In Kooperation mit RUNNER’S WORLD erscheint hier jeden Monat ein gekürzter Beitrag aus dem aktuellen Heft.
So richtig Spaß macht das Laufen ja eigentlich erst, wenn man auch einmal ein höheres Tempo laufen kann. Aber von selbst kommt dieses Vermögen nicht, das wissen alle Läufer, denn schließlich haben sie alle ja irgendwann auch mal als Laufeinsteiger ihre ersten Laufschritte gemacht – und die waren sehr langsam. Man spürt es in der weiteren Folge der „Laufbahn“, dass ein gutes Laufvermögen nicht nur genügend Ausdauer braucht, sondern auch eine Portion Schnelligkeit.
Vielen Läufern sind die physiologischen Gesetzmäßigkeiten nicht bekannt, nach denen sich eine allgemeine Verbesserung der Schnelligkeit richtet. Erst recht aufgeschmissen sind sie, wenn es um sinnvolle Trainingsprogramme geht, die der Schnelligkeit auf die Sprünge helfen.
Maximale Sauerstoffaufnahme verbessern.
Wer seine maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit (VO2max) verbessert, kann auch seine Laufgeschwindigkeit erhöhen. VO2max ist die maximale Sauerstoffmenge, die der Körper auf einmal verarbeiten kann. Die beim Atmen vom Blut aufgenommene Sauerstoffmenge entspricht nämlich der Menge, welche die Muskeln zur Energieerzeugung verbrauchen. Folglich ist die Fähigkeit des Körpers, große Mengen an Sauerstoff aufzunehmen, zu transportieren und zu verarbeiten, entscheidend für die Leistungsfähigkeit. Wer mehr Sauerstoff verarbeiten kann, verfügt auch über mehr Power in der Beinmuskulatur. Jedes Prozent Zunahme an VO2max ergibt zum Beispiel eine Verbesserung der 10-km-Zeit um 15 bis 25 Sekunden.
Bei Laufanfängern lässt sich die VO2max schon in wenigen Wochen verbessern. Mit einem Wochenumfang von 25 bis dreißig Kilometern bei angenehmem Tempo können Einsteiger ihre VO2max um zehn bis 25 Prozent verbessern. Obwohl ihr Pulsschlag wahrscheinlich nie achtzig Prozent ihres maximalen Wertes übersteigt, wird sich ihre VO2max beständig verbessern.
Diese Strategie funktioniert jedoch nicht bei durchtrainierten Läufern. Zählen Sie zu diesen, dann müssen Sie andere Wege finden, Ihre Sauerstoffaufnahmefähigkeit zu steigern. Als Erstes bietet sich eine Erhöhung des Kilometerumfangs an. Die VO2max nimmt beträchtlich zu, wenn Sie Ihr wöchentliches Laufpensum allmählich von ungefähr vierzig Kilometer auf siebzig bis achtzig Kilometer erhöhen. (Die Betonung liegt auf „allmählich“; die Steigerung von Woche zu Woche sollte nie mehr als zehn Prozent betragen.) Diese Zunahme der Sauerstoffaufnahmefähigkeit wird allerdings geringer, wenn Ihr Kilometerumfang erst einmal ein bestimmtes Niveau erreicht hat. Studien lassen darauf schließen, dass ab einem wöchentlichen Trainingsumfang von 130 Kilometern die VO2max abflacht.
Damit kommen wir zur nächsten Möglichkeit: dem anaeroben Training. „Anaerob” bedeutet „ohne Sauerstoff”. Wenn Sie ein ziemlich hohes Tempo laufen, kann Ihr Körper nicht genügend Sauerstoff für eine ausreichende Versorgung der Muskeln bereitstellen. Deshalb setzt eine wichtige „anaerobe“ chemische Reaktion ein: Ihr Körper spaltet Glukose, wandelt sie in Milchsäure um und beschafft so die zum Laufen benötigte Energie. Darum wird Tempotraining manchmal auch als „anaerobes“ Training bezeichnet.
Um herauszufinden, ob Training im anaeroben Bereich die VO2max erhöht, haben die Forscher Henrik Larsen und Henning Bentzen vom August-Krogh-Institut der Universität Kopenhagen Untersuchungen an neun erfahrenen Langstreckenläufern vorgenommen, von denen jeder sechs Monate lang ungefähr einhundert Kilometer pro Woche bei mäßigem Tempo im aeroben Bereich trainierte. Dann liefen vier der Läufer 14 Wochen lang weiterhin im aeroben Bereich, während die restlichen fünf nur fünfzig Kilometer pro Woche trainierten. Die Hälfte davon waren Läufe im anaeroben Bereich, die über Distanzen von sechzig bis eintausend Meter gingen. Die Ergebnisse waren bemerkenswert. Obgleich die Läufer, die im aeroben Bereich trainierten, doppelt so viele Kilometer liefen, verglichen mit der im anaeroben Bereich trainierenden Gruppe, steigerte sich ihre maximale Sauerstoffaufnahme nicht. Diejenigen Läufer jedoch, welche Tempoarbeit leisteten, verbesserten ihre VO2max immerhin um sieben Prozent. Hinzu kommt, dass die Läufer, die anaerob trainierten, auch noch ihre Wettkampfzeiten verbesserten, die anderen hingegen nicht.
Warum nun sieht das Ergebnis so aus? Das anaerobe Training aktiviert Ihre Typ-IIa- („schnell-kontraktierenden“) Beinmuskelzellen. Sie stellen die, für das Sprinten benötigte, Energie bereit. Ihre Fähigkeit, Sauerstoff zu nutzen, steigt bei Aktivierung, das heißt bei sehr schnellem Laufen im anaeroben Bereich, deutlich an. Diese Zellen müssen sich auch anpassen, denn Tempoläufe bringen sowohl das Herz-Kreislauf-System als auch die Atmungsorgane an ihre Grenzen. Diese Tatsache wiederum zwingt die Typ-IIa-Muskelfasern dazu, ihre Fähigkeit zur Aufnahme von Sauerstoff zu steigern. Anaerobes Training bedeutet aber keinesfalls nur, drauflos zu sprinten, versuchen Sie es lieber mit einer wohldosierten Mischung aus Sprint- und Intervalltraining, wie wir es im Folgenden vorstellen.
Auf einen Nenner gebracht: Wer schneller werden will, muss auch schnell laufen. Und zwar mit einem ausgewogenen, aber intensiven Sprint- und Tempotraining.
11 Programme von Martin Grüning, mit denen Sie garantiert schneller werden, finden Sie in der Mai-Ausgabe 2007 von RUNNER’S WORLD. Weitere Trainingsprogramme finden Sie unter www.runnersworld.de.