In Kooperation mit RUNNER’S WORLD erscheint hier jeden Monat ein Thema aus dem aktuellen Heft.
Bei mir wurde nach einem langen Lauf bei subjektiv niedriger Intensität ein Laktatwert von 1,6 mmol/l festgestellt. Ein unerwartet hoher Wert, obwohl ich mich locker gefühlt hatte? Herr P. M., St. Heinrich
Antwort:
Ein großes Kollektiv von an Ausdauersportlern durchgeführten Laktatmessungen zeigte im Mittel Ruhewerte um 1 Millimol pro Liter (mmol/l) und bei niedriger Belastungsintensität, vergleichbar mit Ihrem Dauerlauf, Werte von im Mittel 1,6 mmol/l. Das eigentlich Interessante an dieser Untersuchung war jedoch, dass die Einzelwerte der untersuchten Sportler eine starke Streuung aufwiesen. So lagen zum Beispiel die Ruhewerte teilweise über 2 mmol/l, obwohl die Sportler ausgeruht zum Test kamen. Gleiches fand sich auch bei den unter niedriger Belastungsintensität ermittelten Laktatwerten. Somit erlaubt die Messung eines einzelnen Lak- tatwertes eigentlich nur eine sehr ungenaue Einschätzung der individuellen Belastungsintensität während einer solchen Dauerlaufeinheit. Dies umso mehr, als der am Ende eines Laufes gemessene Wert allenfalls die Situation der letzten wenigen Minuten des Laufes reflektiert. Generell ist eine genauere Interpretation von im Training gemessenen Laktatwerten eigentlich erst dann möglich, wenn man das
individuelle Laktatverhalten des untersuchten Läufers im Mehrstufentest aus einer leistungsdiagnostischen Untersuchung kennt. Mit anderen Worten: die Interpretation bedarf eines großen Aufwands, wie er sich in der Regel für Freizeitläufer kaum lohnt.
Für die Belastungssteuerung im Lauftraining ist die Messung der Herzfrequenz mehr als ausreichend, aber auch hier gilt wieder: vorausgesetzt, man kennt seine individuellen Herzfrequenzvorgaben. Diese kann man anhand des Maximalpulses festlegen. Der Maximalpuls wird bei maximaler Laufbelastung in einem simplen Maximaltest ermittelt (siehe www.runnersworld. de). Eine solche Laufbelastung dürfen sich aber nur erfahrene Läufer zutrauen.
Aber: Laufeinsteiger und Hobbyläufer brauchen keine „Trainingssteuerung“, weder nach Laktatwerten noch nach Herzfrequenz.
-Martin Grüning
Laktatwerte, eine Meßgröße für Spitzensportler
Laktat, das Salz der Milchsäure, gilt als ein Indikator für körperliche Leistungsfähigkeit. Im Hochleistungssport finden Laktatmessungen Anwendung, um anhand der gemessenen Werte die Trainingsbelastung zu steuern bzw. eine Wettkampftaktik aufzustellen. Allerdings haben solche Trainings- und Wettkampfplanungen aufgrund wissenschaftlicher Methoden ihre Grenzen, vor allem im Langstrecken- und insbesondere im Marathonlauf, denn hier spielen psychische Wechselwirkungen auch im Zusammenhang mit Strecken- und Witterungsbedingungen eine große Rolle. Das beste Beispiel sind die erfolgreichen afrikanischen Läufer, die ihren wissenschaftlich vermessenen und entsprechend „gepolten“ Konkurrenten ohne diese Vorgaben und Voruntersuchungen meilenweit überlegen sind. Es ist sogar zu fragen, inwieweit eine solche Vorgehensweise für die vermessenen Athleten nicht allein durch die Kenntnis ihrer Vermessungsergebnisse und den damit verbundenen Erwartungen oder „realistischen Einschätzungen“ sich selbst bzw. einer am Tage X abzurufenden Hochleistung kontraproduktiv ist.
Noch problematischer ist der Einsatz der Laktatmessung im Bereich des Freizeitsports, wie sie in der Regel im Rahmen von Leistungsdiagnosen angeboten wird. Einmal abgesehen davon, dass sich Freizeitsportler von Hochleistungsläufern unterscheiden wie Ackergäule von hochsensiblen Rennpferden, fragt sich, wie sinnvoll (und erfolgversprechend) ein Fein-Tuning für Volksläufer ist, die am besten beraten sind, zunächst einmal einfachste Trainingsprinzipien in die Tat umzusetzen, bevor sie sich ihr prinzipiell einfaches Training durch Millimol-Werte verkomplizieren. Hier liegt der Schluss nahe, dass solche Laktatmessungen reine Geschäftemacherei auf dem Rücken ahnungsloser Freizeitsportler sind.