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Jens-Peter Herold über die Ku’damm-Meile: „Eine Motivation für den Nachwuchs“

Jens-Peter Herold war Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre der beste deutsche Mittelstreckenläufer und ist noch immer deutscher Rekordhalter über die Meile. Den Rekord stellte 41-Jährige 1988 in Oslo auf. Damals lief er 3:49,22 Minuten über die 1.609 Meter lange Distanz. Der frühere Potsdamer beziehungsweise Berliner lebt heute in Neuruppin mit seiner Frau und dem gemeinsamen Sohn. Er ist viele Jahre für den SCC Berlin gestartet und war 1988 Olympia-Dritter über 1500 Meter und 1990 Europameister über diese Distanz. Bei der 1. Ku’damm -Meile, bei der am vergangen Samstag Nachwuchsathleten an den Start gingen, gab Jens-Peter Herold den Startschuss. Danach gab er das folgende Interview. Die Fragen stellte Marisa Reich.

Wie finden Sie die Initiative von SCC-RUNNING der Jugend A- und B eine Plattform über die Meile zu geben?

Jens-Peter Herold: „Neue Initiativen sind immer gut. Der Ku’damm bietet den Jugendlichen gute Voraussetzungen, um sich in Szene zu setzen, und die Zuschauer haben sie sicherlich zusätzlich motiviert. Es ist wichtig, Aufmerksamkeit zu erzeugen und den Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, sich in Szene zu setzen.“

 

Sie halten noch immer den deutschen Rekord über die Meile. Wie lange wird dieser noch bestehen?

Jens-Peter Herold: „Zum einen muss man ja sagen, dass ich den deutschen Rekord 1988 im Stadion gelaufen bin. Es ist doch ein gewisser Unterschied zwischen der Straße und dem Stadion. Auch wird die Meile ja nicht allzu oft angeboten. Bis auf ein paar Meetings wie Oslo oder Zürich, die die Meile aus Tradition im Programm haben, hat man kaum die Möglichkeit, die Meile zu laufen und dadurch geringe Chancen, an den Rekord heran zu kommen. Zum anderen ist es leider so, dass es im Moment nicht viele deutsche Top-Athleten im Laufbereich gibt. Da ist sicherlich noch Bedarf.“  

 

Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass es in Deutschland scheinbar immer weniger Nachwuchsathleten gibt?

Jens-Peter Herold: „Das Problem liegt sehr tief. Es beginnt in der Schule. Die Kinder sind sehr schlecht körperlich ausgebildet, sie haben koordinativ leider nichts drauf. Das ist aber ganz klar, wenn es gerade einmal zwei bis drei Stunden Sport in der Woche an Schulen gibt. Zum anderen fehlen einfach die Vorbilder. Die Zeiten in denen Dieter Baumann der Vorzeigeathlet war, den jeder kannte, sind vorbei. Man müsste den Schulsport wie auch die Sportvereine viel stärker finanziell unterstützen und den präventiven Charakter des Sports mehr unterstreichen. Leider wird hier erst für die Kinder etwas getan, wenn sie schon im Drogensumpf stecken. Der Sport hat die Möglichkeit, Kinder von der Straße weg zu holen, aber dafür muss man natürlich was tun. Aber das muss gut durchdacht werden und auch von der Managementseite richtig angepackt werden. Es fehlt heutzutage an Teamgeist und Unterstützung für den Athleten. Viele müssen neben dem Sport noch arbeiten und sich um Dinge wie Trainingslager oder Physiotherapeuten kümmern. Das mussten wir früher nicht.“

 

Was wurde früher für die Athleten getan?

Jens-Peter Herold: „Vor der Wende wurde im Sportbereich einiges für die Athleten und auch den Nachwuchs getan. Das ging bei uns schon in der Schule los. Es gab die so genannte Spartakiade, einen Sportwettkampf für Schulen. Die ging von Freitag bis Sonntag und umfasste viele olympische Sportarten. Für die Schüler war es Pflicht, und es hat uns auch immer riesigen Spaß gemacht. Im Westen hieß das ganze Bundesjugendspiele, doch hier machen die meisten Kinder nicht mit und als richtiger Wettkampf wurden die auch nicht wirklich angesehen. Weiter ging es dann im Bereich der Erwachsenen. Wenn wir ins Trainingslager gefahren sind, mussten wir uns um nichts kümmern. Egal wo wir waren, es war alles immer durchorganisiert. Unser Teamarzt kümmerte sich darum, dass in den Hotels das Essen in Ordnung war, und wenn wir einen Physiotherapeuten brauchten, dann war dieser auch immer vor Ort. Der Teamgeist war unheimlich wichtig damals. Heute reisen die Athleten vor großen Wettkämpfen doch alle von unterschiedlichsten Richtungen an und von Gemeinsamkeit ist nicht viel zu spüren. Das ist schade.“

 

Wann sind Sie das letzte Mal die Meile gerannt?

Jens-Peter Herold: „Das ist eine gute Frage. Ich habe 1998 mit dem Laufen aufgehört. Ganz bestimmt bin ich die Meile noch 1997 gelaufen und ich glaube 1998 auch noch einmal. Nach dem Rekord 1988 gab es einige Läufe [1990 lief er 3:50.59 in Oslo und ein Jahr später 3:50.08 wiederum in Oslo], bei denen es ziemlich knapp am Rekord vorbei ging.“

 

Laufen Sie heute noch in Ihrer Freizeit?

Jens-Peter Herold: „Leider nur noch sehr wenig. Durch andere Hobbies und meine Familie komme ich kaum noch dazu. Im Winter bin ich ein halbes Jahr gar nicht gelaufen, und seit dem Frühjahr laufe ich höchstens zweimal pro Woche. Früher hätte ich mir nie vorstellen können, mal nicht zu laufen. Mein kleiner Sohn ist begeistert vom Laufen, und ich hoffe natürlich, dass er die Lust daran behält. Hier war er ganz begeistert als Zuschauer und hat die Läuferinnen und Läufer kräftig angefeuert.“

 

Ist bei Ihnen irgendwann einmal ein größeres Rennen ohne Erfolgsdruck geplant?

Jens-Peter Herold: „Ich gehöre hier in Neuruppin einer Lauftruppe an. Wir sind alle zwischen 30 und 50 Jahre alt. Jedes Jahr machen wir eine Marathonreise zusammen mit unseren Familien. Wir waren schon in Prag, Budapest und dieses Jahr in Rom, wobei ich zugeben muss, dass ich noch nie den Marathon mitgelaufen bin. Geplant war ursprünglich mal in diesem Jahr den real,- BERLIN-MARATHON mitzulaufen, aber dadurch, dass ich im Winter nicht trainiert habe, macht es keinen Sinn. Ich werde es mir für das nächste Jahr vornehmen und mich dann gut darauf vorbereiten. Mein Ziel wäre eine Zeit von knapp über 2:30 Stunden zu laufen. Mal schauen. Berlin liegt ja direkt vor der Haustür und ist schon etwas Besonderes.“ 

 

Was ist das dringendste was die Leichtathletik braucht, um wieder mehr Nachwuchs zu bekommen?

Jens-Peter Herold: „Ich denke ein gutes Management in den Vereinen und den Verbänden sowie fähige und engagierte Lehrer, die auch Unterstützung von oben bekommen, an den Schulen. Außerdem natürlich die finanzielle Unterstützung der Athleten, nicht nur der Top-Athleten sondern schon der Nachwuchsathleten und Vorbilder im Sport selbst.“

 

 

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