Khalid Khannouchi lief bei seinem dritten Marathon zum dritten Mal in Chicago,
gewann das Rennen zum zweiten Mal nach 1997 und blieb als erster Läufer
unter 2:06 Stunden. Der 27-jährige Marokkaner sorgte für das
Highlight beim 22. Chicago-Marathon mit gut 28.000 Teilnehmern. Mit seiner
Weltbestzeit von 2:05:42 Stunden verdiente er sich neben der Siegprämie
von 65.000 Dollar noch eine Rekordprämie von 100.000 Dollar. Damit hat der
Alberto BERLIN-MARATHON seine Männer-Weltbestzeit, die der Brasilianer
Ronaldo da Costa 1998 mit 2:06:05 Stunden gelaufen war, verloren. Hinter
Khannouchi, der in New York lebt und von seiner Frau Sandra trainiert und
gemanagt wird, lief auch der zweitplatzierte Moses Tanui eine glänzende
Zeit. Mit 2:06:11 Stunden erreichte er die drittschnellste Zeit aller Zeiten
und verbesserte den kenianischen Rekord. Nach ähnlich hochkarätigen
Rennen in Berlin und Amsterdam sorgte Chicago nun für den Höhepunkt.
Dritter wurde der Vorjahressieger Ondoro Osoro (Kenia), der 1998 Khannouchi auf
Rang zwei verwiesen hatte, in 2:07:59. Rang vier ging an David Morris, der in
2:09:31 einen US-Rekord aufstellte. In einer Spurtentscheidung triumphierte
wieder einmal Joyce Chepchumba (Kenia) in 2:25:59 Stunden. Lediglich um eine
Sekunde distanzierte die 28-jährige Trainingspartnerin von Tegla Loroupe
ihre Landsfrau Margaret Okayo und wiederholte damit ihren Vorjahressieg. Auch
sie erhielt eine Siegprämie von 65.000 Dollar. Dritte wurde bei
kühlen Temperaturen zwischen 2 und später 10 Grad Elana Meyer
(Südafrika) in 2:27:17.
Zeiten unter 2:06 Stunden hatten Experten bereits vor einigen Jahren
vorausgesagt. Nachdem die Weltbestzeit des Äthiopiers Belayneh Dinsamo
(2:06:50/1988) über zehn Jahre gehalten hatte, gab es seit dem Berliner
Rennen 1998 einen deutlichen Leistungsschub. Dieser allerdings kann nicht
überraschen. Denn während sich über die Bahn-Langstrecken die
Weltspitzenzeiten in den letzten Jahren deutlich entwickelten, stagnierten sie
im Marathonbereich. Und sollten 10.000-m-Topstars wie Gebrselassie oder Tergat
tatsächlich bald zum Marathon wechseln, dürfte auch mit Ergebnissen
von unter 2:05 Stunden zu rechnen sein. Dass der Chicago-Marathon bei gutem
Wetter mit einer flachen Strecke für Bestzeiten taugt, wurde in der
Vergangenheit bereits bewiesen. Der Brite Steve Jones lief dort 1984 mit
2:08:05 Stunden bereits eine Weltbestzeit. Aufgrund von finanziellen
Schwierigkeiten spielte der Chicago-Marathon einige Zeit lang keine Rolle, doch
seit ein ein paar Jahren ist das Rennen stark im Kommen. Mit 400.000 Dollar
verfügt der Lauf weltweit über den zweithöchsten Preisgeldetat
nach dem Boston-Marathon.
"Ich habe während des Laufes nicht gewusst, dass ich den
Weltrekord brechen kann, denn ich konnte die Meilenzeiten nicht erkennen. Erst
als ich ins Ziel lief, wusste ich, dass ich den Rekord gebrochen habe - ein
Traum ist für mich wahr geworden", sagte Khalid Khannouchi, der die
US-Staatsbürgerschaft beantragt hat und selbst bei Olympia nicht für
Marokko starten würde, weil er sich von den Funktionären missachtet
fühlt. Für ein Tempo im Bereich der Weltbestzeit hatten Hasen in
Chicago gesorgt. Die Hälfte des Rennens war genau nach 63 Minuten
gelaufen. Zehn Athleten bildeten zu diesem Zeitpunkt die Spitze. Nicht dabei
war Moses Tanui, der sich anfangs zurückgehalten hatte. Doch zwischen
Kilometer 22 und 23 tauchte der Kenianer vorne auf und setzte sich nach
Meilenzeiten von 4:40, 4:40 und 4:33 Minuten deutlich von seinen Konkurrenten
ab. Nur Khannouchi, der 1997 in Chicago 2:07:10 und ein Jahr später
2:07:19 gelaufen war, machte sich an die Verfolgung von Tanui, der
zwischenzeitlich 26 Sekunden Vorsprung hatte. Kurz vor Kilometer 40, als es in
einen Tunnel ging, war der Marokkaner bis auf drei Meter an Tanui herangekommen
- und auf der anderen Seite kam er als Führender wieder heraus.
"In den letzten zwei Meilen bin ich unglaublich stark gelaufen. Aber
ich hatte mir Kraft aufgehoben für den Schluss. Man muss am Ende stark
sein. Moses Tanui hat mir geholfen, diese Zeit zu erzielen", sagte Khalid
Khannouchi. Der Kenianer wiederum hatte sich verkalkuliert. "Ich bin
während des gesamten Rennens mein eigenes Tempo gelaufen, aber ich habe
einen Fehler gemacht, denn ich habe die Kilometer durcheinander gebracht,
obwohl ich immer nach Kilometern laufe. Ich dachte, ich wäre schon bei
Kilometer 35 gewesen, als ich von der Spitzengruppe weglief. Doch ich war erst
bei 30", erklärte Moses Tanui. Platz um Platz nach vorne geschoben,
hat sich am Ende David Morris, dessen Bestzeit vorher bei 2:15:25 stand
(Pittsburgh 1998). Der in Japan lebende Amerikaner sieht jedoch eigentlich
nicht seine 2:09:31 Stunden als US-Rekord an, sondern jene 2:08:13, die Alberto
Salazar 1981 auf der damals 148 Meter zu kurzen Strecke in New York gelaufen
war. Nicht anerkannt hatte der US-Verband die 2:08:47 von Bob Kempainen 1994,
da die Strecke in Boston abfällt.
Die Frauen-Ergebnisse waren nicht ganz so hochkarätig wie erwartet.
Eine 10-köpfige Spitzengruppe lag noch bei Kilometer 25 (1:28:11)
zusammen. Dann setzte sich Joyce Chepchumba, die im April bereits den
London-Marathon gewonnen hatte, ab. Doch die 23-jährige Margaret Okayo kam
noch einmal heran und musste sich erst im Schlussspurt knapp geschlagen
geben.