Zum ersten Mal lief der männliche Autor dieser Zeilen vom Start bis zum
Ziel mit einer Vereinskollegin mit. Ziel der Laufbegleitung war ein
gleichmäßiges Tempo und eine Endzeit um die 38 Minuten. Hauptgrund
des Mitlaufens war die Wettkampfvorbereitung mit einem festgefügten
Trainingsplan und weniger die physische Nähe zu einer Frau. Die
gesammelten Erfahrungen auf dem Kurfürstendamm sind jedoch so
ernüchternd, daß ein Appell an die männlichen Läufer
zwingend erforderlich erscheint.
Bereits an der Startlinie wird geschubst, gedrängelt und auf die
Füße getreten. Eine Frau in der ersten Reihe, die nicht prominent
ist, auch wenn sie gut und schnell aussieht ?
Nein, das ruft forsche Kommentare heraus. "Welche Zeit habt Ihr denn
vor?!" Zu diesem Zeitpunkt stimmte ich kurz unsere Renntaktik ab, denn
meine Begleitung hatte sich viel vorgenommen. Kein Mann würde sich je in
eine Diskussion unter zwei Männern einmischen, aber bei einem Laufpaar
wird gerne Ablenkung produziert. Ich nahm es mit Achselzucken hin, aber es
wäre schon da besser gewesen zu antworten: "Kümmert Euch bitte
um Euren eigenen Lauf und Eure Zeit."
Wesentlich schlimmer geht es auf der Strecke zu, denn meine Begleitung wurde
gerne in die Zange genommen. Auch wenn es auf den ersten beiden Kilometern
allgemein sehr eng ist, und nahezu unmöglich ein gleichmäßiges
Tempo zu laufen, wird eine Frau noch heftiger behindert. Für die Herren um
sie herum, und das ist meine subjektive Einschätzung, wäre es ein
Leichtes gewesen, Abstand zu halten oder leichtfüßig weiter zu
kommen.
Impertinenz auf der Laufstrecke seitens der Männer steigert sich vor
allem, wenn es ums Überholen geht. Viel zu eng wird an der Frau
vorbeigelaufen. Nie würde ein Mann einen anderen Mann touchieren. Bei
einer Frau gilt es offensichtlich zum guten Ton, die körperliche
Berührung zu suchen. Schlimm wurde es beim City-Nachtlauf nach der 5 km
Wende. Einige der um uns herum laufenden Männer konnten es wohl nicht
ertragen, von einer Frau überholt zu werden. So reihten sich unschöne
Szenen aneinander. Meine Begleitung wurde einmal so derb geschnitten, daß
sie fast gestürzt wäre. Ein lauter, schriller Aufschrei von ihr,
" Mann, jetzt, paß doch auf!", der mich sogar erschrecken
ließ, war die Folge. Dennoch, kaum einer in unserem Umfeld wich von der
Seite. Vielleicht waren die Männer ob der schwülen Atmosphäre
groggy, vielleicht fanden sie den pittoresken Ausblick während des Laufes
anregend. Ich jedenfalls war perplex. Die angepeilte Endzeit konnte wegen der
meiner Meinung nach zu großen Behinderungen zu dem Zeitpunkt bereits
nicht mehr erreicht werden.
Die Wasseraufnahme – eine weitere Hürde, die sich uns stellte.
Leider war ich unvorsichtig und trug mit dazu bei, keine Gasse zum Wasserstand
frei gelaufen zu haben. Aber einmal mehr wurde meine Begleitung abgedrängt
und bekam wegen ihres hohen Tempos keinen Becher in die Hand.
Zwischenzeitlich waren wir in einem 4-Minuten Schnitt angelangt und da
beginnt sich die Läuferschar zu fixieren auf die "unter-40-Minuten
Marke". Es ist verständlich, daß jeder Läufer gerne unter
diesem Zeitlimit bleiben möchte. Nicht akzeptieren kann ich jedoch die
fortgesetzte Behinderung einer Läuferin. Meine Kommentare an die
Begleitung waren: "Der ist am Limit, geh vorbei." Das hätte ich
vielleicht besser bleiben lassen sollen, denn jetzt weckte sich der unfaire
Sportsgeist. Jeder Wettkampfteilnehmer läßt den oder die Bessere
ziehen. Nicht so einige Männer um uns herum. Eingekesselt und
entkräftet mußte die Vereinskameradin auf die letzten zwei Kilometer
warten. Da war die Strecke freier und ein Endspurt noch möglich.
Außerdem half ein weiterer Vereinskamerad beim Freihalten der Strecke
mit.
Damit keine Mißverständnisse aufkommen wird betont, daß es
meine sehr subjektiven Beobachtungen sind. Viele Männer waren sehr
sportlich und rücksichtsvoll. Hier geht es allerdings um die zahlreichen
negativen Begleiterscheinungen, die Läuferinnen gar nicht gefallen. Mag
sein, daß andere Frauen überhaupt keine Behinderungen oder
Belästigungen erfahren haben. Ich appelliere an uns Männer, den
Respekt vor Läuferinnen und ihrer Leistung zu bewahren.
Behindert nicht, mischt Euch nicht ein und genießt ganz einfach Euren
eigenen Lauf.
Haroun Malik
SCC Berlin
Vorsitzender LA