Am kommenden Sonntag sind es noch 3 Monate bis zum 29.09.2002. Um 9.00 Uhr
trifft sich Bernd Hübner mit seiner Lauftrainingsgruppe am Mommsenstadion,
Waldschulallee zu einem 2.0 – 2.5 stündigen Lauf im 6er Tempo im
Grunewald.
Das MEDICAL TEAM des real,- BERLIN-MARATHON stellt Ihnen
einen Ausschnitt der wichtigsten Vorbereitungsschritte auf den Lauf am
29.09.2002 vor. Sie haben sich bereits seit Monaten trainingsspezifisch
vorbereitet- zu einer guten Vorbereitung geben wir Ihnen eine Check- Liste zur
individuellen Überprüfung mit nach Hause.
Ein Gesundheits Check-UP gehört zur optimalen Vorbereitung auf einen
Marathon
Gesundheit:
1. Anfänger sollten sich vor Aufnahme des Marathon-Trainings von einem
sportmedizinisch kompetenten Arzt untersuchen lassen. Hierbei sollten neben der
ärztlichen Untersuchung auch ein Laborbefund, ein Ruhe- und Belastungs-EKG
sowie die Messung des Ruhe- und Belastungsblutdrucks durchgeführt werden.
Des weiteren ist auch eine Echokardiografie (Ultraschalluntersuchung des
Herzens) zu empfehlen. Erst wenn aus sportmedizinischer Sicht Sporttauglichkeit
attestiert wird, sollte das Training forciert werden.
2. Mindestens 1 x pro Jahr sollte ein sportmedizinischer Check-up erfolgen.
Die letzte Untersuchung sollte nicht länger als 6 Monate vor dem Lauf
zurückliegen.
3. Mindestens 2 x pro Jahr sollte eine zahnärztliche Untersuchung zu
erfolgen, um „Infektherde“ auszuschließen.
4. Teilnehmer bitten wir wichtige gesundheitliche Daten, wie beispielsweise
Diabetiker, Hypertoniker etc. auf der Rückseite der Startnummer neben der
Adresse und Telefonnummer zu vermerken
Vielen schweren Zwischenfällen der letzten Jahre lagen Infekte in der
Zeit vor dem Lauf zugrunde. Derartige scheinbar nur harmlose Infektionen der
oberen Luftwege oder in anderen Körpersegmenten können zu einer
Herzmuskelentzündung (Myokarditis) führen, wenn während des
Infektes weiter trainiert wird. Insbesondere bei Infekten, die mit länger
anhaltendem Fieber einhergehen, kann es auch vermehrt zu
Herzrhythmusstörungen kommen, welche bei körperlicher Belastung zum
Tode führen können. Der Mechanismus ist vereinfacht so darzustellen,
dass es unter der fieberhaften Entzündung zu einer Verdickung bzw.
Aufquellung der Herzmuskelfaser und ihres umhüllenden Gewebes kommen kann.
Durch diese Verdickung ist der Sauerstofftransport aus den Herzmuskel
versorgenden Kapillaren in die Muskelzelle verlangsamt. Diese Verlangsamung
liegt in dem längeren Transportweg begründet und führt bei hoher
Belastung zwangsläufig zum Abbruch der Versorgungskette im Herzmuskel
selbst. Dieses kann schlagartig ohne Vorzeichen eintreten und damit eine
lebensbedrohliche oder sogar tödliche Herzrhythmusstörung
auslösen.
Sie sind erkältet, fühlen sich unwohl - prüfen Sie zuerst
einmal Ihre Temperatur: Ist sie erhöht - Morgens bevor Sie aufstehen,
messen Sie Ihren Ruhepuls: Ist der auch erhöht ( 6-8 Schläge) - Dann
nichts wie ab zum Arzt und erst einmal untersuchen und ein Blutbild machen
lassen.
Merke: Derzeit geht eine Welle von Infekten um - davor ist niemand
geschützt. Gibt es das OK des Arztes nicht, dann Sportsgeist beweisen und
über einen Zeitraum von mindestens einer Woche kein Training ansetzen.
Dies gilt vor allem dann, wenn Sie erhöhte Temperatur aufweisen. Ein
Trainingseffekt während des Infektes stellt sich sowieso nicht
ein.
Im Anschluß an einen überstandenen Infekt sollte vor
Wiederaufnahme des Trainings ein Sportmediziner bezüglich der aktuellen
Sporttauglichkeit gefragt werden. Hierbei kann auch untersucht werden, ob noch
Entzündungszeichen im Blut vorliegen. Wettkämpfe sollten im
unmittelbaren Anschluß an einen Infekt nicht durchgeführt
werden.
Sollte sich ein Unwohlsein (Halsschmerzen, Husten, Schnupfen) bereits bei
Ihrem Berlin Aufenthalt zeigen, so sollten Sie auf jeden Fall einen Arzt
aufsuchen. Entscheidende Entzündungsparameter werden aus dem Blut gewonnen
und zur abschließenden Beurteilung herangezogen. Hierzu haben Sie die
Möglichkeit, sich bei der Startnummernabholung auf der Sport- und
Gesundheitsmesse auf dem Stand der Sportmedizin einzufinden. Dort werden wir
Sie eingängig untersuchen und wenn notwendig ein Blutbild gegen ein
geringes Entgelt innerhalb von drei Stunden zu Ihrer Sicherheit anfertigen
lassen.
Orthopädie
Kausal gesehen gibt es eine Kette von Funktionszusammenhängen die Sie
bei entstehenden Beschwerden beachten sollten. Leistungsstand, Lauferfahrung,
Vorschädigungen bzw. Fehlstellungen, Funktionszustand des Muskel-
Skelettsystems und das Schuhwerk müssen hierbei ganzheitlich betrachten
werden.
Merke:
Lassen Sie sich bereits vor akuten Beschwerden behandeln. Die Erfahrung
zeigt, dass oftmals in einem zu späten Stadium der Weg zum Spezialisten
gesucht wird und eine Genesung bzw. Wiederherstellung zum Wettkampftag nicht
mehr möglich ist.
Zumeist ergeben sich jedoch aus der zu schnellen Erhöhung der
Laufkilometer orthopädische Probleme. Sie sollten auf jeden Fall in der
Lage sein 3. Monate vor dem Marathon > 2- 2,5 Std am Stück ohne
Schmerzen laufen zu können 2 Monate vor dem Marathon > 3 Std. am
Stück ohne Probleme laufen zu können. 1 Monat vor dem Marathon >
hypothetisch in der Lage zu sein einen Marathon laufen zu können.
Schuhwerk
Überprüfen Sie Ihr Schuhwerk. Die Dämpfungseigenschaften
eines Laufschuhs sind bis zu 1000 Laufkilometer gewährleistet, danach
erfolgt eine überproportionale Materialermüdung. In der Vorbereitung
sollten Sie spätestens jetzt einen Zeitschuh, welcher im Wettkampf
gelaufen wird einlaufen. Häufig treten orthopädische Probleme
aufgrund eines falschen Schuhwerks auf. Individualität bezüglich der
Fußstellung (Nullstellung, eher ein „nach innen knicken oder nach
außen knicken“(Pronation-Supination) sind oftmals der Ursprung von
Überlastungsbeschwerden.l
Merke
Tragen Sie keine neuen Schuhe- Ihre Wettkampfschuhe sollten Sie mindestens
drei Monate getragen haben, das verhindert die leidigen Blasenverletzungen und
Reibungsstellen, die viele Läufer bereits zum Aufgeben gezwungen haben.
Lassen Sie sich also vom Fachhändler beraten.
Sommer und Hitze
Prinzipiell sollten Sie mit Mütze laufen. Bei langen Läufen ist es
anzuraten die Mütze mit Wasser nass zu machen, das kühlt angenehm und
beugt einer Überhitzung vor.
Achten Sie auf atmungsaktive Kleidung- hier wird Ihre Wärmeregulation
optimal gewährleistet und bewirkt unnötige
„Überhitzungsmechanismen „ die zu extremen
Leistungseinbußen führen. Bei den Socken sollten Sie nicht auf Ihre
altbewährten Tennissocken zurückgreifen. Spezielle Laufsocken haben
ein spezielles Nahtsystem und sind an besonders empfindsamen Stellen
nahtlos.
Abkleben und Reibestellen Bereits im Training sollten Sie
Reibestellen bei längeren Einheiten vorsorglich vermeiden. Zum Thema
Abkleben nur soviel: Brustwarzen abkleben und Reibestellen wie Zehen,
Oberschenkelinnenseiten Achselhöhlen dick einreiben, am Besten mit
Bepanthen oder Hirschtalg.
Essen und Training
Das berühmte „Carboloading“ (Kohlenhydrate zuführen)
vor dem Marathon gehört zur Pflicht eines jeden Läufers. Achten Sie
dabei darauf, dass bereits 8 Tage vor dem Lauf mit dem sogenannten
"Auftanken" begonnen werden sollte. Vermeiden Sie in den letzten 3
Monaten spezielle Diäten, die wissenschaftlich meist nicht gestützt
sind. Hier gilt das Prinzip- keine Experimente vor einem Lauf - was nicht
bereits ausgetestet wurde - sollte man auch vor einem Highlight nicht
ausprobieren. Und Merke, der Wasserhaushalt muss stimmen. "Abkochen"
vor einem Wettkampf ist Gift.
Merke: Unterlassen Sie das konzentrierte Einnehmen von
Traubenzucker! Testen Sie bereits im Vorfeld das Getränk und das Essen
welches Sie beim Marathon aufnehmen wollen.
Trinken:
Bei längeren Trainingsläufen sollte spätestens ab der 45. bis
60. Minute und dann fortlaufend in regelmäßigen Abständen
getrunken werden.
Bei zwei Stunden Läufen und mehr reichen keine 0,5 l !! Deponieren Sie
genügend Flüssigkeit.
Training
Fatal ist es zu denken, dass die gelaufene Geschwindigkeit beispielsweise
über 2 Stunden auch über vier Stunden aufrecht erhalten werden kann.
Besonders einem Halbmarathonläufer, der zum ersten mal einen Marathon
läuft stehen völlig andere Trainingsmechanismen bezüglich der
biochemischen Prozesse gegenüber. Es gibt spezielle marathonspezifische
Grundlagenläufe. Um diesen Bereich optimal herauszufiltern nehmen sie als
Anfänger einfach die Geschwindigkeit die für Sie regenerativ
wäre.
Wollen Sie ihre Trainingsbereiche seriös und exakt ermittelt haben, so
empfehlen wir eine Leistungsdiagnostik, die neben der Laktatschwellen auf jeden
Fall auch spiroergometrische Parameter (Atemgaswerte) erfasst. Institute finden
sie auf unserer homepage.
Merke: Seien Sie Realist. Ihre langen Läufe gingen
bisher meist nicht über 30 Kilometer- beim Marathon haben Sie noch 12,195
km vor sich. Der Stoffwechsel und damit die Energiebereitstellung kann
schlagartig umstellen. Die sogenannte Grundlagenausdauer auf der lange Strecke
sollten Sie Ernst nehmen. Zu hohes Tempo im Training kann sich beim Wettkampf
rächen. Viele kennen bereits die Aussage von vielen Läufern "da
kommt auf einmal der Mann mit dem Hammer", physiologisch ist das leicht zu
erklären- da hilft Ihnen kein Mittelchen mehr. Sind die Speicher entleert,
bleiben sie entleert. Laufen Sie in den letzten Monaten vor allem zyklisch und
trainieren Sie Ihren Fettstoffwechsel mit langen langsamen Einheiten und der
Variation von Kraftausdauereinheiten.