loroupe verlor derart den Anschluss, dass sie nach 15 km nur auf Rang 26
lief. In der Folge arbeitete sie sich wieder weiter nach vorne, doch die Spitze
konnte sie nicht mehr erreichen, zumal jene Läuferinnen vorne kaum eine
Schwäche zeigten. Das galt zumindest für Takahashi und für
Simon. Nachdem sie gemeinsam mit Ichihashi die Hälfte der Distanz in
1:11:47 Stunden zurückgelegt hatten, waren Takahashi und Simon bei 30 km
(1:42:10 Stunden) alleine vorne. Ichihashi fiel stetig zurück, dafür
lief von hinten Joyce Chepchumba immer stärker nach vorne. Doch die
Chicago- und London-Marathon-Siegerin kam nicht mehr ganz an die Spitze, denn
dort blieb das Tempo unverändert hoch.
In 16:47 Minuten wurde der Abschnitt zwischen 30 und 35 km
zurückgelegt. Bei einem Bergauf-Stück forcierte dann die
28-Jährige Takahashi nochmals das Tempo und erlief sich einen
entscheidenden Vorsprung gegenüber der erfahrenen Lidia Simon. Mit 20
Sekunden lag sie bereits vor der Rumänin, als sie den weiteren
Stadionbereich erreichte. Trotzdem wurde es am Ende noch einmal knapp, denn
Lidia Simon holte auf und Takahashi konnte nichts mehr zusetzen. "Bei 35
Kilometern dachte ich, ich kann gewinnen, aber als ich mich im Stadion umsah,
bekam ich einen Schreck, wie dicht Simon dran war. Meine Kondition war in
Ordnung, aber meine Beine waren schwer", erzählte Takahashi
später, die schließlich nur noch einen Vorsprung von acht Sekunden
ins Ziel rettete. 20 Sekunden hatte Lidia Simon während der letzten 2 km
aufgeholt. 200 Meter mehr und es hätte ein Fotofinish gegeben in diesem
hochklassigen Marathonlauf, bei dem die stärksten Frauen ihre enorme
Entwicklung der letzten Jahre eindrucksvoll bestätigten.
"Ich war von vornherein sehr zuversichtlich, denn ich hatte drei Monate
lang in den USA im Höhentraining trainiert und bin dort über viele
Hügel gelaufen", sagte Takahashi, die in Boulder trainierte und
gemeinsam mit den anderen japanischen Marathon-Olympiastartern bereits im
Vorfeld beim Sydney-Marathon an den Start gegangen war. Takahashi ist keine
Überraschungssiegerin, denn die 28-Jährige aus Gifu wurde 1998 in
Bangkok Asien-Meisterin über die Marathondistanz. Bei Hitze und
schwüler Witterung lief sie damals in einem Solorennen 2:21:47 Stunden -
es war unter diesen Bedingungen vielleicht die größte Leistung im
Frauenmarathon aller Zeiten.
1. Naoko Takahashi JPN 2:23:14 2. Lidia Simon ROM 2:23:22 3. Joyce
Chepchumba KEN 2:24:45 4. Esther Wanjiru KEN 2:26:17 5. Madina Biktagirova RUS
2:26:33 6. Elfenesh Alemu ETH 2:26:54 7. Eri Yamaguchi JPN 2:27:03 8. Bong Sil
Ham PRK 2:27:07 9. Fatuma Roba ETH 2:27:38 10. Xiujuan Ren CHN 2:27:55 11.
Kerryn McCann AUS 2:28:37 12. Maura Viceconte ITA 2:29:26 13. Tegla Lorupe KEN
2:29:45 14. Irina Bogachova KGZ 2:29:55 15. Ari Ichihashi JPN 2:30:34 16.
Adriana Fernandez MEX 2:30:51 17. Judit Folding-Nagy HUN 2:30:54 18. Ornella
Ferrara ITA 2:31:32 19. Christine Clark USA 2:31:35 20. Yong Ok Jong PRK
2:31:40 21. Manuela Machado POR 2:32:29 22. Nadezhda Wijenberg NED 2:32:29 23.
Ljubov Morgunova RUS 2:32:35 24. Sonja Oberem D 2:33:45 25. Martha Tenorio ECU
2:33:54 26. Marian Sutton GBR 2:34:33 27. Erika Olivera CHI 2:35:07 28. Chang
Ok Kim PRK 2:35:32 29. Alina Gherasim ROM 2:36:16 30. Ana Isabel Alonso ESP
2:36:45 31. Colleen De Reuck RSA 2:36:48 32. Maria Portillo PER 2:36:50 33.
Griselda Gonzalez ESP 2:38:28 34. Mi-Ja Oh KOR 2:38:42 35. Susan Hobson AUS
2:38:44 36. Gadissie Edato ETH 2:42:29 37. Serap Aktas TUR 2:42:40 38. Daria
Nauer SIU 2:43:00 39. Maria Luisa Munoz ESP 2:45:40 40. Iglandini Gonzalez COL
2:47:26 Aguida Amaral IOA DNF Gina Coello HON DNF Gulsara Dadabayeva TJK DNF
Rhonda Davidson-Alley GUM DNF Sirivanh Ketavong LAO DNF Garifa Kuku KAZ DNF
Marleen Renders BEL DNF Nickey Carroll AUS DNF Anuta Catuna ROM DNF Valentina
Enaki MDA DNF Martha Ernstsdottir ISL DNF Elizabeth Mongudhi NAM DNF Valentina
Yegorova RUS DNF Claudia Dreher D DNS