– wie der Berliner zu sagen pflegt. Über 300 Anmeldungen, manche
davon buchstäblich in allerletzter Minute, 219 Finisher im Ziel. Das XRace
rund um die Goldelse, der 1. Inline-Halbmarathon in Berlin hat seine Feuerprobe
bestanden. Mehr noch: In letzter Minute holten die Veranstalter, das SCC
XSpeed-Team, die Speedskater im Sportclub Charlottenburg (SCC), noch den III.
Wertungslauf des Jever-Blade-Challenge 2002 nach Berlin, eine hochkarätige
mit den besten Speedskatern der bekanntesten Teams besetzte Marathon-Serie.
Zwei Rennen, die sich gut ergänzen. Vorneweg fuhren das Gros der sportlich
ambitionierten Speedskater über fünf Runden auf der verkehrsfreien
Straße des 17. Juni bis zur Halbmarathon-Distanz. Unmittelbar
anschließend starteten dann die Eliteteams zum Marathon, bei dem es um
wichtige Wertungspunkte ging.
Das hohe sportliche Niveau der beiden Rennen zeigte sich schon bei den
Anmeldezeiten – Klasse statt Masse. Erwartungsgemäß stellten
beim XRace Halbmarathon die Speedskater aus Berlin und der direkten Umgebung
die größte Gruppe. Das SCC XSpeed-Team mit seinen auffälligen
orange-grün-silbernen Trikots rollten mit knapp 60 Aktiven an den Start.
Auch der PSV-, der TSC- und der SC Berlin waren teils in Mannschaftsstärke
vertreten. Teilnehmer aus Bremen, Celle, Cottbus, Emden, Frankfurt/Oder,
Köln und sogar aus Polen, setzten die Berliner Speedskater ebenso wie die
bekannten Firmenteams von Mogema, Rexton und Salomon kräftig unter Druck.
Auch die hohe Anzahl nicht vereinsgebundener Fahrer, die einige gute Plazierung
im vorderen Drittel verbuchen konnten, zeigt, daß die junge
Speedskater-Szene Breitensport Charakter hat und noch kräftig in Bewegung
ist
Bei strahlendem Wetter am Sonntag morgen rieben sich Jogger,
Spaziergänger und frühe Besucher des Kunstmarktes am 17. Juni
verdutzt die Augen: Marathonfeeling – vier Wochen vor dem großen
Ereignis. Hektischer Betrieb unter der Tiergartenbrücke, unübersehbar
die Jever-Start-und Zielbögen. Davor der Tiergarten, verkehrsfrei,
vorbildlich geräumt, nur schwarzer Asphalt, wie frisch gefegt für die
bunte Truppe von Speedskatern, die sich vor dem Start warm rollten. Über
allem thronte die “Goldelse” auf ihrer Siegessäule.
Beim Startschuß in Anwesenheit des SCC Präsidenten Dr. Klaus Henk
war es mit der Beschaulichkeit vorbei. Im Stakkatoschritt stürmten die
Skater los und schon nach wenigen Meter formten sich die ersten Gruppen.
Windschatten fahren war bei teils merklichem Gegenwind angesagt. Die Strecke
hatte nicht nur an den Wenden ihre Tücken. Die ausgefahrenen Spurrillen
der drei Fahrbahnen forderten die Aufmerksamkeit der Fahrer. Glatter schneller
Asphalt bis zur Goldelse, dann das lange etwas rauhere Stück durch den
Tiergarten bis zur Wende, kurz vor der Entlastungsstraße. Die wenigen
Gefahrenstellen wie Gullydeckel, Löcher und Risse in der Fahrbahn waren,
so das Lob vieler, vorbildlich markiert.
Von Anfang an war das Tempo hoch. An der Siegessäule kam es wie
erwartet zu spannenden Positionskämpfen, bei denen sich die langen Gruppen
immer wieder neu sortierten. Wie beim Radsport entscheidet beim Inline-Rennen
die Teamarbeit ganz wesentlich das Ergebnis. Die kräftigen Lokomotiven
ziehen das Feld. Im Windschatten lauern die Sprinter, die Ausreißversuche
abblocken oder mitsprinten bis die Feldfahrer die Teams wieder
herangeführt haben. Geschickte Taktiker nutzen den Windschatten bis zum
Schluß, um dann im Zielsprint das Rennen für sich zu entscheiden.
Spannende Szenen auch bei der mit Strohballen und Matten vorbildlich
abgesicherten Wende am Bahnhof Tiergarten. Bei der ersten Runde drosselten die
Teams noch das Tempo, aber schnell war klar, daß gute Kurventechniker
hier entscheidende Meter herausfahren können.
Das Berliner Langstreckenass Thomas Langer (SCC/ Team Rexton) setzte sich
früh von der Spitzengruppe ab und dominierte das XRace mit deutlichem
Vorsprung. Die Siegerzeit von Thomas Langer mit 36:46 Minuten (ca. 35 km/h im
Schnitt) bestätigt die Erwartungen. Der Rundkurs auf der Straße des
17. Juni ist schnell und für Jahresbestzeiten noch ausbaufähig.
Die Spitzengruppe, rund einem Dutzend Fahrer, folgte mit 11 Sekunden
Rückstand. Joachim Faßbender vom SCC XSpeed Top-Ten-Team erwies sich
in einem starken Zielspurt als der bessere Sprinter und landete im
Zielkameraentscheid auf Platz zwei vor Piotr Siebert vom S.S.W Malta Pozna. Das
Berliner Jungtalent Victor Wilking ( SCC/Saab Salomon Devo Team) rollte mit
36:58 Minuten souverän auf Platz 1 in der Juniorenklasse B, setzte aber
mit dem Gesamtplatz 5 auch die Aktivenklasse mächtig unter Druck.
Schnellst Frau im XRace war Yvonne Hommel (Speed Team Bremen) mit 37:01
Minuten. Den wiederum knappen Vorsprung auf dem zweiten Platz fuhr Julia Wies
(SC Berlin) in 39:19 Minuten vor Susanne Lösche (39:20 min, Speed Team
Elbe) heraus. Auch bei den Damen ist der Abstand zum Speed-Nachwuchs nicht mehr
sehr groß. Franziska Ittner (Junioren A) und Patricia Roll (Jugendklasse,
beide SCC XSpeed-Team) erzielten neben den Klassensiegen auch ihre
persönliche Halbmarathon Jahresbestleistungen in 44:59 Minuten.
Zum Feiern blieb vorerst keine Zeit, denn gleich im Anschluß an das
XRace startete der Marathon der Eliteteams, der III. Wertungslauf zum
deutschlandweiten Jever-Blade-Challenge (JBC). Am Start die bekannten
Firmenteams von Fila, Powerslide, Rexton Rollerblade, Saab-Salomon, Zepto und
das SCC XSpeed-Top-Ten-Team. Teammitglieder dieses nicht firmengebundenen Teams
sind die leistungsstärksten XSpeed-Team-Fahrer/Innen. Einige Teilnehmer
hatten kaum Zeit die Startnummer und den Zeitnehmerchip vom XRace gegen die
Startnummer des JBC-Marathons auszutauschen. Die für so einen Doppelstart
notwendige Ausdauerkondition ist bei vielen dieser Ausnahmeathleten nicht
ungewöhnlich. Das zeigen Langstreckenrennen wie der 84km Doppelmarathon in
Prezelle, das 111km Rennen Oneleven in der Schweiz oder der 100 km Kurs
“Rund Bornholm”. Von gemütlich aber keine Spur. Bei den
Antritten werden Spitzengeschwindigkeiten von 50km/h und mehr erreicht. Die
Fahrer des Führungsfahrzeuges, ein Smart gesponsert vom
Smart-Center-Berlin, hatten vorsichtshalber schon am Vortag die rasanten Wenden
und die schnellen Antritte eingeübt, um nicht von den Speedskatern
überholt zu werden.
Nach dem Start ließen es die Profis noch ruhig angehen. Nur Aufpassen,
daß keiner vorprescht lautete die Devise. Diverse Ausreisversuche waren
nicht von Erfolg gekrönt. Das Feld schloß schnell wieder auf.
Andreas Andruleit verpatze durch einen Sturz die Chance auf einen Sieg. Die
Spitzengruppe dünnte sich Runde um Runde auf wenige Fahrer aus. Bei den
Damen bot sich ein ähnliches Bild. Vorneweg der Salomon-Express , dahinter
das kleine aber ebenfalls hochkarätig besetzte Feld.
Das Renngeschehen kommentierte Benno Zschätzsch, Vater und Trainer der
derzeit bekanntesten und erfolgreichsten deutschen Speedskater Benjamin und
Christoph Zschätzsch (Team Fila). Für die Zuschauer boten sich
über eine Stunde Speedskaten vom feinsten, hautnah in zehn Runden. Fast
jeder Antritt, die Positionskämpfe, die ausgefeilte Fahrtechnik und die
Gruppenarbeit der Spitzenfahrer konnte mühelos verfolgt werden; und die
Nervosität die sich mit jeder Runde steigerte.
Beim Signalpfiff zur letzten Runde waren die Nerven zum Zerreißen
gespannt. Wer wagt sich zuerst aus dem Windschatten, um seine Position für
den Schlußsprint zu verbessern, wer startet als erster durch und wer
blockt das Feld, um seinen Teamkameraden sicher ins Ziel zu bringen. Zum
Schluß ging wieder alles blitzschnell. Wenige 100 Meter vor den
Zeitnehmermatten zerstob die Gruppe. Innerhalb von fünf Sekunden schossen
14 Fahrer durchs Ziel. Platz eins: Christoph Zschätzsch in 1:12:22
Stunden, Platz 2 ging an Benjamin Zschätzsch, knapp vor Baptist
Grandgirard. Ein satter Dreifachsieg für das Team Fila.
Bei den Frauen zog ein Vierertrupp ruhig und präzise wir ein
Expreßzug seine Runden und fuhr die Poleposition auch unangefochten ins
Ziel. Platz eins: Friederike Gehring in 1:21:56 Stunden (Saab-Salomon), knapp
vor ihrer Teamkolleginnen Sabine Clas, Stephanie Pipke und Anne Kroetenheerdt
(SCC-XSpeed/ Verducci). Ein besonderer Fall von Frauenpower beobachtenden die
Zuschauer mit einem Schmunzeln. Ein sichtlich entspannter XSpeedler ließ
sich im Windschatten der zweiten Frauengruppe über die Runden ziehen. Das
Rennreglement verbietet, daß die weiblichen Fahrer sich von den
Männern ziehen lassen, schweigt sich aber für den umgekehrten Fall
bislang noch aus. Und Bonuspunkte gibt es für den Mitfahrer auf dem
Rücksitz leider auch nicht.
SCC-Clubpräsident Dr. Klaus Henk zog bei der anschließenden
XRace-Siegerehrung ein außerordentlich positives Fazit einer gelungenen
Auftaktveranstaltung auf hohem sportlichen und organisatorischem Niveau. Die
guten Vorsätze und Wünsche für das XRace 2003: Ein noch
größeres Teilnehmerfeld, der Kurs kann es vertragen. Bei der
Streckenführung wird den Wenden und dem Zielbereich im nächsten Jahr
größte Aufmerksamkeit gelten. Eine größere Beachtung der
hohen sportlichen Leistungen der Speedskater in den Medien wünschen sich
alle Akteure – und natürlich deutlich mehr Zuschauer, die das
spannende Renngeschehen verfolgen und die Speedpiloten zu Höchstleistungen
anfeuern. Und noch einige Helfer mehr - damit die Organisation nicht nur auf
den Schultern von ein paar wenigen ruht. Der Berliner würde sagen –
besser jeloofen als jedacht, wa?
Peter Gurr c2002 SCC-XSpeed-Team