Der zweite Tag der Deutschen Hallenmeisterschaften brachte zwei Lichtblicke über die Mittelstrecken. Im 1500-m-Finale der Männer gab es eine souveräne Vorstellung von Wolfram Müller (LAV Asics Tübingen). Weder seine Gegner noch, in diesem speziellen Fall, das Kampfgericht konnten ihm im Sindelfinger Glaspalast gefährlich werden. Müller lief nach 3:44,47 Minuten ins Ziel, Silber gewann Stefan Eberhardt (LC Thüringen-Gas Erfurt) mit 3:44,91. Er hatte in der Schlussphase des Rennens noch den vor ihm laufenden Jonas Stiefel (LG Nord Berlin) überholt und auf Rang drei verwiesen (3:46,56).
Müller setzte sich von Beginn an an die Spitze und bestimmte die Pace. Nach 58,28 Sekunden hatte er die 400-m-Marke erreicht, nach 1:59,93 Minuten waren 800 Meter gelaufen. Doch Wolfram Müller wusste nichts von den Zwischenzeiten und konnte nicht so richtig einschätzen, wie er lag. „Die Zeit lief aus irgendeinem Grund nicht mit“, erzählte Wolfram Müller später. Erst ganz am Ende des Rennens lief offenbar die Uhr wieder, so dass Müller dann seine Zwischenzeit erkennen konnte. Hinzu kam, dass ihm zeitweilig auch noch eine Runde mehr auf dem Rundenzähler angezeigt worden war. „Ich konnte das gar nicht mehr einschätzen. So etwas darf eigentlich bei einem Meisterschaftsrennen nicht passieren“, erklärte Wolfram Müller später. Eigentlich hatte er sich ein Ergebnis von 3:40 Minuten vorgenommen, doch das war aufgrund der Umstände nicht möglich. „Normalerweise hätte ich diese Zeit ohne weiteres alleine von der Spitze weg laufen können.“ Das zweite Ziel geriet jedoch zu keiner Zeit in Gefahr: Der Sieg war Wolfram Müller nicht zu nehmen.
Die Hallen-EM-Norm hatte er mit 3:39,47 Minuten schon vor den Meisterschaften geknackt. Und für Madrid rechnet sich Müller nun durchaus etwas aus. „Ich bin jetzt Nummer fünf in Europa. Ivan Heshko wird sicherlich nicht zu schlagen sein, aber die dahinter laufen alle im Bereich von etwa 3:38 und 3:39 Minuten. Und auf der letzten Runde bin ich immer stark“, sagt Wolfram Müller, dessen Saisonvorbereitung allerdings einmal nicht optimal gelaufen war. Im Oktober und November war Müller bei der Bundeswehr, dann kamen private Probleme hinzu. „Ich konnte vier Wochen gar nicht trainieren und bin erst am 20. Dezember in das Training eingestiegen.“
Auch über 800 Meter der Frauen gibt es eine gute Perspektive für Madrid: Die neue Deutsche Hallenmeisterin heißt Claudia Gesell. Die 27-jährige Läuferin von Bayer Leverkusen gewann das 800-m-Finale in Sindelfingen in 2:01,72 Minuten und unterbot damit ein weiteres Mal in dieser Saison die Norm für die Hallen-Europameisterschaften in Madrid. Diesen Richtwert hatte der DLV auf 2:02,50 festgesetzt. Rang zwei ging im Glaspalast an Monika Gradzki. Die Titelverteidigerin des TV Wattenscheid lief mit 2:02,27 Minuten exakt so schnell wie ihre bisherige Hallen-Saisonbestleistung. Damit hat auch Monika Gradzki im Finale die Hallen-EM-Norm unterboten.
Beide Athletinnen haben dies aber vor allen Dingen einer dritten zu verdanken. Denn es war Janina Goldfuß, die von Beginn an für das Tempo sorgte. Die Wattenscheider Vereinskameradin von Monika Gradzki setzte sich nach dem Start an die Spitze, lief die erste Runde in 28,97 Sekunden und hatte die 400-m-Marke nach 59,76 Sekunden passiert. Nach etwa 450 Metern ging dann Claudia Gesell an die Spitze. Sie hatte auf ein schnelles Rennen gehofft. Und genau das hatte sich im Glaspalast entwickelt.
„Wir hatten vorher nichts abgesprochen bezüglich Tempoarbeit. Deswegen hatte ich nicht damit gerechnet, dass Janina sich vorne einspannt“, sagte Claudia Gesell. „Unabhängig vom Tempo hatte ich mir vorher überlegt, bei 450 Metern an die Spitze zu gehen. Ich habe einen längeren Schritt und brauche deswegen etwas mehr Platz. Von daher kam mir auch das schnelle Rennen entgegen.“ Monika Gradzki versuchte auf den letzten 150 Metern noch einmal anzugreifen, doch richtig gefährlich wurde sie für Claudia Gesell nicht.
„Ich wollte dieses Rennen unbedingt gewinnen, da ich bisher, abgesehen von einer Ausnahme als Jugendliche, jedes Rennen bei einer Deutschen Meisterschaft gewonnen habe. Das lief heute wirklich perfekt für mich“, sagte Claudia Gesell, die sich unmittelbar nach dem Finale für einen Start bei den Hallen-Europameisterschaften in Madrid entschied. „Vorher war ich mir nicht so sicher, denn mit einer 2:02 wollte ich nicht unbedingt zur EM fahren“, erklärte Claudia Gesell nach ihrer Saisonbestleistung.
Nach dem Rennen in Leipzig hatte sich Claudia Gesell erkältet, so dass sie sich nicht ganz sicher war bezüglich der Form in Sindelfingen. „Aber nach dem heutigen Finale habe ich mich sogar besser gefühlt als nach dem gestrigen Vorlauf. Und die Zeit ist prima. Vielleicht kann ich in Madrid dann noch etwas draufpacken. Und wenn ich dort starte, dann möchte ich natürlich auch das Finale erreichen“, erzählte die 800-m-Läuferin, die nach Olympischen Spielen zu Trainer Kurt Ring wechselte und nach wie vor in Regensburg wohnt und trainiert.
Doch auch wenn die Hallen-EM ein erster Höhepunkt ist, so ist der Trainingsaufbau voll auf den Sommer mit der WM ausgerichtet. „Ich hoffe, dass ich da dann richtig gut in Form bin.“ Das war letztes Jahr nicht der Fall. Vor den Olympischen Spielen hatte Claudia Gesell nach zwei Erkältungen zu früh mit dem Training begonnen. „Danach war ich im Keller. Und deswegen kam im Vorlauf das Aus.“ Nach Athen hatte Claudia Gesell dann ihre Saison vorzeitig beendet. Nun ist sie nach einem Neuaufbau wieder im Kommen.
Auf den anderen beiden Mittelstrecken sieht es vergleichsweise weniger gut aus in Richtung Hallen-EM. René Herms (Asics Pirna) setzte sich über 800 Meter nach einem Bummelrennen in 1:53,05 Minuten durch und verteidigte seinen Titel. „Mir ging es heute nur um den Sieg“, sagte Herms. Zweiter wurde einmal mehr Nico Motchebon (LAZ Salamander Kornwestheim/1:53,31). „Eigentlich ist es ein Ding, dass ich immer noch Zweiter werden kann, denn ich trainiere ja nur noch fünfmal in der Woche“, erklärte Nico Motchebon. Dritter wurde Toni Mohr (LC Cottbus/1:53,64). Das 1.500-m-Rennen der Frauen gewann Antje Möldner (SC Potsdam) in 4:16,20 Minuten im Endspurt vor Carmen Rüdiger (SCC Berlin/4:16,49). Auf Rang drei kam Sabrina Mockenhaupt (LG Sieg) in 4:16,70. Sie hatte tags zuvor ja bereits die 3.000 m gewonnen.