Was für Antonia Noll früher das Eis war, ist nun für sie der Asphalt. Bis sie in die Pubertät kam, war die junge Berlinerin leidenschaftliche Eiskunstläuferin. „Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie meine Mutter mich jeden Tag von der Schule abgeholt hat. Dann habe ich im Auto schnell etwas gegessen und mich umgezogen. An der Eishalle angekommen ging es dann voller Konzentration beim Training weiter.“ Als Profisportlerin sah Antonias Tagesrhythmus damals fast täglich so aus. Doch das harte Training machte sich bezahlt. Antonia wurde mehrfache Berliner Meisterin. „Für mich war diese Zeit eine wundervolle Zeit. Natürlich: Ich hatte einen völlig anderen Tagesablauf als meine anderen Klassenkameraden. Für mich gab es nicht die betrunkenen Partyabende, von denen die Mädels an den Montagen in der Schule berichteten. Für mich gab es das Eis, kunstvolle Kostüme, liebevolle Eltern, die mich beim Training unterstützten und Trainingspartner, die zu echten Freunden wurden. Aber das reichte mir damals auch völlig aus“, berichtet die Sportlerin und gerät dabei ins Schwärmen.
Erst als aus Antonia eine junge Erwachsene wurde, ihre Noten in der Schule unter dem ständigen Eistraining litten und auch andere Dinge einen neuen Stellenwert einnahmen, beschloss Antonia den Leistungssport aufzugeben. Nach diesem Bruch war sie lange Zeit nicht aktiv. Bis sie sich eines Tages an die Läufe erinnerte, auf denen sie ihren Vater früher begleitet hatte. „Ich war gerade mal fünf Jahre alt, da bin ich schon neben ihm hergerannt.“ Antonias Vater ist leidenschaftlicher Marathonläufer. Ob als Zuschauerin oder auf Streckenabschnitten an seiner Seite: Antonia war oft bei Wettkämpfen ihres Vaters dabei, um ihm zuzujubeln. So entstand plötzlich wieder der Wunsch, selbst aktiv zu werden. Mit 5- und 10-Kilometer-Läufen arbeitete sie sich wieder hoch bis zur Topform. Um ihre Zeiten zu verbessern trat sie vor einem Jahr in den SCC-Laufverein ein und integrierte von nun an auch Intervall-Läufe in ihr Training. Vor einem Jahr hat die Läuferin bereits ihren ersten Marathon in Berlin bestritten. Jedoch fühlte sie sich bereits in der Vorbereitung darauf nicht fit genug und war letztendlich nicht zufrieden mit ihrer Zeit. Das soll sich in diesem Jahr nun ändern: „Ich trainiere nun nach Trainingsplan und gehe fünf bis sechs Mal pro Woche laufen.“ Als Ziel hat sich Antonia eine Zeit von 3:30 Stunden gesetzt. „Ich bekomme schon jetzt Gänsehaut, wenn ich an die Musik denke, die bei SCC-Veranstaltungen jedes Mal kurz vor dem Start gespielt wird.
Letztes Jahr habe ich vor lauter Emotionen dabei losgeheult.“ Antonia lacht. In diesem Jahr wird sie sich auch die eine oder andere Träne erlauben. „Laufen ist nun einmal eine emotionale Sache. Da trifft man auf andere Sportler, die neben einem herlaufen und eine völlig andere Sprache sprechen. Doch bei einem Lauf, sind wir letztendlich alle gleich: Wir laufen und sprechen alle marathonisch.“ Kein Eiskunstlauf der Welt kann ihr dieses einzigartige Gefühl geben.