Artikel des Running News Network - runnn.com
Der Mehrfrontenkampf der deutschen Marathonläufer dürfte keinen so recht zufrieden gestellt haben. Bei sommerlichen Temperaturen waren die mit großen Hoffnungen gestarteten Langstreckler nicht in der Lage, die von Martin Beckmann vor einer Woche in Hamburg aufgestellte Jahresbestzeit von 2:15:22 Stunden zu brechen – und damit auch nicht die vom DLV geforderten 2:13:00 für die WM-Teilnahme. Doch über die Hintertür haben sich dennoch drei deutsche Männer für das Welt-Championat Ende August in Osaka qualifiziert, da der DLV eine ,weiche’ Teamnorm von durchschnittlich 2:17:20 gefordert hatte. Auch wenn der mit großen Vorschusslorbeeren bei den Deutschen Meisterschaften im Rahmen des Gutenberg-Marathon in Mainz gestartete Alexander Lubina das Rennen nach 29 km vorzeitig beendet hatte, realisierten beim gleichzeitig in Düsseldorf gestarteten Metro Group Marathon Mario Kröckert und Uli Steidl mit Endzeiten von 2:16:07 und 2:19:47 das gesetzte Jahresziel. Ohne Chance dabei der Überraschungssieger der Titelkämpfe in Mainz, der für den TSV Friedberg-Fauerbach startende 32-jährige Hesse Philipp Büttner mit 2:20:18. Wesentlich entspannter hingegen ist die Situation bei den deutschen Frauen, da hier bereits mit Europameisterin Ulrike Maisch, Luminita Zaituc und Claudia Dreher schon aufgrund ihrer Vorjahresleistungen die WM-Startberechtigung in der Tasche hatten. Durch ihren zweiten Rang in Düsseldorf hinter Luminita Zaituc (2:29:37) schaffte zudem Melanie Kraus mit ihren 2:30:38 den direkten Zugang für die Weltmeisterschaften.
Ein abgewandelter Slogan „Mainz wie es läuft und schwitzt“ machte bei der achten Auflage des Gutenberg-Marathons die Runde, schließlich ist der Marathon in der Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz als hitzeträchtiges Unternehmen hinreichend bekannt – und beliebt. Schließlich schaffen es die Mainzer, innerhalb von nur wenigen Wochen das Teilnehmerlimit von 10.000 zu erreichen. Durch den Schwenk des DLV mit der Ausrichtung der Deutschen Meisterschaften von München nach Mainz wurde es zwar auf den Meldelisten noch etwas enger, doch als am Sonntagmorgen der Startschuss fiel, waren 8.700 an der Startlinie, darunter allerdings lediglich 354 Meisterschaftsläufer. Und die besten Deutschen machten angesichts der bereits langfristigen Vereinbarungen mit anderen Veranstaltern einen Bogen, die Masse der ambitionierten Marathonläufer fehlte zudem wegen der attraktiven Konkurrenz in Hamburg, Düsseldorf, Essen und andernorts. Einschließlich des Bundestrainers Detlef Uhlemann, der den aus deutscher Sicht weitaus besser besetzten Marathon rheinabwärts in Düsseldorf beobachtete. Alleine der eigentliche 10.000-m-Spezialist Alexander Lubina meldete für Mainz, um hier sein Debüt auf der 42,195 km langen Olympiadistanz zu geben.
Vom Start weg bestimmten mit Sergij Zachepa und Vorjahressieger Andej Naumov zwei Ukrainer die Schlagzahl, Alexander Lubina folgte mit Elisha Sawe und Vincent Krop mit einem Tempo in Richtung Zielzeit 2:16 Stunden. Noch bei Halbzeit wirkte der Wattenscheider sehr locker, die Durchgangszeit von 1:07:45 entsprach exakt den Vorstellungen von Trainer Tono Kirschbaum. Wenig später jedoch war das Debüt für den 27-jährigen vorzeitig beendet. „Die Beine wollten einfach nicht mehr. Eine Erklärung dafür habe ich nicht“, gestand ein sichtlich konsternierter Alexander Lubina später. „Wenn du schon einmal einen Vier-Minuten-Abschnitt drin hast, ist natürlich auch jede Zeit weg.“ Alexander Lubina steht nun mit leeren Händen mitten in der Saison da, denn die Qualifikationshürde über 10.000 m ist mit 28:06 Minuten eine ungleich höhere als über die Marathondistanz. „Jetzt müssen wir überlegen, wie es weiter gehen soll“, so ein nicht minder enttäuschter Trainer Tono Kirschbaum.
Angesichts der warmen Temperaturen erstaunte vor allem der unvermindert an der Spitze alleine voran marschierende Zachepa. Lange schien sogar eine 2:10er Endzeit möglich. Doch den 33-Jährigen ereilte das Schicksal vieler Frontläufer, auf der holprigen Augustinergasse schloss der stets auf seine Chance lauernde Naumov auf und lief letztlich einem sicheren Sieg in 2:14:05 entgegen, der eingebrochene Zachepa folgte 28 Sekunden später. Nach Lubinas Ausstieg bei km 29 übernahm Philipp Büttner die Führung in der DM-Wertung – und durfte das Bad in der Menge bis zum Ziel in der Rheinstraße genießen. Mit 2:20:18 Stunden steigerte er seine Bestzeit auf dem Weg zur Deutschen Meisterschaft gleich um fünf Minuten. „Die Stimmung ist so etwas von gut“, freute sich der Überraschungsmeister. „Nur müssen es die Mainzer noch schaffen, die Sonne etwas abzustellen. Denn Mainz ist wirklich bombastisch.“ So jedenfalls können sich Sieger freuen, vor allem dann, wenn unverhofft 1.800 Euro in die Haushaltskasse kommen. Ein willkommener Zuschuss für die Anfang Juli geplante Hochzeit, entsprechend jubelte Freundin Sabine im Zielauslauf. Mit mehr als fünf bzw. sieben Minuten Rückstand erreichten Tobias Sauter (2:25:52) und Daniel Pickl (2:27:49) auf den weiteren DM-Medaillenrängen das Ziel in einem niveauarmen Titelkampf.
Die Frauensiegerin hatte im wenig stark besetzten Feld eigentlich niemand auf der Rechnung. Vom Start weg marschierte Ilona Pfeiffer vom LC Solbad Ravensberg an der Spitze. „Mein Trainer Bernhard Hiebler hat mich auf eine 2:48 eingestellt. Ich habe aber nicht gedacht, dass ich das alleine durchlaufen kann“, kommentierte die 32-jährige gebürtige Weißrussin, die seit 1999 in Deutschland lebt, ihren Erfolg nach selbst für sie sensationellen 2:46:15 Stunden. Seit drei Jahren erst läuft sie ambitioniert und startet zudem als Triathletin in der 2. Bundesliga. Das Verfolgerfeld mit der Türkin Lale Ötztürk, der Polin Krystyna Kuta und der aus dem nahen Budenheim stammenden Manuela Zipse brach total ein, so dass die Frankfurterin Birgitt Bohn (2:46:40) und Andrea Stengel (2:49:04) die weiteren Medaillen holten. Wilfried Raatz