Es bleibt bei einem Quartett, das am kommenden Freitag beim Berliner ISTAF im
Jahn-Stadion um Gold kämpfen wird: 100-m-Sprinterin Marion Jones
(USA/10,88), 400-m-Läuferin Ana Guevara (Mexiko/49,69),
400-m-Hürdenläufer Felix Sanchez (Dominikanische Republik/47,99) und
1500-m-Läufer Hicham El Guerrouj (Marokko/3:29,95) siegten auch bei der
sechsten Station der IAAF Golden League in Brüssel. Wer von ihnen nun beim
Finale der Serie in Berlin gewinnt, partizipiert am mit 50 Kilogramm Gold
dotierten Jackpot. Doch es waren nicht unbedingt die Golden-League-Disziplinen,
die bei einem einmal mehr insgesamt hochklassigen Memorial van Damme vor rund
45.000 Zuschauern die Highlights bildeten.
Fünf Jahresweltbestzeiten wurden in Brüssel notiert, vier davon
bei Läufen. Noch vor dem Hauptprogramm hatten die Brüsseler
Veranstalter um Wilfried Meert einen 10.000-m-Lauf ins Programm genommen, der
es in sich hatte. Zum ersten Mal überhaupt blieben dabei gleich fünf
Läufer unter 27 Minuten. Drei Läufer hatten dies in einem Rennen
bisher geschafft. Auch das war in Brüssel, 1996. Damals war der Marokkaner
Salah Hissou mit 26:38,08 Minuten Weltrekord gelaufen. In einem sehr
gleichmäßigen Rennen siegte nun Sammy Kipketer. Der Kenianer lief
26:49,38 Minuten und stellte damit die erste Jahresweltbestleistung des Abends
auf. Damit wurde der erst knapp 21-jährige Sammy Kipketer zum
fünftschnellsten 10.000-m-Läufer aller Zeiten. Und es war die
neuntschnellste Zeit aller Zeiten.
„Dies war mein erstes ernsthaftes 10.000-m-Rennen, deswegen bin ich
überrascht über diese Zeit“, sagte Sammy Kipketer, der in
diesem Jahr nur zweimal in seiner Heimat die 25-Runden-Distanz gelaufen war.
Brüssel war also fast eine Premiere, allerdings hatte Kipketer in diesem
Jahr bereits einen 10-km-Straßenweltrekord in New Orleans (27:11 Minuten)
aufgestellt. Der Brüsseler 10.000-m-Lauf machte aber auch deutlich, dass
diese Distanz bei den großen Meetings zu Unrecht unterrepräsentiert
ist. Durch das Golden-League-Programm mit den 3000 beziehungsweise 5000 Metern
ist die längere Strecke fast nicht mehr gefragt.
„Ich hatte mir eine Zeit zwischen 27:10 und 27:20 Minuten
ausgerechnet, aber auf dem letzten Kilometer merkte ich, das geht sogar unter
27 Minuten. Da ich ein guter Sprinter bin, wusste ich, dass ich gewinnen
kann“, sagte Sammy Kipketer, der in Führung liegend mit seinen vier
Konkurrenten in die letzte Runde ging. In einem starken Spurt von der Spitze
ließ er dann dem Äthiopier Assefa Mezegebu (26:49,90) keine Chance.
Die ersten zwölf Läufer dieses Rennens erzielten persönliche
Bestzeiten.
Hochklassig war auch, was Wilson Kipketer zeigte. Der für Dänemark
startende Kenianer lief über 800 m mit 1:42,74 Minuten die schnellste Zeit
des Jahres. In 50,15 Sekunden hatte Tempomacher David Kiptoo (Kenia) das Feld
durch die 400-m-Marke geführt. „Eigentlich ist das, verglichen zu
den Zeiten, wo wir schon einmal waren, nicht so schnell“, sagte
Weltrekordler Wilson Kipketer (1:41,11 Minuten/1997), „aber für mich
war dieses Tempo heute ideal. Ich habe eine für mich zurzeit perfekte Zeit
erzielt.“ Für Wilson Kipketer ist damit die Saison beendet. Nach
seiner Fußverletzung im vergangenen Jahr merkt er, „dass ich jetzt
eine Pause brauche. Denn ich habe zu hart arbeiten müssen, um in diesen
Leistungsbereich zurückzukommen.“ Im starken Brüsseler Feld
reichten 1:44,38 Minuten übrigens nur zu Platz zehn. Achter wurde Nils
Schumann (Creaton Großengottern). Der Olympiasieger verbesserte in
1:44,20 Minuten seine Bestzeit aus 2000 um zwei Hundertstelsekunden und meldete
sich damit nach einer Grippe zurück. Mit dem Ergebnis konnte er angesichts
der gesundheitlichen Probleme („nach der EM lag ich zwei Tage flach, und
ich merke heute noch leichte Halssschmerzen“) zufrieden sein.
„Allerdings wäre vielleicht auch eine 43er Zeit drin gewesen“,
sagte Nils Schumann, der sich nach 600 Metern noch recht gut fühlte.
„Doch dann musste ich in der Kurve etwas nach außen gehen. Da habe
ich vielleicht etwas verloren. Aber man sieht auch, dass mir die
Tempohärte fehlt“, erklärte der 24-Jährige, der nun nur
noch zweimal in dieser Saison startet: beim ISAF am Freitag und in Madrid beim
Weltcup.
Während Maria Mutola (Mozambique) den avisierten 1000-m-Weltrekord von
Swetlana Masterkowa (2:28,98 Minuten), den die Russin vor sechs Jahren in
Brüssel aufgestellt hatte, am Ende in 2:30,12 deutlich verpasste, gab es
eine weitere Jahresweltbestzeit über die Mittelstrecke der Frauen. Die
türkische Überraschungs-Europameisterin Süreyya Ayhan steigerte
ihren nationalen Rekord von München um gut eine Sekunde auf 3:57,75
Minuten. Zwischen der Tempomacherin und dem Feld laufend, rannte die
Türkin die schnellste Zeit weltweit seit vier Jahren.
Für die fünfte Saisonbestzeit sorgte Marion Jones, die nach ihrem
100-m-Sieg auch über 200 m gegen Schanna Pintusewitsch-Block gewann. 22,11
Sekunden lief die Weltmeisterin und meinte später: „Es motiviert
mich, wenn gute Konkurrenz da ist. Deswegen habe ich mich zu diesem Doppelstart
entschlossen.“
Noch drei weitere Laufentscheidungen gab es in Brüssel: Die 3000 m
gewann der Marokkaner Abderrahim Goumri (7:35,77 Minuten), über
3000-m-Hindernis gab es nach dem Startverzicht des in der A-Dopingprobe positiv
getesteten Weltrekordlers Brahim Boulami (Marokko) wieder einen kenianischen
Sieg: Ezekiel Kemboi gewann in 8:06,65 Minuten. Und im 3000-m-Lauf der Frauen
hatte Berhane Adere in 8:26,14 Minuten in einem Fotofinish mit einer
Hundertstelsekunde die Nase vorne vor Gabriela Szabo (Rumänien), die nach
der Ehrenrunde erfuhr, dass sie nur Zweite war. Für die äthiopische
Siegerin Berhane Adere war es ein gelungener Test für das ISTAF, wo sie
einen Weltrekordversuch über 5000 m anstrebt.