Dr. Dave E. Martin (Atlanta/USA) hat in einer bisher einmaligen
statistischen Untersuchung die Ergebnisse der Marathonläufe 2004
aufgelistet und nach Zeiten unter 2:20:00 bei den Männern und unter
2:55:00 bei den Frauen ausgewertet.
Und das nicht nur vom Jahr 2004, sondern beginnend bei den Männern
vom Jahr 1953 an, hier wurden die ersten Ergebnisse unter 2:20:00
registriert, und bei den Frauen vom Jahr 1971 beginnend.
28.603 Zeiten unter 2:20:00 gab es seit 1953 bei den Männern und
28.684 Zeiten unter 2:55:00 bei den Frauen – demnach haben die Frauen –
trotz kürzerer Zeitspanne - mächtig aufgeholt.
James Peters (GBR) war der erste Mann der 1953 unter 2:20:00 lief.
Alle drei Zeiten unter 2:20:00 in diesem Jahr stammen von ihm:
2:18:41 am 13. Juni 1953 in Chiswick /England – 2:19:22 am 12.
September 1953 in Enschede / Holland und 2:18:35 am 4. Oktober 1953 in
Turku in Finnland. Auch die vierte Zeit unter 2:20:00 vom Jahr stammt
von James Peters, die lief am 26. Juni 1954 mit 2:17:40 auch wieder in
Chiswick /n England. Im Jahr 1955 lief kein Athlet unter dieser Marke,
aber im Jahr 1956 kam der Durchbruch der Finnen: Am 12. August 1956
liefen in Pieksamaki / Finnland vier finnische Läufer unter diese
Schallmauer: Des gewann Paavo Kotila in 2:18:05 vor Eino Oksanen in
2:18:51, Veiko Karvonen 2:18:57 und Eino Pulkinen 2:19:27.
Am 20. April 1953 gab es beim berühmten Boston Marathon auch
erstklassige Ergebnisse mit drei Zeiten unter 2:20:00 durch Yamada
(JPN) in 2:18:51, Kavonen (FIN) 2:19:09 und Leandersson (SWE) 2:19:36 –
allerdings ergaben spätere Vermessungen, dass alle Läufe zwischen 1951
und 1957 in Boston 1,183 yards zu kurz waren. Bei Straßenbauarbeiten
für Autos „verschwanden“ verschiedene Kurven.
Die erste Frau, die unter 3 Stunden lief war die 28-jährige Adrienne
Beames (USA) am 31. August 1971 in Werribee, Victoria (Australien) –
sie lief 2:46:30 und verbesserte den Rekord von Elizabeth Bonner (USA)
um mehr als 15 Minuten. Adrienne Beames wurde in dem Lauf Gesamt-Fünfte
von 18 Startern und 15 Finishern. Die zweite Frau von 1971 mit einer
glänzenden Zeit unter 2:55:00 war Cheryl Bridges (USA) in 2:49:40
am 5. Dezember 1971 in Culver City (USA).
Im Jahr 1983 gab es eine wahre Leistungsexplosion mit 1.134 Zeiten
unter 2:20:00 bei den Männenr und 1.038 Leistungen unter 2:55:00 bei
den Frauen – die Leistungen der Frauen wuchsen jährlich kontinuierlich
auf die Rekordzahl von 1.521 Zeiten unter 2:55:00 im Jahr 2004 – bei
den Männern brachte erst das vergangene Jahr einen neuen Höchststand
von 1.205 Leistungen unter 2:20:00.
Dave Martin untersuchte zudem das Jahr 2004, welche Läuferinnen und
Läufer welchen Nationalitäten angehören, die jeweils die 2:20:00, bzw.
die 2:55:00 unterbieten konnten.
Nicht überraschend dabei ist das Ergebnis bei den Männern:
446 Leistungen der weltweit erreichten 1.205 Ergebnisse unter 2:20:00 erreichten Läufer aus Kenia, das sind 27 %,
126 Leistungen unter 2:20:00 erbrachten Japaner und 62 Leistungen unter
2:20:00 Läufer aus Äthiopien - nur 7 Zeiten unter 2:20:00 sind von
deutschen Läufern erbracht worden.
Männer (Nationalitäten) unter 2:20:00 im Jahr 2004:
KEN 446, JPN 126, ETH 62, RUS 56, USA 46, ITA 41, CHN 36, TAN 32,
MAR 30, BRA 27 – GER 7! (siehe alle anderen Nationen in der
Gesamtstatistik)
Doch sehr überraschend ist das Ergebnis bei den Frauen mit Leistungen unter 2:55:00 im Jahr 2004:
Die USA führen hier mit 227 Leistungen unter 2:55:00 vor Japan 176,
Russland 167 und China 123 Leistungen, die deutschen Läuferinnen liegen
hervorragend mit 79 Zeiten unter 2:55 ganz knapp hinter den kenianische
Läuferinnen, die 80-mal unter 2:55:00 blieben.
Frauen:
USA 227, JPN 176, RUS 167, CHN 123, KEN 80, GER 79, ITA 56, ETH 49, POL 45, FRA 42 (weiteres - siehe Gesamtstatistik).
Dave Martin wagte schon vor einigen Jahren die Zeiten vorauszusagen,
wann Frauen die 2:20:00 Schallmauer unterbieten – seine Voraussage war
„im Frühjahr 2002“. Tatsächlich unterbot Naoko Takahashi (JPN) schon am
30. September 2001 beim real,- BERLIN-MARATHON diese Marke mit 2:19:46
- die Zeit von 2:00:00 bei den Männern zu unterbieten ist von ihm im
Jahre 2015 vorausgesagt – der aktuelle Weltrekord liegt bei 2:04:55
durch Paul Tergat beim 30. real,- BERLIN-MARATHON am 28. September 2003.
Erklärungsversuche
Die kenianischen Läufer beherrschten seit Jahren die Mittelstrecken,
bis sie auch den Marathon für sich „entdeckten“. Robert Hartmann
schreibt in seinem Buch „Läufergeschichten aus Afrika“ über die
Überlegenheit der Keniaten, die in den sechs Weltranglisten zwischen
800 m und Marathon regelmäßig die Hälfte der vorderen zehn Plätze
belegen. „Die letzte Wahrheit haben die Wissenschaftler noch nicht
ergründet. Die Mütter aber sagen: “Es ist die Milch“! „Es gibt kein
Geheimnis, außer harter Arbeit“, sagte Kipchoge Keino, die Legende,
Olympiasieger 1968 und 1972.
Leidenschaft und Leidensfähigkeit
Die Läufer fallen mir ihrer Leidenschaft und Leidensfähigkeit auf“ –
so Robert Hartmann weiter. „Das Last-Kraft-Verhältnis unserer Körper
ist idealer als bei den Weißen“. erwähnt Billy Konchellah als
willkommenen Vorteil, der 800 m Weltmeister 1987 und 1991, ein Masai“ –
so Hartmann, und „die Läufer besitzen die idealtypischen Figuren. Es
fällt auf, dass sich Arme und Beine in die Länge ziehen. Und dann
sprechen die Kenianer einfach vom Läufermuskel, der Kwaryat-Power. Das
ist die Kraft, die aus der Wade kommt“. „Im Busch ist ein dickes Kind
selten“ und „die Kenianer verbringen ihre Kindheit barfuß, sie bewegen
sich auf warmer Erde“. „Das stärkt die Füße, die sie weit tragen
können. Sie brauchen sich kaum anzustrengen, wenn sie über Hürden und
Wassergräben springen, als sein sie kleine Termitenhügel“, schreibt
Robert Hartmann in seinem Buch "Läufergeschichten aus Afrika" (Hasselroth: Verlag Dr. Harald Schmid, 2004 – ISBN 3-938101-01-6 – www.pr400.de weiter.
Vielleicht sind das die Erklärungen, warum die Läufer aus Kenia und
natürlich und auch im verstärktem Umfang in der Zukunft - auch die
Läuferinnen aus Kenia - in der ganzen Welt bei allen großen Läufen und
über alle Distanzen zwischen 800 m und Marathon die Siege unter sich
ausmachen. Insofern könnte man vielleicht mit der aufsehenerregenden
Statistik von Dave Martin von der Überlegenheit der Läufer aus Kenia im
Marathon gleich die Erklärung von Robert Hartmann anschließen, das
liest sich fast logisch.
Für die Läufer und Läuferinnen aus den anderen Ländern bleibt dann
nur der Hinweis von Kipchoge Keino ein Trost, dass alles nur „harte
Arbeit“ sei. Bestätigen kann das sicherlich Paula Radcliffe (GBR), die
amtierende Weltrekordlerin im Marathon mit 2:15:25 vom 13. April 2003
in London.
Horst Milde
Dr. Dave E. Martin
Dr. David E. Martin PHD (College of Health Sciences, Georgia State
University, Atlanta/USA) ist praktizierender Physiologe und
gleichzeitig beschäftigt er sich mit Sportgeschichte und der
Durchführung großer Sportveranstaltungen, d.h. er arbeitete mit an der
Durchführung der Olympischen Spiele in Barcelona und Atlanta,
insbesondere was die Athleten in Bezug von Temperaturen und Klima
erwartete.
Er ist Vorsitzender der Sportwissenschaften des US-
Leichtathletikverbandes, fellow des American College of Sportsmedicine
und gleichzeitig Mitglied der Vereinigung der Leichtathletik
Statistiker und der Internationalen Gesellschaft der Olympia Historiker.
Er begleitet die US-Leichtathletik Mannschaft bei großen Events
weltweit, so u.a. zuletzt bei den Olympischen Spielen in Athen 2004. Er
war direkt am Erfolg der Marathon-Medaillenränge von Deena Kastor bei
den Frauen (Bronze) und Mebrahtom Keflezighi bei den Männern (Silber)
beteiligt, diese Erfolge sagte er im übrigen auch voraus.
Bei AIMS (Association of International Marathons and Road Races) ist
Dr. Dave Martin Mitglied des Board of Directors und verantwortlich für
die umfangreiche Statistik der weltweit größten 10 km-, Halbmarathon -
und Marathonläufe der Welt.
Dave Martin ist Autor (zusammen mit Roger W.H. Gynn) des Buches und
Bestsellers “THE MARATHON FOOTRACE“ (1979) und “THE OLYMPIC
MARATHON“(mit Roger W.H.Gynn) “The History and Drama of Sports most
Challenging Event“ - Human Kinetics 2000
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PDF-Dokument downloaden.