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Olympia-Laufserie (IV): 1500 Meter mit Süreyya Ayhan

DIE SITUATION:

Dieses Mittelstreckenrennen der Frauen kann zu einer sehr spannenden

Angelegenheit werden. Denn eine klare Favoritin zeichnet sich im Gegensatz zu

den 800 Metern nicht ab. Vor einem Jahr hätte man die Türkin

Süreyya Ayhan vielleicht als eine solche angesehen. Doch dann unterlag die

Überraschungs-Europameisterin von 2002 im Finale der WM gegen die Russin

Tatjana Tomaschowa.

Die Russinnen haben mehrere starke Läuferinnen und sind immer wieder

gut für eine Überraschung. Doch vielleicht erhält Süreyya

Ayhan auch plötzlich Konkurrenz aus dem eigenen Land. Die Türkei war

noch vor Ayhan ein Niemandsland auf der leichtathletischen Landkarte. Jetzt

haben sie schon eine Weltrekordlerin, die nicht Ayhan heißt. Elvan

Abeylegesse lief in Bergen bei der Golden League eine neue 5000-m-Bestzeit. Die

aus Äthiopien stammende, türkische Läuferin wird

möglicherweise in Athen auch über 1500 Meter an den Start gehen. Das

könnte ein tolles Duell geben, denn Abeylegesse hat sich zu Saisonbeginn

mit erstklassigen 3:58,28 Minuten auch an die Spitze der Jahresweltbestenliste

über 1500 Meter gesetzt. Und, wer weiß, vielleicht wagt ja auch

Maria Mutola (Mozambique), die große Favoritin über 800 Meter, einen

Doppelstart. Der Zeitplan würde es ihr ermöglichen.

SÜREYYA AYHAN – TÜRKISCHE

NATIONALHELDIN

Bei den Europameisterschaften von München schrieb Süreyya Ayhan

türkische Sportgeschichte. Die 1500-m-Läuferin bescherte der

Türkei die erste Goldmedaille bei einer Leichtathletik-EM. „Man kann

mir die ganze Welt anbieten – ich würde lieber diese Goldmedaille

nehmen“, sagte eine überglückliche Süreyya Ayhan, die mit

ihrem außergewöhnlichen Lauf in ihrer Heimat zu einem Star wurde.

Ganz knapp geschlagen hatte sie die große Favoritin, Gabriela Szabo

(Rumänien). Und dabei war sie mit 3:58,79 Minuten auch noch eine

Jahresweltbestzeit gerannt. Der Triumph war umso überraschender, weil

Süreyya Ayhan im Verlauf der Saison vor der EM kein einziges Rennen

bestritten hatte. Bei der WM 2001 war sie Achte geworden.

Ein Jahr später war die Erwartungshaltung in der Türkei

groß, als das 1500-m-Finale bei der WM auf dem Programm stand. In

mehreren Städten wurden Videotafeln aufgebaut, damit die Menschen das

Rennen ihrer beliebtesten Sportlerin verfolgen konnten. Der türkische

Ministerpräsident Recep Tayyib Erdogan reiste nur für dieses Finale

nach Paris und flog anschließend sofort weiter zu einem Staatsbesuch nach

Berlin. Erdogan sah aber nicht das, was er und die Türken erhofft hatten.

Süreyya Ayhan konnte an diesem Tag nicht gewinnen und wurde Zweite. Doch

Erdogan sagte noch in Paris: „Ich bin mir sicher, dass sie im

nächsten Jahr bei den Olympischen Spielen in Athen gewinnen

wird.“

Die 25-jährige Sportstudentin lebt in einem türkischen

Höhentrainingslager in Erzurum in 2200 Metern Höhe. Ihren

langjährigen Trainer, den früheren Skilangläufer Yucel Kop, hat

sie inzwischen geheiratet.

 

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